Der Bundesrat erwägt, das Kreditverbot der Postfinance aufzuheben. Stand heute scheinen die Chancen gering, dass das Verbot fällt. Ausser Postfinance will das anscheinend niemand.
Für Postfinance-Chef Hansruedi «Housi» Köng naht die Stunde der Entscheidung. Seine Bank stellt mit der neuen Strategie «Speed Up», die den Kurs in Richtung «Digital Powerhouse» abgelöst hat, die Weichen und will mit voller Kraft voraus.
Wie finews.ch damals aber berichtete, weiss Köng selber, dass die Postfinance durch diese neue Strategie nicht profitabler wird, nur «eigenwirtschaftlich» und «wettbewerbsfähig» soll sie bis 2024 sein.
«Kreditverbot vernichtet Volksvermögen»
Einer der Schlüssel, um der Posttochter das Tor zur Rentabilität zu öffnen, ist die Kreditvergabe, für die Köng seit seinem Antritt fleissig weibelt.
Im letzten Jahr appellierte er im Geschäftsbericht der Bank nach eigener Aussage «an die unternehmerische Verantwortung», die das Parlament im Zusammenhang mit Postfinance habe: «Wir sprechen hier von einer systemrelevanten Bank, die jedem einzelnen Bürger und jeder einzelnen Bürgerin dieses Landes gehört. Das Kreditverbot vernichtet Schritt für Schritt dieses Volksvermögen und sollte deshalb rasch aufgehoben werden.»
Vorlage von erheblicher Tragweite
Am (heutigen) Freitag läuft die Vernehmlassungsfrist ab, die das Eidgenössische Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation den interessierten oder betroffenen Seiten im Auftrag des Bundesrats gesetzt hat. Als Vernehmlassung wird vom Bund die Phase im Prozess der Gesetzgebung bezeichnet, «in der Vorhaben des Bundes von erheblicher politischer, finanzieller, wirtschaftlicher, ökologischer, sozialer oder kultureller Tragweite auf ihre sachliche Richtigkeit, Vollzugstauglichkeit und Akzeptanz hin geprüft werden.»
Sie wurden gefragt, sie haben geantwortet. So zum Beispiel die Koordination Inlandbanken, in der sich die Migros Bank, die Genossenschaft Raiffeisen Schweiz, der Verband Schweizerischer Kantonalbanken (VSKB) und der Verband Schweizer Regionalbanken zusammengeschlossen haben.
«Erhebliche negative Dynamik»
Und dieser Verband findet, die Aufhebung des Kredit- und Hypothekarvergabeverbots für die PostFinance sei eine illegitime Scheinlösung, die viele neue Probleme schaffe: «Der Markteintritt eines neuen Grossanbieters kann im derzeit stabilen und weitgehend gesättigten Markt eine erhebliche negative Dynamik auslösen.»
Die Inlandbanken erachten es als widersprüchliches Handeln der Behörden, Postfinance den Eintritt in diesen Markt zu gewähren, während die Eidgenössische Finanzmarktaufsicht (Finma) wie auch die Schweizerische Nationalbank (SNB) wiederholt vor einer Überhitzung des Hypothekarmarkts warnen und in regelmässigem Abstand eine Verschärfung der Regulierungen vornehmen.
Rollenteilung zwischen Bund und Kantonen
Ausserdem benötige der Bund eine verfassungsrechtliche Grundlage für den Eintritt der Postfinance in den Kredit- und Hypothekarmarkt, welche nicht vorhanden sei.
In diese Kerbe schlägt auch der Kantonalbanken-Verband VSKB, der sich zusätzlich in einer eigenen Stellungnahme gemeldet hat: «Der Bund verfügt nicht über die Verfassungskompetenz, um eine Bank mit Kredit- und Hypothekargeschäft zu betreiben.» Demgegenüber verfügten die Kantone über die rechtliche Kompetenz zum Betrieb eigener Banken, und diese Rollenteilung zwischen Bund und Kantonen sei sinnvoll, vom Gesetzgeber explizit gewollt und habe sich bewährt.
Bürgerliche wollen privatisieren,...
Weitere Stellungnahme der Verbände stehen noch aus, wie auch jene der politischen Parteien. Die dürfte aber kaum positiver ausfallen: Die «Sonntagszeitung» hatte sich im August in der Wandelhalle umgehört und verschiedene Wirtschaftspolitiker und deren Vorstellungen von der Postfinance angehört.
Die SVP und die Grünliberalen lehnen eine Teilprivatisierung ab: Erstere fordert eine klarere Entscheidung zwischen staatlicher und einer privater Ausrichtung der Bank, letztere sogar die Vollprivatisierung. Auch die FDP ist dagegen, dass ein neuer staatlicher Konkurrent in den Bankenmarkt eintreten soll.
... Linke die Energiewende
Die SP will naturgemäss gar keine Privatisierung, weder vollständig noch teilweise. Sie fordert stattdessen, dass die Postfinance einen neuen Leistungsauftrag erhält und zur «Klimabank» wird, die mit Krediten in die Energiewende investieren soll. So wie die Grünen, die sich auch gegen eine Privatisierung aussprechen
Ob sich das Parlament noch umstimmen lässt, weiss man noch nicht. Mit dieser Ausgangslage und all den Absagen aus den Parteien und Verbänden stehen die Chancen aber ziemlich schlecht, dass Housi Köngs Postfinance in absehbarer Zeit Kredite vergeben darf.