Die Coronakrise stellt mit ihren Auswirkungen auf die Wirtschaft ein Novum dar. Das zeigt sich auch anhand einer finews.ch-Analyse der Aktienkurse von Schweizer Banken und Versicherern. Nur eine Aktie hat dem Sturm Paroli geboten.
Es ist in dieser Krise, die sich als veritable Wirtschaftskrise erst noch manifestieren wird, vieles anders. So führen Krisen oftmals dazu, dass sich an der Börse die Spreu vom Weizen trennt. Doch heuer hat sich dies noch nicht abgezeichnet.
Sprich: Alle Aktien rauschten mit der Ausbreitung der Corona-Pandemie in den Keller, alle Aktien wurden durch die flugs einsetzende Markterholung im April wieder nach oben gespült. Wobei die Erholungsphase bereits wieder vorbei ist, nachdem die Bewertungen angesichts der unklaren und düsteren Prognosen als zu hoch erschienen.
Nur eine Aktie liegt seit März leicht im Plus
Die Analyse von finews.ch der Kursentwicklung der Aktien von Schweizer Banken und Versicherern zeigt, dass ausnahmslos alle Finanzwerte die Erholung mitgemacht haben, wenn auch in unterschiedlichem Ausmass.
Und nur eine Aktie sieht in den Corona-Turbulenzen gut aus: Die der Banque Cantonale de Vaudoise (BCV). Sie liegt mit einer Jahresperformance von 8,5 Prozent sogar sehr gut im Rennen. Auch die EFG International hat die Tal- und Bergfahrt im März und April mit einem dünnen Plus abgeschlossen. Doch die Tabelle zeigt auch andere Nuancen auf.
(Rot zeigt die Performanceverluste an)
1. Versicherer dienen nicht mehr als Defensive
Das Bild, das die vielfach als solide Defensiv- und Dividendentitel gepriesenen Versicherungsaktien abgeben, bietet Anlass zur Sorge – vor allem im Hinblick auf das, was die Corona-Wirtschaftskrise noch an Unbekanntem bereit hält. Verluste von über 50 Prozent mussten die Titel wie Helvetia oder Swiss Re zeitweise hinnehmen. Und auch nach der Erholung sind die Notierungen tief rot.
Die Gründe dafür liegen einerseits im Exposure der Branche auf dem Bondmarkt, an der Länderdiversifikation wie bei Helvetia, aber auch an den Schadenrisiken wie bei der Swiss Re. Die Zurich meldete (heute) Donnerstag erste Schadenschätzungen von 750 Millionen Dollar. Die Versicherungsgruppe Lloyds versuchte sich an einer globalen Verlustschätzung für die Branche: 203 Milliarden Dollar inklusive der Anlageverluste.
Um nun unter den Versicherungsaktien nach Bewertungsperlen zu suchen, ist es bestimmt noch zu früh.
2. Die Credit Suisse leidet unter der Risikowahrnehmung
Die Diskrepanz zwischen der Kursentwicklung der UBS und der Credit Suisse (CS) ist eines der augenfälligsten Ergebnisse der Analyse. Die CS-Aktie hat im laufenden Jahr fast doppelt soviel an Wert verloren wie die UBS. Das überrascht, denn von aussen betrachtet haben die beiden grössten Schweizer Banken sehr ähnliche Geschäftsmodelle.
Doch ist die Risikowahrnehmung gegenüber der UBS wegen ihres höheren Ergebnisbeitrags aus der Vermögensverwaltung eine andere. Bei der CS drückte das Exposure im Öl- und Energiesektor zusätzlich auf die Aktie. Investoren ist zudem klar geworden, dass die CS ihre im Dezember 2019 vorgestellten Ziele mit den Aussagen über eine unsichere Entwicklung wohl selber kassiert hat.
Wer derzeit in Grossbanken-Aktien investiert, tut dies aus einer Contrarian-Sicht. Die Prognosen für die Geschäftsentwicklung sind überwiegend schlecht.
3. Der Inland-Banken-Bonus hat Bestand
Der Börsencrash ging an den Kantonal- und Inlandbanken keineswegs vorbei, doch mit deutlich geringerem Flurschaden als bei den zwei Grossbanken. Das Notkredit-Programm des Bundes mag die nach wie vor bestehenden Ausfallrisiken im Kreditgeschäft etwas in den Hintergrund drängen. Staatsgarantie und eine grundsätzlich solide Eigenkapitalausstattung der Inlandbanken dämpfen zudem Sorgen von Investoren über mögliche Auswirkungen der Krise im Schweizer Immobilienmarkt.
Die positive Ausnahme auch unter den Kantonalbanken ist dabei die Banque Cantonale Vaudoise (BCV). Mit einer Year-to-Date-Performance von 8,5 Prozent scheint die BCV ungeachtet der Coronakrise ausserordentlich gut ins Jahr gestartet zu sein. Von zwischenzeitlichen Verlusten war die BCV-Aktie zwar auch nicht in den ärgsten Turbulenzen verschont geblieben – doch hat sie ihre Verluste mehr als wettgemacht.
Aktien von Kantonal- und Inlandbanken zünden kaum einmal den Turbo – und das wird so bleiben. Als stützende und defensive Portfoliobeimischung sind sie auch jetzt eine Option.
4. Vermögensverwaltung: Aktives Asset Management derzeit nicht von Vorteil
Die Aktien der Privatbanken und Vermögensverwalter haben sich im laufenden Jahr und in der Coronakrise sehr unterschiedlich entwickelt – und auch das hat eine Reihe von verschiedenen Gründen.
Vontobel sticht dabei als die Aktie heraus, die die Coronakrise bislang am schlechtesten verdaut hat. Der Grund dürfte wohl im starken Fokus auf dem Asset Management liegen: Dort sind institutionelle Kunden nicht bekannt dafür, dass sie Krisen aussitzen, sondern dass sie ihre Geldströme rasch in sicherer geglaubte Häfen umlenken.
Die stark gestiegenen Volumina in ETF-Investments belegen dies teilweise. Ob das starke Standbein Vontobels im Fixed-Income-Bereich sich nun als Krux erweist, muss sich anhand von publizierten Daten erst noch zeigen.
Auch Julius Bär hat in der Krise einiges an Federn liegen gelassen. Wie stark die Asset-Basis geschrumpft ist, legt die Privatbank in einem Interimsreport kommende Woche dar. Weil die Volatilität an den Märkten für geraume Zeit hoch bleibt, schwankt auch die Ertragsbasis der Vermögensverwaltungsbanken stark. Ein Investment jetzt zu tätigen, bedingt einen längeren Zeithorizont.
5. EFG International: Turnaround-Story zieht noch
Wie eingangs erwähnt, hat die Aktie der EFG-Privatbank die schlimmsten Turbulenzen der Coronakrise seit Anfang März am besten von allen Schweizer Finanztiteln überstanden: mit einem knappen Plus von 0,7 Prozent. Seit Jahresbeginn liegt sie jedoch auch im Minus. Dieses spiegelt die geschrumpfte Vermögensbasis und die damit tieferen Gebühreneinnahmen wider. Dennoch: EFG International darf sich unter den Schweizer Bankaktien mit internationalem Geschäft als Nutzniesserin sehen.
Ein Grund dafür dürfte wohl sein, dass die Privatbank ohnehin ein Kostensparprogramm am Laufen und ihren Fokus ganz auf die Steigerung der operativen Effizienz gelegt hat. Zudem blieben die Kreditverluste in den turbulenten Wochen des Börsencrashes gering, was Anlegernerven beruhigt hat.
Mit dem Kauf einer EFG-Aktie spekuliert man auf die erfolgreiche Umsetzung eines Sparplans. Im gegenwärtigen Umfeld ist dieser noch notwendiger geworden.