Dies alles trotz des laufenden Programms Atlas, das eine weitreichende Überprüfung der Kundenbasis der Bank vorsieht. Ein Programm auch, dass zu einer harten Aussortierung von Kunden geführt hat, die die Bank möglicherweise einem hohen regulatorischen und strafrechtlichen Risiko ausgesetzt hätten.
Obschon die Präsenz in bestimmten Märkten schrumpfen dürfte, wird sich Julius Bär nach Abschluss des Atlas-Programms von der Konkurrenz differenzieren können, die immer noch mit sogenannten Legacy-Problemen zu kämpfen hat, also mit der eigenen Vergangenheitsbewältigung. Oder wie es ein Banker formuliert: «Wenigstens wissen wir nun, dass es in unserem Keller keine Leichen mehr hat».
Starke Onshore-Verbindungen
Das mag sich durchaus als ein hoher Anspruch erweisen, aber zumindest wird sich die Spitze der Bank vorerst in ihrem Fokus auf das Wachstum und nicht auf Schadensbegrenzung konzentrieren können.
Man kann sich vorstellen, wie manche Top-Leute von Julius Bär Collardis Leitlinien verärgert weggeworfen haben, als dieser die Bank verliess. Doch gleichzeitig werden sie sich nun bewusst, dass der bisherige akquisitorische Ansatz zu Gunsten einer nuancierten Expansionsstrategie gewichen ist: starke Onshore-Kooperationen, die das Engagement der Bank verstärken und in ausgewählten Märkten ein riesiges Entwicklungspotenzial haben.
Architekt in Asien
Der Architekt hinter einigen dieser Partnerschaften – zum Beispiel in Japan und Thailand – ist Jimmy Lee, Chef des Asiengeschäfts. Sein persönliches Erfolgsgeheimnis ist möglicherweise seine Zurückhaltung gegenüber hohen finanziellen und organisatorischen Belastungen, die in der Regel bei jeder Übernahme und deren spätere Integration hervorgerufen werden.
Darum expandiert Lee in Regionen, wo sich die Erträge leicht steigern lassen, ohne die parallel dazu laufenden Sparmassnahmen der Bank zu beeinträchtigen. Die Expansion in Asien und Grossbritannien zusammen mit der Geschäftsaufgabe in Amsterdam und Panama hat zur Stärkung des Gesamtgeschäfts beigetragen.
Klügster Mann im Raum
Selbst wenn sie einen Teil der Chuzpe verloren hat, für die sie zuvor regelmässig Schlagzeilen lieferte, so ist die Bank Julius Bär heute keineswegs uninteressant. Im Gegenteil, die Strategie des Hauses ist sogar umsichtiger geworden. Und wenn man Rickenbachers Ruf als klügster Mann im Raum Glauben schenkt, dann wird die Bank nur noch mehr Beachtung finden.
Gut möglich, dass dereinst sogar die Aktionäre den Wandel des Anspruchs von der grössten zur Best-in-Class-Bank loben.
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