Zum ersten Geburstag des Blockchain-Hubs Trust Square an der Zürcher Bahnhofstrasse fand sich erstaunlich viel Prominenz ein. Warum erwärmt sich die Wirtschafts- und Politelite dermassen für ein so obskures Thema?
«Wenn der Trust Square schon zu seinem ersten Geburtstag solche Gratulanten hat – wie wird das Fest dann in fünf Jahren aussehen?» Mit dieser Aussage brachte es Pascal Kaufmann, der Gründer der Mindfire Stiftung zur Erforschung Künstlicher Intelligenz, am (gestrigen) Mittwochabend auf den Punkt: Das Line-up zur Feier des einjährigen Bestehens des Blockchain-Hubs an der Zücher Bahnhofstrasse war, gelinde gesagt, erstaunlich.
So wechselten sich am Rednerpult Bundespräsident Ueli Maurer, Nationalbank-Präsident Thomas Jordan und Swiss-Re-Präsident Walter Kielholz ab. Ebenfalls referierten die Vorsteherin der Volkswirtschaftsdirektion des Kantons Zürich, Carmen Walker Späh, sowie Heinz Tännler, der Finanzdirektor des Kantons Zug.
Trotz eiskalter Temperaturen
Sie alle waren dem Ruf von Daniel Gasteiger (Bild unten) gefolgt, dem einstigen Stabschef von UBS-Präsident Axel Weber. Gasteiger hat den Trust Square im Früjahr 2018 mitgegründet und nach eigenen Angaben zur grössten Startup-Schmiede für Blockchain-Technologien in der Welt aufgebaut. Der nächste Ausbauschritt ist bereits gelant, wie finews.ch berichtete.
Und mit Blick auf die Feier hallt die Frage nach: Warum kann sich die oberste Wirtschafts- und Politelite des Landes für eine solch obskure und noch wenig erprobte Technologie wie die Blockchain erwärmen – und das bei eiskalten Temperaturen auf der Dachterrasse der Bahnhofstrasse 3?
Ueli Maurer will den Zug nicht verpassen
Für Bundespräsident Maurer war es an jenem Abend vor allem die Absicht, «den Zug nicht zu verpassen». Die Schweiz, ermahnte der zum hiesigen «Mr. Fintech» avancierte Finanzminister, sei zwar technisch gut aufgestellt. Anderswo komme aber die Entwicklung schneller voran.
Der oberste Währungshüter Jordan (Bild unten) wiederum pochte zwar auf die «neutrale» Haltung gegenüber der Blockchain. Bekanntermassen will die Schweizerische Nationalbank (SNB) weiterhin nichts von digitalen Währungen wissen. Dennoch sei es die Pflicht der SNB, die technologische Entwicklung genau zu verfolgen und jene Lösungen zu unterstützen, die ökonomisch wichtig für die Volkswirtschaft werden könnten, so Jordan.
Ermahnung an die jungen Wilden
Als direkter Nachbar des Hubs an der Bahnhostrasse konnte sich der Nationalbanker auch eine kleine Ermahnung an die jungen Wilden von vis-à-vis nicht verkneifen. Wenn die Trust-Square-Macher wieder Lichtspiele auf das SNB-Gebäude nebenan proijezieren möchten, sollten sie doch diesmal bitte das Symbol einer «stablecoin» verwenden.
Mehr das Ökonomische interessiert auch die Swiss Re an der Blockchain, wie deren Präsident Kielholz (Bild unten) ausführte. Die Rückversichererin ist mit dem Gemeinschaftsprojekt B3i die grösste Untermieterin am Hub; nun erhofft sich der Konzern von der Blockchain, teure Mittlergebühren auszuschalten und so die Prämien gerade in den unterversicherten Schwellenländern erschwinglicher zu machen.
Dabei verwies der ehemalige Credit-Suisse-Präsident allerdings darauf, dass bei der Blockchain vieles noch Zukunftsmusik ist. In den 20 Milliarden Franken, welche Schweizer Blockchain-Startups an Bewertung zusammenbrächten, sei noch sehr viel Goodwill enthalten, so Kielholz.
Women in Blockchain
Viel Goodwill bringt, wie sich am gestrigen Abend zeigte, auch die Politik und Wirtschaft der möglicherweise bahnbrechenden Technologie entgegen. Mit wenigen Ausnahmen zahlt sich die Blockchain in der Schweiz noch nicht in Franken und Rappen aus. Anderseits hat sie sich – von einigen Pleiten im Kryptobereich abgesehen – auch nicht als «böse» entpuppt.
Derweil lassen sich auf diesem weitgehend weissen Blatt die ehrgeizigsten Szenarien zeichnen. Vom Banking bis hin zur Demokratieförderung könnte die Blockchain für alles Mögliche gut sein.
Dieses Potenzial scheint auch der Zürcher Freisinn erkannt zu haben, der mit Walker Späh, Kielholz und der Schweizer Nationalrätin und FDP-Frauen-Präsidentin Doris Fiala an den Festlichkeiten prominent vertreten war. So hat Fiala letztes Jahr zusammen mit Trust-Square-Exponenten die Gruppe «women in blockchain» ins Leben gerufen.