Die in ihren Anfängen schweizerische SAM Group heisst heute RobecoSAM und gehört Japanern. Es hätte auch anders kommen können: Ein Beinah-US-Präsident wollte SAM kaufen.
Die ursprünglich schweizerische SAM Group hat sich im Verlauf ihres mehr als 20-jährigen Bestehens beharrlich einen Namen als globale Spezialistin für nachhaltige Anlagen gemacht. Die dabei ins Leben gerufenen «Dow Jones Sustainability Indizes» entwickelten sich zu einem Branchenstandard und dienen schon seit längerem als Referenzwerte für nachhaltige Investments.
Zudem: Die Firma ist auf dem Schweizer Finanzplatz nie mit Nebengeräuschen aufgefallen. Dabei ist ihre Geschichte wechselvoll und weist auch einige Brüche auf.
Zwischentitel
Der grösste kam 2012, als sich die Rabobank als langjährige SAM-Besitzerin entschloss, ihre Asset-Management-Töchter SAM und Robeco zu verkaufen. So ging 2013 dieses Geschäft mit mehr als 200 Milliarden Euro an verwalteten Vermögen an die japanische Orix Corporation über. Seither heisst heisst das Unternehmen RobecoSAM.
Einen Bruch gab es schon 2009, als der SAM-Gründer Reto Ringger die Gruppe verliess, um ein anderes Finanzinstitut, die Globalance Bank, aufzubauen. Er hatte SAM 1995 gegründet, als das Geschäftskonzept mit nachhaltigen Anlagen noch kaum bekannt war.
Al Gore wollte einsteigen
Bereits 2006 hatte Ringger die Mehrheit seiner SAM-Aktien an die Rabobank-Tochter Robeco verkauft. Ein logischer Schritt damals, um das internationale Wachstum von SAM weiter vorantreiben zu können.
Wie nun bekannt wird, hätte SAM auch in ganz andere Hände fallen können. Nämlich in jene von Al Gore (Bild). Das US-Magazin «The Atlantic» greift in seiner jüngsten Ausgabe die Episode in einem Porträt über den früheren Vize-Präsidenten der Vereinigten Staaten auf.
Als Geschäftsmann sehr erfolgreich
Al Gore stieg nach seinem Scheitern in den Präsidentschaftswahlen von 2000 ins Finanzgeschäft ein und entwarf später den Plan, die SAM Group zu kaufen. In seiner zweiten Karriere als Geschäftsmann und Mitbesitzer einer Asset-Management-Firma machte Gore ein Vermögen.
Generation, wie diese Asset-Management-Firma heisst, ist auf langfristige und nachhaltige Anlagen spezialisiert – wie RobecoSAM. Und wenn es nach den ursprünglichen Plänen von Gore gegangen wäre, wäre die SAM Group nie beim niederländischen Asset Manager gelandet, sondern bei ihm.
Vor dem Nichts
Gore stand nach der bitteren Niederlage gegen George W. Bush vor dem Nichts: Er hatte sein ganzes Berufsleben auf dem Capitol Hill in Washington zugebracht. Im Jahr 1977 war er als Abgeordneter des US-Bundestaates Tennessee in die Hauptstadt gekommen, 1984 wurde er Senator und bewarb sich 1988 ein erstes Mal als demokratischer Kandidat für das Präsidentenamt.
Bill Clinton machte ihn in seiner Wahlkampagne zum «running mate». Bis zum 20. Januar 2001 war Gore Vizepräsident, dann musste der das Weisse Haus verlassen. «Ich wusste wirklich nicht, was ich in meinem Leben noch anfangen sollte», sagt Gore im «The Atlantic». «Ich hatte ja einen Plan – aber der änderte sich.»
Apple-Verwaltungsrat, Google-Berater
Dass Gore sich anschliessend dem Umweltschutz zuwandte, 2007 gewann er für sein Engagement sogar den Friedens-Nobelpreis, ist nur die eine Wahrheit. Die andere ist, dass der Harvard-Absolvent sehr geschickt unternehmerische Fäden spann – auch ins Silicon Valley.
Gore wurde Apple-Verwaltungsrat und Berater von Google. Im Jahr 2005 lancierte er den Sender Current TV und verkaufte ihn 2013 für mehrere hundert Millionen Dollar an Al Jazeera.
Einfluss dank Kapital
Aber Gores Leidenschaft ist der Kapitalismus. Ein Kapitalismus in einer neuen Version, in dem unternehmerische und finanzielle Anreize so gesetzt sind, dass die Wirtschaft der Umwelt nicht schadet, sondern ökologisch und sozial nachhaltig ist und einen langfristigen Nutzen bringt. Gore war aber auch klar: «Im Kapitalismus haben jene Menschen den grössten Einfluss, die über das Kapital verfügen.»
Also musste sich Gore, der im politischen Leben kein Vermögen gemacht hat, Kapital beschaffen. Die Chance gab ihm Metropolitan West, ein in Kalifornien ansässiger Asset Manager, für den er zu einem Spitzensalär tätig wurde. Bereits zwei Jahre später, 2003, hatte Gore genug verdient, um seinen eigenen Plan eines nachhaltigen Kapitalismus' weiterzuverfolgen.
Fest entschlossen, SAM zu kaufen
Er warf ein Auge auf die Zürcher SAM Group, die damals den Anspruch von nachhaltigen Investments und nachhaltiger Rendite am besten verwirklichte. Gore warf sogar mehr als ein Auge auf SAM.
Wie es heisst, war er fest entschlossen, bei SAM einzusteigen. SAM-Gründer Ringger erinnert sich, Gore sei «eine beeindruckende Persönlichkeit. Das war eine spannende Phase und über die Begegnungen und Gespräche mit ihm liesse sich ein Buch schreiben.»
Doch dann lernte Gore David Blood kennen, der damals das Asset Management von Goldman Sachs leitete und aussteigen wollte. Gore und Blood wälzten weiterhin den Plan, SAM zu kaufen, entschieden sich dann aber anders – für den «langen und langsamen Ansatz», wie Gore es ausdrückt.
Im Jahr 2004 gründeten sie ihre eigene Asset-Management-Firma Generation mit fünf weiteren Partnern. Und SAM ging zwei Jahre später an Robeco. Das hätte aber auch ganz anders kommen können.