Der Fall der Firma Windreich erhält eine neue Wendung. Eine deutsche Anwaltskanzlei ruft nun zur Sammelklage gegen die Bank Sarasin auf.
Diese Woche hielt der Anwalt von Windreich-Gründer Willi Balz der Staatsanwaltschaft einen Irrtum vor. Das stachelte wiederum einen aufmerksamen Beobachter zu einem detailreichen Beitrag auf «Baadermarkets.de» an, einem Diskussionsforum für Anleihen-Investoren.
Der Anonymus führte dort unter dem Pseudonym Pittakos die Beweiskette nach, dass die Bilanz der Wolfschlugener Vorzeigefirma Windreich höchstwahrscheinlich doch aufgebläht war. Erwähnung findet dort erneut auch die Bank Sarasin:
Wie Luft in eine Bilanz geblasen wird
«Im Jahresbericht 2010 wird darauf hingewiesen, dass die Kaufpreisvereinbarung per Ende 2010 noch nicht beglichen wurde. Im dem am 29.09.2012 veröffentlichten Jahresbericht 2011 steigt der Saldo der nicht beglichenen Kaufpreisforderung gegenüber der Financial Consulting GmbH weiter auf EUR 32,025 Mio.an. Diese Tatsache und dass die Windreich AG gegenüber der Sarasin Bank für ein von der Bank an die Financial Consulting gewährtes Darlehen eine selbstschuldnerische Bürgschaft abgegeben hat, lässt darauf schliessen, dass die Financial Consulting in der Praxis nie in der Lage war, diese Kaufverpflichtung wirklich erfüllen zu können.»
Im Umkehrschluss lässt sich folgern, der Bank Sarasin hätte zum Zeitpunkt der Kreditvergabe an die Windreich-Tochter Financial Consulting klar sein müssen, dass die Umsätze von Windreich künstlich aufgebläht waren. Trotzdem warb die Bank 2011 bei ihren Kunden für Windreich-Anleihen.
Sarasin sicherte sich zusätzlich ab
Die Bank Sarasin selber verlangte offenbar zusätzliche Sicherheiten und liess sich den Kredit von einer Drittpartei garantieren («selbstschuldnerische Bürgschaft») – von Windreich oder Willi Balz persönlich, ein Oldtimer mit Anhänger fand in einem Ratingbericht Erwähnung, wie finews.ch berichtete. Nach gleichem Muster ging die Bank vor, als sie Anfang März die Zahlungsunfähigkeit der Gruppe Windreich mit einem Zusatzkredit verhinderte, wie finews.ch berichtete.
Allein schon die Tatsache, dass die Bank Sarasin es unterliess, ihre Kunden auf ihren Interessenskonflikt hinzuweisen, deutete der Münchner Anlegeranwalt Klaus Rotter diese Woche gegenüber dem «Handelsblatt» als «Pflichtverletzung»:
Der Vorwurf des Anlegeranwalts
«Sarasin hätte die Kunden explizit darauf hinweisen müssen, dass die Bank selbst Windreich einen substanziellen Geldbetrag geliehen hat. Allgemeine Hinweise auf mögliche Interessenkonflikte reichen in diesem Fall nicht aus», sagte der Anwalt. «Sarasin muss sich unserer Ansicht nach Pflichtverletzung vorhalten lassen.» Manche Kunden hätten auf Anraten der Bank sechststellige Beträge in die Windreich-Anleihen investiert. Damit machte die Anleihe einen erheblichen Teil ihres Gesamtportfolios aus.
Die Anwaltskanzlei Bergdolt will derweil Investoren, die mit den Mittelstandsanleihen von Windreich viel Geld verloren haben, für eine Sammelklage gewinnen. Auch die Kapitalmarktrechtlerin Daniela Bergdolt wirft der Bank einen «massiven Interessenkonflikt» vor, schreibt «Finance»: «Nach unseren Informationen hat die Bank Sarasin viele Anleihekäufer nicht ausreichend über die Risiken und den internen Interessenkonflikt aufgeklärt», sagt Bergdolt gegenüber dem deutschen Finanzmagazin.
Sarasin äussert sich nur allgemein und grundsätzlich
Die Bank nimmt wie folgt Stellung: «Die Kunden der Bank Sarasin AG werden über die Risiken von Anlagen gemäß den einschlägigen Vorschriften des Wertpapierhandelsgesetzes (WpHG) aufgeklärt. Entsprechend wurden alle Kunden über die Risiken der empfohlenen Anleihen mündlich und schriftlich informiert. Darüber hinaus legt die Bank grundsätzlich mögliche Interessenkonflikte, die sich nicht vermeiden lassen, gegenüber ihren Kunden vor einem Geschäftsabschluss oder einer Beratung offen.»