Eine neue Front gegen die Schweiz habe sich aufgetan. Diesmal in Form amerikanischer Angriffe auf die Nationalbank, erklärt Bruno Gisler, Chefökonom der Aquila Group.
Die Schweiz sei von vielen Seiten unter Druck, sagt Bruno Gisler (Bild links) weiter. Der Steuerstreit mit den USA ziehe sich in die Länge. Der Abgeltungssteuer mit Deutschland stünden grosse politische Widerstände entgegen. Und Brüssel wolle anstelle bilateraler Verträge, dass die Schweiz Änderungen im EU Recht automatisch übernehme, konstatiert der Chefökonom der Zürcher Aquila Group.
«Seit Mitte Juli scheint sich eine neue Front aufzutun. Diesmal in Form von Angriffen auf die Schweizerische Nationalbank (SNB) wegen der verfügten Untergrenze von 1.20 Franken gegen den Euro», stellt Gisler fest. Sein Befund:
- Das Peterson Institute for International Economics, eine Denkfabrik in Washington mit Einfluss auf den Kongress, veröffentlichte am 12. Juli einen Bericht, in dem die Schweiz und andere Länder als extreme Währungsmanipulatoren angeprangert wurden.
- Am 3. September übte der Direktor der CNRS, einer bekannten Forschungsinstitution in Frankreich, über die Zeitung «Le Monde» harsche Kritik an der Währungspolitik der SNB. Gemäss CNRS habe die SNB mit ihrer aggressiven Politik die europäische Krise vertieft.
- Gegen Ende September akzentuierte sich das Geschehen. Die Rating-Agentur Standard & Poor's (S&P) beschuldigte die SNB in einem viel beachteten Bericht, mit ihrer Währungspolitik zu den Ungleichgewichten in Europa beizutragen. In einem Artikel über die Euro Krise bezeichnete das Wall Street Journal die SNB als «Special National Bank». Zudem warf, gemäss einem Bericht im Tages-Anzeiger, der Direktor der renommierten Brüsseler Denkfabrik Ceps der Schweiz vor, ein noch grösserer Währungsmanipulator als China zu sein.
- Der Ausdruck Währungsmanipulator schlägt unweigerlich eine Brücke zum Bericht über internationale Wirtschafts- und Währungspolitik, den das US-Treasury halbjährlich zu Handen des Kongress erstellt. Die USA setzten China verschiedentlich unter Druck mit der Drohung, das Land in diesem Bericht als Währungsmanipulator aufzulisten.
«Wir nehmen diese Angriffe auf die Währungspolitik der SNB nicht auf die leichte Schulter und sind der Meinung, dass diese im Rahmen des herrschenden Wirtschaftskrieges weitergehen werden. Es würde mich zudem nicht überraschen, wenn die USA über die Drohung, die Schweiz im Treasury-Bericht als Währungsmanipulator aufzuführen, versuchen würden, im Steuerstreit einen Durchbruch zu ihren Gunsten zu erzielen», sagt Gisler.
Anlagepolitisch ist Gisler nach wie vor der Meinung, dass die Untergrenze von 1.20 Franken halten wird. «Wenn sich unsere Befürchtung bestätigen sollte, dass der Steuerstreit über das Instrument der Währungsmanipulation beeinflusst wird, dürften allerdings Schweizer Unternehmen mit einem hohen US-Exportanteil unter Druck kommen», folgert Gisler.