Am 1. Januar 2025 tritt das revidierte internationalen Erbrecht in Kraft. Davon profieren nicht nur Auslandschweizer und Doppelbürger, sondern auch die hiesigen Vermögensverwalter.
Bislang stand hierzulande grundsätzlich fest: Bei einem Todesfall in der Schweiz waren für die so genannte Nachlassabwicklung, die unter anderem die Testamentseröffnung und die Ausstellung der Erbbescheinung beinhaltet, in der Regel die Schweizer Behörden zuständig.
Was auf den ersten Blick nichts weiter als logisch erscheint, kann sehr wohl seine Tücken haben. So kann der Verstorbene eine EU-Staatsangehörigkeit besitzen oder es handelt, sich um einen Schweizer, der bis zu seinem Tode in Asien lebte. Es kann aber auch sein, dass der Verstorbene seinen Nachlass nach UK-Recht inkl. Trusts geplant hat oder dass er in verschiedenen Ländern Vermögen hinterlässt, was gar nicht so eine Seltenheit ist.
Doppelbürger können inskünftig frei wählen
In solchen Fällen stellt sich schnell die Frage, welche Behörden für die Nachlassabwicklung zuständig sind und welches Erbrecht auf den Nachlass zur Anwendung kommt, beispielsweise für die Bestimmung von gesetzlichen Erben und deren Quoten sowie Pflichtteilen.
Dies ändert sich ab kommendem Jahr, wenn das revidierte internationalen Erbrecht in Kraft tritt. Dann können Doppelbürger bzw Auslandschweizer, die keine Schweizer Zuständigkeit für ihren Nachlass wünschen, frei wählen, ob das Schweizer oder ein ausländisches Recht im Erbrechtsfall zur Anwendung kommen soll. Eine Einschränkung gibt es jedoch: Sind die Schweizer Behörden zuständig muss der Schweizer Pflichtteil zwingend berücksichtigt werden, selbst wenn für den Nachlass sonst ausländisches Recht gilt.
Gut 1,8 Millionen Personen betroffen
Von der Neuerung betroffen sind gut 1,8 Millionen Personen: Laut dem Bundesamt für Statistik leben rund eine Million Doppelbürger in der Schweiz, gut 800'000 Schweizer wohnen im Ausland.
Die Neuerung ist auch deshalb relevant, weil Grossbritannien oder die USA gar keinen Pflichtteil kennen. Schweden und Finnland kennen keinen Pflichtteil für Ehegatten.
Solange diese nur den ausländischen Pass haben, können sie in der Schweiz frei über ihren Nachlass verfügen. Sobald sie sich einbürgern lassen und Doppelbürger werden, wird es komplizierter.
Attraktive Lösung trotz Schönheitsfehler
«Die Anwendung der Schweizer Pflichtteilsregelung bei Doppelbürgern, die sich für ihr anderes Heimatrecht entschieden haben, ist unschön; aus juristischer Sicht hätte ich eine vollständige Wahlfreiheit begrüsst. Denn dieser Passus kann zu neuen Streitereien führen», sagt der Zürcher Rechtsanwalt Werner Jahnel, Partner bei der Kanzlei Lalive. Trotz dieses Schönheitsfehlers begrüsst er aber die Anpassung: «Es ist eine attraktive Lösung. Sie hält niemanden davon ab, in die Schweiz zu ziehen. Im Gegenteil, es macht die Schweiz und seinen Finanzplatz zusätzlich attraktiv. »
Werner Jahnel, Partner bei der Kanzlei Lalive. (Bild: zVg)
Genau dies könnte der grosse Vorteil dieser Revision sein: Grossbritannien will den Non-Dom-Status abschaffen, der es Personen bisher ermöglichte, in Grossbritannien zu leben, aber nicht dauerhaft ansässig zu sein. Sie musste deswegen lediglich ihre britischen Einkünfte versteuern. Werner Jahnel: «Die Revision des internationalen Erbrechts ist in Bezug auf die Rechtswahl für Doppelbürger ein Kompromiss nach gut helvetischer Art. Aber sie hat es in sich, denn sie eröffnet neue Planungsmöglichkeiten.»