Die europäischen Banken haben bei der «Gender Equality» in den Teppichetagen keine grossen Fortschritte gemacht. Zwar sind Frauen in den Führungsgremien leicht stärker repräsentiert, die Lücke in der Entlohnung ist jedoch wieder klar grösser geworden.
Die Unternehmensberatungsgesellschaft Boston Consulting Group (BCG) hat sich in einer neuen Studie mit dem Thema der Gleichstellung in den Führungsgremien der 50 grössten börsenkotierten Banken in Europa beschäftigt.
Frauen sind in den Führungsgremien weiterhin klar unterrepräsentiert. Laut der Untersuchung stieg dabei der Frauenanteil auf Ebene der Geschäftsleitung per 2023 auf 24 Prozent, verglichen mit noch 19 Prozent im Jahr 2021. In den Aufsichtsgremien waren demnach neu 43 Prozent Frauen, verglichen mit zuvor 36 Prozent. Während von den 50 betrachteten Instituten inzwischen alle mindestens eine Frau im Board haben (zuvor 49), sind es auf Ebene Geschäftsleitung 42 (zuvor 40).
Demgegenüber ist die Zahl der weiblichen CEOs im Vergleichszeitraum auf 4 von 5 gesunken, und die der «Chairwoman of the Board» auf 3 von 2 gestiegen.
Bei der Entlohnung hat sich der «pay gap» vergrössert. Frauen verdienen 2024 in den betrachteten Banken in den Geschäftsleitungen im Median 25 Prozent weniger. 2023 betrug die Lücke 12 Prozent. Weniger deutlich war der wachsende «gap» in den Boards mit 22 Prozent verglichen mit 19 Prozent im Vorjahr.
Strukturelle Gründe
Die Autoren der Studie machen dafür vor allem auch strukturelle Gründe aus. Während Männer überwiegend Positionen besetzen, die für das Kernbankgeschäft relevant sind, besetzen Frauen eher Positionen, die nicht zur Gewinn- und Verlustrechnung des Bankgeschäfts gehören, wie z.B. HR, Marketing und Rechtsabteilung. Diese würden strukturell schlechter bezahlt. So liegt etwa der Frauenanteil bei HR bei 63 Prozent und bei Nachhaltigkeit bei 57 Prozent, jedoch sind im Bereich Operations 87 Prozent Männer und bei IT/Technologie 85 Prozent.
Nord- und Zentraleuropa vorn
Betrachtet man den Level der Geschlechtergleichheit nach Ländern, dann liegen die Banken in Nord- und Zentraleuropa vorn. Mit einem Indexwert von 51,6 Punkten liegt die Schweiz deutlich unter dem europäischen Durchschnittswert von 62,3 Punkten. Die Schweiz habe Aufholbedarf und belege, dass es hierzulande noch erhebliches Potenzial zur Verbesserung der Geschlechtergleichstellung im Bankensektor gebe.
Angeführt wird die Liste der 18 behandelten Länder von Norwegen (81,6 Punkte), den Niederlanden (80,1 Punkten) und Irland (79,2 Punkten).
Bei der Wertung der einzelnen Institute schwingt die niederländische ABN Amro mit 89,0 Punkten obenaus. Auf den Plätzen mit klarem Abstand folgen die irische AIB Group (83,6 Punkte und die britische Virgin Money (81,8 Punkte). Auch Unicredit, Commerzbank, Credit Agricole oder die Nordea Bank gehören zu den Top Ten.
Keine detailierten Angaben zu Schweizer Banken
Angaben zu den weiteren bewerteten Banken, die nicht unter den ersten zehn liegen, macht BCG explizit nicht. Angesichts einer Frauenquote beispielsweise bei der UBS von 27 Prozent in der Geschäftsleitung oder von 33 Prozent im Verwaltungsrat von Julius Bär dürften die Schweizer Banken eher im Mittelfeld oder leicht unter dem Schnitt liegen.
Viele Frauen stossen oft auf Vorurteile
Auch eine Umfrage unter rund 600 Bankmitarbeitenden macht deutlich, dass es noch einiges zu tun gibt. Trotz Fortschritten in den DE&I-Programmen (Diversity, Equity and Inclusion) erleben rund 50 Prozent der Frauen weiterhin täglich Vorurteile. Nur rund 60 Prozent sind der Meinung, dass die Führungskräfte ihre Verantwortung für Gleichstellung wahrnehmen.
Sollte sich die Entwicklung bei der Gleichstellung in dem Tempo der vergangenen Jahre weiter fortschreiben, dann dürfte es eine weitere Dekade dauern, bis sie in den Führungsgremien der europäischen Banken erreicht wird.