Vor fünf Jahren hat Inyova (früher Yova) eine Geldanlage-App für Impact Investing lanciert. Über 20 Millionen Franken wurden seither ausgegeben. Doch die Gewinne lassen weiterhin auf sich warten; die Verbrennungsrate an Cash ist hoch. Jetzt hat sich das Unternehmen eine Bewilligung der Finma und frisches Kapital gesichert.

Die Fassade von Inyova glitzert: «Dein Geld kann mehr», heisst es auf der Website des Fintech-Start-ups: «Impact Investing erzielt finanzielle Rendite und setzt Dein Geld für mehr Nachhaltigkeit ein. Vollständig digital, Swiss Made.»

Kunden können ab 2’000 Franken in zeitgeistige Themen wie «erneuerbare Energie», «Menschenrechte» oder «pflanzliche Lebensmittel» investieren. Gestützt auf die Nachhaltigkeits-Präferenzen des Nutzers schlägt der Robo-Adviser eine dazu passende Aktien-Auswahl aus einem Universum von rund 300 Unternehmen vor.

Depots bei Saxobank

Die Depots liegen bei der Saxobank, die zu 48,88 Prozent der Zhejiang Geely Holding Group aus China gehört.

Vor einem guten Monat berichtete finews.ch, dass das Impact-Investing-Unternehmen immer noch auf die Bewilligung durch die Finanzmarktaufsicht (Finma) als unabhängiger Vermögensverwalter warte.

Finma-Bewilligung eingetrudelt

Wie Inyova auf Anfrage von finews.ch mitteilt, hat es die Bewilligung mittlerweile erhalten: «Ja, die Finma hat ihre Bewilligung erteilt. Wie üblich wird die Bewilligung nach Umsetzung der üblichen Bedingungen rechtskräftig (z.B. Inkraftsetzung Organisationsreglement).»

Auch die finanzielle Situation von Inyova gab jüngst zu reden. Im Juli titelte der Finanz-Blog «Inside Paradeplatz»: «Hype-Tech ‹Inyova› hatte 2023 noch Cash für 7 Monate.»

2,62 Millionen Jahresverlust

Aus der Jahresrechnung 2023, die finews.ch vorliegt, geht hervor, dass Inyova letztes Jahr nicht profitabel unterwegs war. Einem Umsatz von 2,43 Millionen Franken (davon 2,29 Millionen Franken Dienstleistungserlös), stehen operative Aufwände von 3,69 Millionen gegenüber. Das ergibt ein EBITDA von minus 1,26 Millionen Franken.

Nach Abschreibungen, Finanzierungsergebnis und Steuern resultiert ein negativer Jahresgewinn von 2,62 Millionen Franken.

Bund und Schaffhauser Kantonalbank an Bord

Das Eigenkapital betrug per 31. Dezember 2023 noch 2,39 Millionen Franken (31.12.2022: 5 Millionen Franken). In den Büchern steht bei den Aktiven die deutsche Tochtergesellschaft als Beteiligung mit einem Wert zu historischen Anschaffungskosten von 5 Millionen Franken.

Beim Fremdkapital sticht ein Kredit von 3 Millionen von der Schaffhauser Kantonalbank ins Auge. Dieser ist im Rahmen des Innovationsfonds des Bundes vom Steuerzahler garantiert.

Revisionsstelle hob Mahnfinger

Dies bei einem Umlaufvermögen von 3,40 Millionen Franken. Im Vorjahr 2022 hatte der Verlust noch über 5 Millionen Franken betragen.

Die Revisionsstelle, W&P Treuhand AG, sah sich veranlasst, den Mahnfinger zu erheben: Es bestehe eine «wesentliche Unsicherheit betreffend der Unternehmensfortführungsfähigkeit der Inyova AG».

Finanzierungsrunden vonnöten

Konkreter wird es im Anhang zur Jahresrechnung: «Per 31. Dezember 2023 verfügte Inyova AG über flüssige Mittel von CHF 3,1 Millionen, welche den Liquditätsbedarf der operativen Unternehmenstätigkeit für sieben Monate sichern.»

Im Wesentlichen hänge die «Unternehmensfortführungsfähigkeit (‹Going concern›)» davon ab, «ob die benötigte Liquidität im Rahmen weiterer Finanzierungsrunden beschafft und langfristig die Profitabilität der Gesellschaft sichergestellt werden kann».

Ab 2026 positive operative Cashflows?

Der Verwaltungsrat, hält der vom 28. Mai 2024 datierte Geschäftsbericht weiter fest, «erwartet, dass im 2. Quartal 2024 eine Finanzierungsrunde abgeschlossen werden kann, die den Liquiditätsbedarf der Inyova AG und ihrer Tochtergesellschaft bis mindestens 31. Dezember 2025 vollumfänglich sichert».

Diese Finanzierungsrunde befinde sich in Vorbereitung. «Es konnten bereits Finanzierungszusagen im Umfang von CHF 0,75 Millionen (Stand: per Ende April 2024) erzielt werden. Darüber hinaus rechnet der Verwaltungsrat damit, ab 2026 einen positiven operativen Cashflow zu generieren und ab 2027 profitabel zu sein.»

«Vollumfänglich finanziert»

finews.ch hat sich bei Inyova erkundigt, wie es in der Zwischenzeit um die offenbar dringend benötigten Kapitalerhöhungen bestellt sei.

Die Antwort: «Unsere im Jahresbericht erwähnten Finanzierungspläne für das Jahr 2024 konnten wir sehr deutlich übertreffen, u.a. mit einer abgeschlossenen Finanzierungsrunde im zweiten Quartal sowie einer Crowd-Investing Runde. Unsere dargelegten Pläne somit vollumfänglich finanziert.»

Mittel der Wahl: Crowd Investing

Im Frühling 2022 hatte sich Inyova über Crowd Investing frisches Kapital in der Höhe von rund 7 Millionen Franken von etwa 3'000 Kleininvestoren  besorgt. Die Finma hatte damals grünes Licht für diese Form der Kapitalbeschaffung gegeben.

Das scheint auch jetzt wieder das Mittel der Wahl zu sein, um den drohenden Finanzengpass abzuwenden. Am 22. April kündigte Inyova ein weiteres Crowd Investing an. Dieses ist mittlerweile über die Bühne gegangen, allerdings offenbar in bescheidenerem Rahmen.

Fürs Erste in trockenen Tüchern

Zur Höhe des mobilisierten Kapitals bei der 2024er Finanzierungsrunde und dem Crowd Investing macht Inyova keine Angaben. Laut der Plattform «startupticker.ch» haben knapp 500 Investoren total gut eine Million Franken investiert

Es sieht aber immerhin so aus, als sei die Zukunft von Inyova fürs Erste in trockenen Tüchern.

Kein weiteres Crowd Investing geplant

Inyova schreibt, es seien keine weiteren Crowd-Investing-Runden geplant. «Anlass unserer jüngsten Crowdinvesting-Runde war insbesondere unseren bestehenden Crowd-Aktionären ihre Vorzeichnungsrechte zu gewähren.» Man habe mit den Aktionären sehr gute Erfahrung gemacht: «Als Kunden investieren diese überdurchschnittlich viel und empfehlen Inyova überdurchschnittlich oft weiter.» Aus diesem Grund habe man den Kreis nochmals geöffnet.

Allerdings sei eine weitere Vergrösserung des Crowd-Aktionariats «kein strategisches Ziel», man werde aber Vorzeichnungsrechte auch in Zukunft gewähren.

Kunden «fünfstellig»

Der weitere Weg bleibt anspruchsvoll. Die Umsätze müssen angesichts der bestehenden Kostenbasis um einen Drittel gesteigert werden, wenn das Unternehmen 2026 operativ profitabel werden will. Dies gegen den Trend, der ESG-Themen derzeit weniger gewogen ist als auch schon.

Zur Kundenanzahl will Inyova keine detaillierte Auskunft geben. Diese sei «fünfstellig». Beim Crowd Investing im Frühling 2022 hatte das Start-up Zahlen von 8’000 Kunden mit einem investierten Vermögen von rund 200 Millionen Dollar genannt. 

Partnerschaft mit Migros Bank

Der in der Jahresrechnung 2023 ausgewiesene Dienstleistungserlös von 2,29 Millionen Franken deutet darauf hin, dass sich das Volumen weiterhin in diesem Rahmen bewegt – Inyova nimmt von seinen Kunden nämlich zwischen 0,9 und 1,2 Prozent Gebühren auf das investierte Vermögen pro Jahr.

Wie das Unternehmen schreibt, konnte im aktuellen Jahr der operative Cashflow «signifikant gesteigert werden». Man sei «‹on track› bezüglich unserer Planung 2026 positive operative Cashflows zu generieren». Dabei helfe auch die Partnerschaft mit der Migros Bank (finews.ch berichtete), die Anfang 2024 gestartet sei und «sehr gut läuft». Details hierzu sind allerdings nicht in Erfahrung zu bringen.

Finma: Kein Kommentar

Finews.ch hat die Finma mit der Frage kontaktiert, ob das Bewilligungsverfahren von Inyova abgeschlossen sei. Dazu wollte sich die Finanzmarktaufsicht, wie bei Einzelfällen üblich, nicht äussern. Sie betont, dass ein rechtskräftiger positiver Entscheid am Aufleuchten eines Instituts auf der entsprechenden Liste erkennbar sei.

Ebenfalls wollte finews.ch von der Finma wissen, ob sie Crowd Investing für ein geeignetes Instrument zur Kapitalbeschaffung im regulierten Finanzsektor halte. Zu dieser Frage äussert sich die Behörde ebenfalls nur allgemein und ohne Bezug auf den Einzelfall, indem sie darauf hinweist, dass auch Crowd Investoren, sofern sie einen qualifizierten Anteil (über 10 Prozent des Kapitals oder der Stimmrechte) erwerben, «Gewähr für eine ordnungsgemässe Geschäftsführung bieten müssen».