Wie kreditwürdig sind die Schweizer Schuldner am Anleihenmarkt? Der «Rating-Guide 2024» des Zürcher Staatsinstituts gibt darüber Auskunft. Er enthält eine Fülle von Informationen zum Markt und zu den Emittenten. 

Nun liegt sie vor – die neue Ausgabe des «Swiss Rating Guide» der Zürcher Kantonalbank (ZKB). Die Publikation, die jährlich erscheint, liefert einen Überblick über die Entwicklung am Anleihenmarkt im allgemeinen und die der Bonität von Schweizer Schuldnern im besonderen. Herzstück bilden die Einzelporträts der Emittenten.

In der Ausgabe 2024 werden 181 inländische Schuldner jeweils auf (meist) einer Seite beschrieben und analysiert. Darunter finden sich natürlich die Big-Three (gemessen am ausstehenden Obligationenvolumen), also die beiden Pfandbriefinstitute, die Pfandbriefbank und die Pfandbriefzentrale, sowie die Eidgenossenschaft. Sie stellen zusammen mehr als die Hälfte des Marktvolumens.

Obligationenmarkt im Wachstumsmodus

Insgesamt werden 181 Emittenten bewertet, drei mehr als im Vorjahr. Gemäss Angaben der ZKB werden 78 Prozent der Schuldner und 95 Prozent des Obligationenvolumens abgedeckt. Das Gesamtvolumen des Inlandsegments des Schweizer Anleihenmarkts betrug Ende 2023 487 Milliarden Franken, ein Wachstum von über 6 Prozent im Jahresvergleich.

Auch der Finanzsektor ist am Anleihenmarkt und damit im ZKB-Guide gut vertreten, mit fast allen Kantonalbanken, vielen Geschäftsbanken, Versicherungen und weiteren Namen wie Compagnie Financière Tradition und Partners Group.

Credit Suisse: AT1-Markt vergibt rasch

Erstmals nicht mehr mit von der Partie ist dagegen die Credit Suisse (CS). Es sei erstaunlich, wie rasch das Vertrauen der Investoren nach der von der Finanzmarktaufsicht Finma angeordneten Abschreibung der Additional-Tier-1-Anleihen (AT1) der CS wieder zurückgekehrt sei, wundert sich das Credit Research der Staatsbank. Die UBS habe demonstriert, dass eine Refinanzierung in diesem Spezialsegment mit einigen Zugeständnissen möglich sei.

Die St. Galler Kantonalbank sei dagegen auf günstigere Tier-2-Anleihen ausgewichen, um ihre fällige AT1-Anleihe zu ersetzen. Die ZKB stuft solche Instrumente als weniger problematisch ein, weil sie eine feste Laufzeit aufweisen und die Wahlmöglichkeiten des Emittenten in Bezug auf den Verzicht auf Zinszahlungen und Abschreibung begrenzt sind.

Sorgenkind Spitalsektor

Nach wie vor dominieren aber insgesamt mit über 95 Prozent die klassischen (vorrangigen) Anleihen. Zugenommen haben Bonds, die ein ESG-Siegel aufweisen. Das Segment ist um 25 Prozent auf 15 Milliarden Franken gewachsen. Dabei dominieren Green Bonds, also quasi das E für Environmental.

Ein wesentlicher Teil der innert Jahresfrist erfolgten Rating-Rückstufungen entfällt auf den Spitalsektor. Hintergrund ist der Zahlungsausfall der GZO Spital Wetzikon, die im Juni nicht fristgerecht zurückgezahlte und damit notleidende Anleihe wurde von der ZKB um rekordverdächtige 11 Notches (Ratingstufen) relegiert. Es handelt sich um erste inländische Schuldnerin seit dem Fall Swissair 2001, die ihren Verpflichtungen gegenüber Obligationären nicht mehr nachkommen kann.

3 mal 3 A für die Grossen 3

Über das Ganze betrachtet bleibt das Ratingniveau aber im internationalen Vergleich nach wie vor sehr hoch. Die erwähnten Big-Three weisen die Bestnote Triple-A auf. Drei von vier analysierten Schuldner werden von der ZKB mit A und höher eingestuft.

Trotz eines leichten Zuwachses fristet der Markt für Schweizer Schuldner mit einem Rating ausserhalb des Anlagebereichs (BB+ und tiefer) mit 6 Prozent ein Mauerblümchendasein. Das ist ein Spiegel des hohen Qualitätsanspruches der meist professionellen Investoren, aber aus Sicht von Schweizern Privatanlegern, die auf der Suche nach ansprechenden Renditen in der Heimwährung sind, zu bedauern.

Zwei nicht ganz getrennte Welten

Die Noten der ZKB fliessen auch in das Composite Rating des Swiss Bond Index (SBI) der SIX Swiss Exchange ein. Sie sind damit also für die wichtigste Benchmark des Frankenanleihenmarkts relevant. 

Die Lektüre des ZKB-Guide ist indes selbst Akteuren, die sich mehr für die Aktienpreise als für die Obligationenkurse interessieren, ebenfalls zu empfehlen. Bondanalysten nehmen eine andere Perspektive ein als Aktienanalysten. Und dies kann, zumal es durchaus Zusammenhänge zwischen der Bewertung von Eigenkapital und Fremdkapital gibt, im positiven Sinne horizonterweiternd wirken.

Natürliche Motive

Auch die Einstufung der Kantone und Städte sollte neugierig machen. Schliesslich sind die meisten von uns Steuerzahler – und je besser die Einstufung, desto günstiger die Mittelbeschaffung, was für die Steuerbelastung keinen unwesentlichen Faktor bildet.

Auch wer als Angestellter bei einer der bewerteten Banken oder einem anderen Finanzschuldner tätig ist, hat ein natürliches Motiv, das ZKB-Urteil zur Zahlungsfähigkeit seines Arbeitgebers mindestens zur Kenntnis zu nehmen.