Die Schweiz-Chefin von Columbia Threadneedle Investments über erfolgreiche Jahre, aktuelle Anlage-Trends, die ESG-Kontroverse und ihre bevorzugten Spots in der Zürcher City.


Frau Hintner, seit fünf Jahren leiten Sie Columbia Threadneedle Investments in der Schweiz. Wie hat sich das Geschäft seither entwickelt?

Im Laufe der Jahre ist das Unternehmen stetig gewachsen, auch durch den Aufbau des institutionellen Geschäfts. Als ich begonnen habe, war dieses recht klein, inzwischen hat es sich verdoppelt, während wir das Wholesale-Geschäft weiter ausgebaut haben.

Als Country Head ist es mir wichtig, dass wir in beiden Kanälen Wachstum haben.

Gelang dies sogar während der Covid-Zeit?

Klar, 2022 war ein schwieriges Jahr. Überall im Asset Management, auch für uns. Aber wir hatten positive Flows und 2022 ein schönes Wachstum. Heute sind wir auf der Wholesale-Seite eines der Fokusländer für Columbia Threadneedle in der EMEA-Region, neben UK natürlich.

Unsere Position unter den europäischen Ländern wurde infolge unserer Erfolge gestärkt.

Was war die ursprüngliche Idee hinter Ihrer Berufung?

Ich wurde eingestellt, um einen Wandel in der Schweiz herbeizuführen: eine jüngere Person, die sich nicht scheut, das Team zu verändern, und die unseren Fokus auf mehr Dynamik ausrichtet.

«Ich wurde eingestellt, um unseren Fokus auf mehr Dynamik auszurichten»

Das war eine grosse Herausforderung und hat viel Arbeit mit sich gebracht. Ich freue mich, dass es sich für mich und das Team sehr schön entwickelt hat.

Welches waren Ihre strategischen Prioritäten?

Wachstum, in erster Linie beim Nettoneugeld.

War dieses seit 2019 jedes Jahr positiv?

Ja. Eine weitere Priorität war die Diversifikation bei den Kunden und bei den Produkten. Die Produktpalette hat sich bei Columbia Threadneedle ebenfalls weiterentwickelt.

Wir haben unsere angestammten Blockbuster-Produkte, die sich auf starke Small/Mid-Cap- und Large-Cap-Unternehmen konzentrieren. Aber es kamen auch neue Produkte dazu, globale Sozialanleihen, globale Aktien oder Sustainable-Income-Produkte zum Beispiel.

Ihr Haus ist traditionell eher Equity-lastig…

Wir haben unseren Kunden schon immer eine breite Palette von Lösungen angeboten. Die Nachfrage ging in den letzten Jahren in Richtung «Fixed Income». Viele Gelder wurde geparkt in Cash- und Money-Markets.

Interessanterweise hatten wir in der Schweiz mehr «Fixed Income»-Gelder auf der institutionellen als auf der Wholesale-Seite. Daher haben wir die strategische Entscheidung getroffen, uns auf der Wholesale-Seite für festverzinsliche Anlagen besser zu positionieren, was gut funktioniert.

Columbia Threadneedle hat vor drei Jahren BMO Asset Management EMEA übernommen. Wie hat sich die Übernahme entwickelt?

Die Integration ist abgeschlossen. Wir haben festgestellt, dass die Akquisition unseren Kunden und unserem Geschäft einen deutlichen Aufschwung gebracht hat. Die Teams sind zusammengeführt, sowohl in der Schweiz wie auch in anderen Ländern. Es gibt aber für die Kunden noch weitere Synergien zu realisieren, an denen wir arbeiten.

Wie sehen Sie die Rolle von Columbia Threadneedle im Ökosystem unseres Finanzplatzes?

Was die Grösse anbelangt, haben wir einen «Sweet Spot». Wir sind keiner der ganz Grossen und auch keiner der Kleinen. Das ist wichtig, weil es uns die Möglichkeit gibt, strategischer Partner von Kunden zu sein. Damit man wirkungsvoll strategisch zusammenarbeiten kann, muss man eine bestimmte Grösse von Assets verwalten, gute Strategien und bestimmte Synergien haben.

Was ist der Kern Ihres Angebots, was macht Sie einzigartig?

Wir sind ein aktiver Verwalter mit einem hohen «active share», der sich auf die aktive Auswahl von Aktien und Anleihen konzentriert, mit der Ambition, eine Outperformance gegenüber dem Benchmark zu erzielen.

«Unser Ansatz ist sehr Research-intensiv»

Unser Ansatz ist sehr Research-intensiv und unser Bottom-up-Ansatz profitiert davon. Bei unseren Lösungen entstehen die Portfolios aus dem Investmentansatz, der sich an den Anforderungen der Kunden orientiert. Darin liegt die Motivation der Kunden, mit uns zusammenzuarbeiten.

Und weiter?

Ein zweiter Punkt ist sicher die Nachhaltigkeit, oder das, was wir als verantwortungsbewusstes Investment bezeichnen, wo unsere Kompetenzen Weltklasse sind. Wir bauen weiterhin starke strategische Partnerschaften in diesem Bereich auf.

So arbeiten wir beispielsweise mit einem grossen Bankinstitut in Zürich zusammen, zuletzt bei zwei nachhaltigen Produkten, die wir aufgelegt haben. Eines davon im vergangenen Sommer, den «Global Sustainable Enhanced Equity Income Fund». Das zeigt auch, dass wir uns bei unseren Nachhaltigkeits-Ambitionen an den Bedürfnissen unserer Kunden orientieren.

Wie beurteilen Sie die Kontroverse um ESG?

Wir geben dem Kunden das, was er sich wünscht. Viele wollen klassische «Standalone Asset Class»-Produkte, also keine Themen mehr oder weniger Themen, vielleicht auch weniger Nachhaltigkeit. Andere suchen trotzdem wieder Nachhaltigkeit. Unser Angebot ist immer auf die Bedürfnisse der Kunden zugeschnitten.

Die Debatte verläuft in den USA ganz anders als in Europa.

Wie bereits erwähnt, sind wir für unsere Kunden da und richten uns nach deren Bedürfnissen. Hier in Europa ist Nachhaltigkeit ein sehr wichtiges Thema für unsere Kunden. Die Ansichten über Nachhaltigkeit sind weltweit sehr unterschiedlich. Innerhalb unserer Produktpalette können die Kunden wählen, worin sie investieren wollen.

Zur Zeit ist vieles in Bewegung bei den Asset Managern. Was waren die Schwerpunkte dieses Reshuffling auf der Produktseite, also die zentralen Trends?

Der Trend zu «Fixed Income» ist zurückgekommen, nachdem er eine Zeit lang in den Hintergrund gerückt war. Insbesondere 2019 bis 2021 waren Jahre mit ganz starken Zuflüssen in ESG- und in thematische Produkte. Teilweise war das auch regulatorisch beeinflusst.

In den vergangenen zwei Jahren hat sich das Umfeld durch die Inflation und die Zinserhöhungen geändert. Somit wurden «Fixed Income»-Produkte interessanter, was bei diversen Banken eine Neuausrichtung des «Fund Shelfs» bedingte.

«Für Schweizer Investoren sind Anlagen in Zinsprodukte eine Herausforderung»

Für Schweizer Investoren sind Investitionen in Zinsprodukte eine Herausforderung, da die Portfolios normalerweise gehedged sind, was mit etwas höheren Gebühren verbunden ist. Es ist eine Herausforderung für sie, Produkte zu finden, die Renditen abwerfen und den Kunden von einem hohen Cash-Anteil wegbringen.

Jetzt dreht der Wind wieder.

Genau, in der Schweiz sowieso. Es stehen uns interessante Zeiten ins Haus.

Wie geht es weiter mit den Zinsen?

Die Schweiz hat hier ganz klar den ersten Schritt gemacht. Ich denke, dass es dieses Jahr noch zwei weitere Zinssenkungen geben wird. Das ist ja seitens SNB auch so kommuniziert. In den USA bleibt die Mischung aus guten Wirtschaftsdaten und höherer Inflation diffizil.

Ich hatte daher erwartet, dass sich die EZB schneller bewegt als das Fed, was wir kürzlich gesehen haben.

Und allgemein?

Diese Zins-Situation bringt natürlich Volatilität in den Markt. Zudem ist 2024 ein Wahljahr in den USA. Wenn wir mit den Kunden reden, ist derzeit keine klare Richtung festzustellen. Daher höre ich oft das Wort Diversifikation.

Viele Portfolios sind ja sehr aktienlastig mit Technologie-Titeln, wie zum Beispiel den «Magnificent Seven».

Gesucht ist Diversifikation, sowohl regional wie auch nach Sektoren. Man kann den Markt nicht timen, da es immer unvorhergesehene Ereignisse geben wird. Aber man kann das Portfolio so bauen, dass es Volatilitäten verkraftet.