Neue Analyse: OECD-Mindeststeuer erweist sich als Papiertiger
Eine neue Studie zeigt: Die globale Mindeststeuer der OECD hat auf Schweizer Unternehmen deutlich weniger finanzielle Auswirkungen als erwartet – nur drei Konzerne tragen den Grossteil der Steuerlast.
Die Einführung der globalen Mindeststeuer der OECD in der Schweiz hat deutlich geringere Steuereinnahmen gebracht als ursprünglich angenommen. Laut einer neuen Studie von Deloitte Schweiz zahlten die 50 grössten börsenkotierten Schweizer Konzerne im Geschäftsjahr 2024 insgesamt 243,2 Millionen Franken an Zuschlagssteuern. Dies liegt deutlich unter den ursprünglich vom Bundesrat geschätzten zusätzlichen Einnahmen von 1 bis 2,5 Milliarden Franken.
Von den analysierten Unternehmen waren nur rund ein Drittel tatsächlich zur Zahlung von Ergänzungssteuern verpflichtet. Die Steuerlast konzentrierte sich dabei auf lediglich drei Firmen: Roche (189 Millionen Franken), Straumann (14 Millionen Franken) und Partners Group (18 Millionen Franken). Diese drei Firmen verantworten über 90 Prozent der gesamten festgestellten Zahlungen.
Ausnahmen dank Safe-Harbour-Regeln
Ein wesentlicher Grund für die begrenzte Wirkung liegt in den temporären «Safe Harbour»-Regelungen der OECD, die noch bis Ende 2026 gelten. Diese Übergangsbestimmungen befreien Unternehmen von der Ergänzungssteuer, sofern bestimmte Schwellenwerte bei Rentabilität oder effektiver Besteuerung eingehalten werden.
Zudem operieren viele der betroffenen Firmen bereits in Gebieten, wo die effektive Steuerquote über den im OECD-Rahmen festgelegten 15 Prozent liegt – womit keine zusätzliche Steuer fällig wird.
Kaum Einfluss auf die Steuerquote
Die Schweiz hat zudem die Einführung der sogenannten «Income Inclusion Rule» – mit der Gewinne aus ausländischen Tochtergesellschaften in Niedrigsteuerländern nachbelastet werden können – auf das Jahr 2025 verschoben. Dadurch war die Bemessungsgrundlage im ersten Jahr nochmals eingeschränkt.
Für die meisten betroffenen Unternehmen fiel die finanzielle Wirkung der OECD-Mindeststeuer gering aus. Gemäss Deloitte stieg die effektive Steuerquote im Durchschnitt um lediglich 0,72 Prozentpunkte – nur ein Unternehmen verzeichnete einen Anstieg von über zwei Prozentpunkten.
Ein Teil der Einnahmen fliesst ins Ausland
«Die bisherigen Zahlen zeigen, dass die OECD-Mindeststeuer in der Schweiz vorderhand nur wenige Konzerne betrifft und für die wenigsten eine signifikante Steuermehrbelastung bedeutet», sagt Thomas Hug, Partner Tax & Legal bei Deloitte Schweiz. Dies könne sich jedoch nach 2026 ändern.
Von den in der Studie identifizierten 243,2 Millionen Franken an globalen Ergänzungssteuern dürften laut Deloitte weniger als 200 Millionen Franken tatsächlich in der Schweiz verbleiben. Ein Teil der Zahlungen entfällt auf andere Staaten, in denen die Firmen operativ tätig sind.
Nur kotierte Firmen berücksichtigt
Die Analyse bezieht sich ausschliesslich auf börsenkotierte Schweizer Konzerne, die im SMI und SMIM vertreten sind. Nicht berücksichtigt wurden nicht-kotierte Schweizer Firmen sowie Tochtergesellschaften ausländischer Konzerne mangels öffentlicher Daten. Der Bundesrat schätzt, dass auch mehrere Hundert nicht kotierte Schweizer Unternehmen und mehrere Tausend ausländische Gruppen in der Schweiz der OECD-Mindeststeuer unterliegen könnten – konkrete Angaben zu den daraus resultierenden Einnahmen fehlen jedoch.
Die Schweiz hat den inländischen Teil der OECD-Mindeststeuer per 1. Januar 2024 eingeführt, der grenzüberschreitende Teil folgt ab 2025. Deloitte weist darauf hin, dass die Einnahmen in den kommenden Jahren steigen könnten – etwa wenn die Safe-Harbour-Regeln auslaufen und weitere Staaten das OECD-Regime umsetzen. Gleichzeitig könnten höhere kantonale Steuersätze und zunehmende Besteuerung im Ausland die inländischen Zusatzeinnahmen weiterhin begrenzen.