Bereits im vergangenen Mai konnte Russland die Coupons auf zwei Anleihen nicht mehr bedienen. Nun ist die Schonfrist für die fälligen Zinsen abgelaufen. Das Problem ist nur: wer ruft die Zahlungsunfähigkeit aus?
Die Zinszahlungen Russlands auf zwei Fremdwährungs-Anleihen, eine in Dollar und eine in Euro, sind eigentlich fällig. Mehrere Investoren im asiatischen Inselstaat Taiwan hätten am vergangenen Sonntag beklagt, dass sie bislang keine der vereinbarten Zinszahlungen für ihre russischen Staatsanleihen erhalten haben, wie «Reuters» unter Berufung auf Kreise berichtet.
Die fälligen Zinszahlungen belaufen sich demnach auf 29 Millionen Euro für eine bis ins Jahr 2036 laufende Staatsanleihe in Euro und 71 Millionen Dollar für ein auf 2026 terminiertes Papier in Dollar.
Zahlungen kommen wohl nicht an
Der Grund für die ausbleibende Zahlung sind die internationalen Sanktionen gegen das Land. Über genügend Geld, um seinen Verpflichtungen nachzukommen, verfügt der russische Staat dank weiter sprudelnder Einnahmen aus dem Öl- und Gas-Geschäft.
Nach dem Einmarsch Russlands in die Ukraine wurde das Land jedoch aus den internationalen Zahlungssystemen ausgeschlossen. Es ist daher unwahrscheinlich, dass das Geld bei den Anlegern ankommen wird.
Die Krux mit den Ratings
In der Regel wird die Zahlungsunfähigkeit oder der Default eines Landes von den führenden Rating-Agenturen wie Moody’s oder S&P festgestellt. Doch diese haben ebenfalls die Bewertung Russlands eingestellt. Nun müssen sich Bond-Besitzer zusammenfinden, die zusammen mindestens 25 Prozent der Anleihen halten, um die Zahlungsunfähigkeit zu erklären.
Russlands Finanzminister Anton Siluanow hatte den drohenden Default seines Landes in der vergangenen Woche als «Farce» bezeichnet. Der Westen wolle Russland in eine künstliche Zahlungsunfähigkeit treiben, sagte er.
Erinnerungen an die Revolution
Insgesamt hat Russland den Angaben zufolge rund 40 Milliarden Dollar an Bonds in Fremdwährungen ausstehend. Auch wenn dem technischen Default nur eine symbolische Bedeutung zugemessen wird, dürfte sich das langfristig auf die Kreditkosten des Landes bei der Ausgabe neuer Anleihen auswirken.
Das letzte Mal, dass Russland Auslandsbonds nicht bedienen konnte, war im Jahr 1918 nach der Revolution. Bei der Rubel-Krise der Jahr 1998 bis 99 wurden nur Zahlungen für inländische Anleihen ausgesetzt.