In dieser Woche erreichten die Preise für Bitcoin und Ethereum neue Höchstwerte. Doch sind die klassischen Retailbanken für dieses Thema gewappnet? Antworten lieferten Mathias Imbach, Luc Schuurmans und Peter Hody am ersten Zoom-Talk von schweizeraktien.net, der in Zusammenarbeit mit finews.ch stattfand.
Von Björn Zern, Gründer und Autor von schweizeraktien.net
Mathias Imbach, Co-Gründer der 2017 auf digitale Vermögenswerte oder «Digital Assets» fokussierten Sygnum Bank, machte in seinem Referat deutlich, dass «Digital Assets» mehr als nur Kryptowährungen sind. Man fraktioniere mit Hilfe der Blockchain-Technologie die ökonomischen Rechte an Vermögenswerten. Als Beispiele nannte er Kunstwerke, Oldtimer, Weinsammlungen und Immobilien. «Mit dieser Technologie öffnet man auch ein Pool an Assets, die bisher nicht bankfähig waren», umschrieb Imbach die Chancen für Finanzinstitute.
Auf Nachfrage von finews.ch-Chefredaktor Peter Hody räumte er allerdings auch ein, dass bei der Sygnum Bank derzeit die grösste Mehrheit der Transaktionen im Krypto-Bereich anfielen. Bitcoin und Ethereum machten den grössten Anteil am Tradingvolumen aus.
Anlagekunden interessiert, aber zurückhaltend
Auch Luc Schuurmans, stellvertretender CEO der Bank Linth, verzeichnet ein zunehmendes Interesse von Anlagekunden am Krypto-Thema. Etwa 10 Prozent seiner Kunden wollten mehr wissen, erkundigten sich über die Anlagemöglichkeiten. Am Ende seien es aber «deutlich weniger als 1 Prozent», die auch in solche Produkte investieren. Schuurmans sieht aber nicht nur neue Chancen im Anlagegeschäft, die sich durch die Digitalisierung von Vermögenswerten ergeben.
Gerade auch bei der Erbteilung könnten diese künftig eine wichtige Rolle spielen. Denn ganz gleich, ob es sich um ein Kunstwerk oder eine Firma handelt, beides kann durch die Fraktionierung, also die rechtliche Zerlegung in viele Einzelteile, zum Teil im Besitz eines Erben bleiben, während die übrigen Rechte an Dritte verkauft würden.
Fraktionierung von Vermögenswerten möglich
Mit dem Inkrafttreten der DLT-Vorlage Anfang Februar ist es nun möglich, diese «Einzelteile» oder «Tokens» ganz offiziell auszugeben. Sygnum nutzte die neuen rechtlichen Möglichkeiten auch gleich, um ein Weinportfolio zu tokenisieren. Und auch das Fintech daura tokenisierte in den letzten Wochen die Aktien von Schweizer Firmen.
Imbach bietet mit seiner Sygnum Bank anderen Finanzinstituten in diesem Bereich Outsourcinglösungen an. Konkret müssen Retailbanken nicht selber in Technologie und Infrastruktur investieren, sondern können sogenannte «White Label»-Lösungen bei Sygnum einkaufen.
Darin sieht auch Schuurmans Chancen für die Retailbanken. «Unsere Stärke ist und bleibt die klassische Beratung», gab er sich überzeugt. Dennoch könne er sich vorstellen, dass digitale Vermögenswerte eines Tages zum Standardangebot einer Retailbank gehören werden.
Am Anfang einer langen Reise
Angesichts der vielen Chancen, die sich aus den neuen Möglichkeiten ergeben, sprach Hody zusammenfassend vom Beginn einer langen Reise, an deren Anfang wir derzeit stehen würden. Und Schuurmans fügte hinzu: «Alles erinnert ein wenig an die Zeiten des Goldrausches in Amerika».
schweizeraktien.net wird die Reise weiter begleiten. Am 20. Mai findet der nächste Zoom-Talk statt. Wir sprechen dann mit Alain Kunz, Head Digital Assets Bank Cler, und Desireé Velleuer, Co-Gründerin Crypto Consulting, über konkrete Angebote und Produkte für Anlagekunden. Am 8. Juni findet eine Präsenzveranstaltung mit einem Referat von Andréa Maechler, Mitglied des Direktoriums der SNB, im Restaurant Metropol in Zürich statt.