Der Schweizer Derivate-Spezialist Leonteq hegte schon immer globale Ambitionen. Allein: Die Partner fehlten. Um das Problem zu lösen, baut das Unternehmen nun an einem ganz grossen «Schiff».
Leonteq hat sich in seiner noch relativ jungen Geschichte bereits einige Male innerlich wie äusserlich gewandelt: vom cleveren Derivate-Spezialisten und von Goldman-Sachs-Händlern aufgebauten Nischenanbieter zur sprintenden Vertriebsmaschine – vom Börsenliebling zum gefallenen Star, vom reinen Produkteanbieter zur Technologie-Plattform und weiter zum Fintech und wieder zurück zur Technologie-Plattform.
Unterm Strich ist Leonteq allerdings immer das geblieben, was es seit der Gründung 2007 schon war: ein Anbieter von Strukturierten Produkten.
Anspruch und Wirklichkeit
Der Weg zum globalen Leader ist steinig, wie auch das am Donnerstag publizierte Halbjahresergebnis zeigt. Die Firma erlitt einen deutlichen Gewinnrückgang. Ansprüche und Kundenbedürfnisse divergieren zuweilen stark; die Produkte von Leonteq und der Emissionspartner waren im ersten Semester nicht sonderlich stark gefragt.
Das seit 2018 von Lukas Ruflin geführte Unternehmen war und ist in seinen Wachstumsambitionen von diesen Emissionspartnern abhängig. EFG International gehört als frühere Muttergesellschaft dazu, Grossaktionär Raiffeisen, die Aargauische Kantonalbank, die Cornèr Bank und seit kurzem, in einem Pilotprojekt, die Postfinance. Globale Partner sind unter anderem die Deutsche Bank, J.P. Morgan und Standard Chartered.
Da gab es ein oder zwei Probleme
Schon früher hatte Leonteq mit Hilfe von solchen Partnerschaften das Ziel gehabt, die beliebige Skalierbarkeit der eigenen Emissionsplattform unter Beweis zu stellen. In der digitalen Plattform-Ökonomie ist Skalierbarkeit tatsächlich das einzig Wahre.
Doch im Leonteq-Modell gab es ein oder zwei Probleme: Erstens war das Onboarding von neuen Partnern auf die Leonteq-Plattform eine komplizierte und zähe Angelegenheit.
Zweitens setzten Regulatoren der Skalierbarkeit indirekt Grenzen: Denn die Leonteq-Partner stiessen aufgrund von Kapitalvorschriften bei der Emission von «Strukis» offenbar teilweise an ihre Grenzen. Sprich: Die Skalierbarkeit blieb eingeschränkt, weil die Partner schlicht nicht grosse Volumen emittieren konnten.
Neue, smarte Idee
Das Problem erkannte Leonteq erst spät – als die unter Mitgründer und CEO Jan Schoch geschriebene Erfolgsstory schon längst zum Restrukturierungsfall geworden war. Doch Anfang 2018 kam Leonteq, Ruflin war gerade zum CEO ernannt worden, mit einer neuen, smarten Idee: der sogenannten Smart Hedging and Issuance Platform, kurz Ship genannt.
Nun ist die Geschichte von Leonteq nicht arm an «smarten» Leuten und Ideen. In Erinnerung ist beispielsweise die «Smart Data»-Initiative von Mitgründer Michael Hartweg, die allerdings mit seinem Austritt 2015 begraben wurde.
Drei Partner plus vier
Auf Ship will Leonteq nun aber seine Zukunft bauen. Wie der Halbjahrespräsentation vom Donnerstag zu entnehmen ist, kommt das Projekt gut voran. Drei Partner, es sind wohl Investmentbanken, sind bereits an Bord, die Nummern 4, 5, 6 und 7 seien im «Onboarding»-Status.
Was machen diese Partner? Sie übernehmen eine für die Kapitaleffizienz von Leonteq und der Emissionspartner wichtige Funktion, nämlich das Absicherungsrisiko. Das heisst, die Ship-Partner sind die Gegenpartei für die Emission von Produkten, was bislang vor allem Leonteq überlassen war.
Ship hebt Grenzen auf
Das Projekt macht deutlich, woran es vorher gehapert hat. Das Wachstumspotenzial von Leonteq war aufgrund von Kapitalanforderungen schlicht begrenzt. Ship soll diese Grenzen nun aufheben. Leonteq glaubt, mit Ship die einzige Produkteplattform in der Branche zu werden, welche die von Drittparteien gestellte Anleihen- und Optionskomponente in einem «Struki» voll automatisieren kann.
Kunden erhalten somit auch die Möglichkeit eineer Hedging-Dienstleistung, was den Aufbau einer – in eigenen Worten – «wahrhaft skalierbaren und führenden Plattform für Strukturierte Produkte» ermöglicht, während die eigene Bilanz nicht strapaziert wird.
Nicht ohne Partner
Aber eben: Ohne Partner geht es nicht. Laut CEO Ruflin führt Leonteq mit weltweit führenden Investmentbanken die nötigen Gespräche – ohne Namen zu nennen. Bis 2020 soll «das Ship» soweit gebaut sein, dass es ablegen kann.