Der Goldpreis dürfte 2017 steigen, zumal sich die Negativzinsen weiter ausbreiten würden, sagt Ned Naylor-Leyland im Interview. Der Rohstoff-Experte hat auch sonst noch ein paar unorthodoxe Ansichten auf Lager.
Herr Naylor-Leyland, die Finanzmärkte scheinen von überdurchschnittlich vielen Unsicherheiten geprägt zu sein. Die Volatilität ist hoch, die sind Risiken enorm. Warum reagiert Gold – das als Krisenwährung gilt – nicht stärker auf eine solche Situation?
Viele Anleger glauben, Gold richte sich nach dem Risikobewusstein der Anleger oder nach der geopolitischen Aktualität oder ganz einfach nach Angebot und Nachfrage. Doch meines Erachtens sind es einzig und allein die Zinserwartungen, die den Goldpreis in Dollar bestimmen.
Oder anders gesagt: Gold hat sich in den vergangenen zwei Jahren nicht stärker bewegt, weil es im Devisenmarkt als Alternative zum Bargeld gehandelt wird.
«Die Zinseröhungen sind im Gold schon vollständig eingepreist»
Dabei machen die Investoren eine Opportunitätskosten-Rechnung und entscheiden so, ob sie Bargeld lieber in Form von Gold oder Dollar halten. Und derzeit spricht eher mehr für den Dollar.
Sind denn die nächsten Zinsschritte der US-Notenbank schon im Gold eingepreist?
Bereits vollständig. Ich denke sogar, dass mehr Zinserhöhungen eingepreist sind als es nächstes Jahr tatsächlich geben wird.
Politische Ereignisse, wie ich bereits erwähnte, haben meines Erachtens kaum einen Einfluss – ausser, sie beeinflussen die weitere Zinsentwicklung.
Was könnte 2017 zu signifikanten Preisfluktuationen im Gold führen?
Vermutlich wird das Tempo der einzelnen Zinserhöhungs-Schritte respektive das Ausbleiben solcher im Verhältnis zur Inflationen einen Einfluss haben.
Asiatische Investoren gelten als «goldaffin». Warum?
Viele asiatische Investoren trauen weder Papierwährungen noch ihren Regierungen. Allerdings muss ich auch gleich ergänzen, dass viele Asiaten gerne «Papiergold» in sehr grossen Mengen kaufen, was sie einem enormen Gegenparteien-Risiko aussetzt. Beim Kauf von physischem Gold ist dies nicht der Fall.
«Sie kaufen immer noch Gold und stossen amerikanische Staatsanleihen ab»
Dieses Phänomen ist auch anderswo auf der Welt zu beobachten. Investoren sollten sich immer bewusst sein, dass es sicherer ist, physisches Gold zu halten oder dann halt nur auf wirklich erstklassige «Gold-Papiere» zu setzen.
Die Zentralbanken vieler Schwellenländer haben in den vergangenen Jahren grosse Mengen an Gold für ihre Devisenreserven erworben. Ist das immer noch der Fall?
Ja, sie kaufen immer noch Gold und stossen gleichzeitig amerikanische Staatsanleihen ab. Ich glaube, daran wird sich bis auf weiteres nichts ändern.
«Die nächste Goldhausse geht von westlichen Finanzinvestoren aus»
Die verschiedenen Notenbanken der G20-Gruppe halten mittlerweile mehr als 18 Prozent ihrer Reserven in Goldbarren und ähnlichen Formen.
Könnte die nächste Goldhausse von asiatischen Investoren ausgehen?
Nein, das glaube ich nicht – eher von westlichen Finanzinvestoren, die für ihre Cash-Bestände auf Grund der Tiefst- oder gar Negativzinsen nicht länger bestraft werden möchten.
Gibt die politische und wirtschaftliche Entwicklung in Europa derzeit genügend Anlass, um Gold als Absicherung zu kaufen?
Ja natürlich, wobei dies auf kurze Sicht den Goldpreis nicht beeinflussen wird. Aber ein Investment in das gelbe Edelmetall ist zumeist eine gute Diversifikationsmöglichkeit.
Wie viel Gold besitzen Sie persönlich?
Rund 90 Prozent meines Netto-Vermögens ist in Gold angelegt.
Welchen Anteil an Gold sollten Investoren idealerweise in ihren Portfolios halten?
Wissenschaftliche Studien sprechen von 5 Prozent. Persönlich befürworte ich einen höheren Anteil, nicht zuletzt vor dem Hintergrund der systemischen Risiken an den Finanzmärkten.
Welche Goldpreis-Entwicklung erwarten Sie im nächsten Jahr?
Ich rechne mit höheren Preisen, da sich die Negativzinsen weiter ausbreiten werden. Der Ausblick für 2017 präsentiert sich ähnlich wie derjenige von 2016. Die Märkte erwarteten mehrere Zinsschritte, am Ende gab es einen einzigen. Mich würde es nicht überraschen, wenn wir im nächsten Jahr eine ähnliche Entwicklung sähen.
Ned Naylor-Leyland ist seit bald zwanzigen Jahren in der Finanzbranche tätig. Als Fondsmanager bei Old Mutual Global Investors betreut er den Old Mutual Gold & Silver Fund.