Der Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann präsentierte sich diese Woche am «Zeit»-Gipfel in Zürich mit erneuertem Selbstvertrauen.
Natürlich: News waren nicht zu erwarten von diesem Abend. Einen Tag vor Urlaubsbeginn fand sich Josef Ackermann zu einem sehr relaxten Podiumsgespräch im Zürcher «Kaufleuten» ein: Die Rolle des Schweizers in Deutschland, das Image der Banker, die Lektionen aus der Finanzkrise – dies waren Themenfelder, die sein Gesprächspartner Giovanni di Lorenzo im Rahmen der Veranstaltung der Wochenzeitung «Die Zeit» anschnitt.
Und so erfuhr man, dass der Chef der Deutschen Bank in Deutschland immer sehr offen aufgenommen wurde oder dass er als Schweizer im Berufsalltag allenfalls Probleme bekam, weil er bei Sitzungen so komische Begriffe wie «Traktandenliste» oder «Pendenzen» in den Mund nahm.
Botschaft richtig, Timing falsch
Ohnehin, so Ackermann, gebe es in einer fremden Kultur ein ganz einfaches Prinzip, um Anerkennung zu finden – egal, ob man sich nun nach Deutschland oder nach Japan begebe: «Man muss ein Gefühl des Respekts für die andere Kultur an den Tag legen.» Dann sei es auch kein Problem, wenn man bei einer Teezeremonie einen formalen Fehler begehe.
Ackermann würzte seinen Auftritt mit Banker-Bonmots (so vertrat er einmal die Trader-Weisheit «Better be lucky than smart»), und vereinzelt brachte er die grossen Entwicklungen scharf auf den Punkt. So resümierte er den Entscheid, Lehman Brothers fallen zu lassen, mit dem knappen Satz: «Die Botschaft war eigentlich richtig – das Timing war katastrophal.»
Die dieser Tage heiss diskutierten Themen rund um die Deutsche Bank umschiffte Ackermanns Gesprächspartner, «Zeit»-Chefredaktor Giovanni di Lorenzo – also etwa die Rolle bei der HRE-Rettung oder die Differenzen mit Deutsche-Bank-Präsident Clemens Börsig. Zum Thema wurden allerdings die zuvor verkündeten Halbjahreszahlen: Auf den Einwand, dass der Semestergewinn von 2,3 Milliarden Euro ja diverse Analysten enttäuscht habe, stellte Ackermann seine Grundsatzhaltung klar: Nach dieser Krise habe man sich «mit Disziplin» überlegen müssen, ob man Risiken wie zuvor wieder nehmen wolle, «und ich würde sagen: Nein». Dass seine Bank dennoch – trotz grösserer Zurückhaltung und gesenkter Bilanzsumme – 2,3 Milliarden Euro verdient habe, beweise ihre Ertragsstärke.
Er wolle die Botschaft vermitteln, dass man sich auf die Deutsche Bank verlassen kann – auch weil sie gewisse Risiken nicht eingeht. Seine Bank sei so gut durch die Krise gekommen, weil sie immer konstant gewesen sei und in guten Zeiten auch manchmal gesagt habe: «Halt, da machen wir nicht weiter».
Nächster Problemberg: Kreditausfälle
Weiter diskutierte Ackermann einen Kommentar in der «Zeit», der soeben unter dem Titel «Die Krise ist vorbei» erschien: Man könne zwar hoffen, dass «wir uns im 2. Halbjahr in einem positiven Bereich bewegen», aber dabei befinde man sich ja auf wesentlich tieferem Niveau. Vorbei sei die Krise noch lange nicht. In einzelnen Industrien müsse man immer noch einen Auftragseinbruch von 30 bis 50 Prozent verschmerzen, und dies sei längst nicht verarbeitet. Vor allem: In vielen Bereichen würden die Kreditausfälle noch zunehmen.
Die Finanzkrise sei eben kein Tsunami gewesen – wie oft dargestellt –, sondern eine Serie von Erdbeben mit wechselnden Epizentren. So habe das Investmentbanking jetzt begonnen, wieder gut zu arbeiten; andererseits stünden wichtige Kreditausfälle erst an – «und da werden auch Banken getroffen, die bisher relativ gut dastanden.»
Verständnis für Steinbrück
Auf eine Frage aus dem Publikum wurde Ackermann mit dem UBS-Prozess in Miami konfrontiert – allerdings wollte der Banker zum konkreten Fall keine Stellung nehmen. Grundsätzlich aber habe er schon in den Neunzigerjahren gesagt, dass sich das helvetische Private Banking auf Performance ausichten müssen – nicht auf das Bankgeheimnis. Und nun sei definitiv klar geworden, dass die Schweiz den Unterschied zwischen Steuerbetrug und Steuerhinterziehung im Ausland nicht verständlich machen könne. Der Druck in dieser Frage sei grösser geworden, «und er wird auch nicht verschwinden».
Dazu passend äusserte Josef Ackermann eingangs auch ein gewisses Verständnis für Peer Steinbrück und dessen Tonfall im Bankgeheimnis-Streit: Vertreter des Staates wie Steinbrück hätten in der Krise eine enorme Belastung erfahren und auch Grund zur Verärgerung gehabt – «dass man da gespannt reagiert, muss man verstehen». Die grundsätzliche Entwicklung sei andrerseits leicht erklärbar: Man habe in der Krise einige Sündenböcke gefunden, beispielsweise die Steueroasen, die Hedge Funds und das Investmentbanking – dies sei umso einfacher gegangen, als die wenigsten Leute wissen, worum es da genau gehe.
Aber Steinbrück selber liebe die Schweiz; das wisse er, sagte Ackermann versöhnlich. Und er habe sogar kürzlich einen Verwandten des Finanzministers getroffen, der sich im Namen der Familie bei allen Schweizern entschuldigen wollte.