Die Zinsentwicklung sei ein wichtiges Indiz für die Entwicklung des Goldpreises, sagt Degussa-Chefökonom Thorsten Polleit.
Grundsätzlich zeige sich eine negative Beziehung zwischen Goldpreis und Zins, erklärt Thorsten Polleit (Bild). Das liege daran, dass bei steigenden Zinsen die Goldhaltung «teurer» werde (weil dem Goldhalter Zinserträge entgehen), und folglich ein steigender Zins die Goldnachfrage und damit letztlich auch den Goldpreis dämpfe.
Mittlerweile habe sich der Zinsauftrieb in den USA wieder abgeschwächt beziehungsweise umgekehrt: Die Zinsen für 10-jährige Staatsanleihen seien wieder auf etwa 2,6 Prozent gesunken. Im Prinzip eröffne sich damit die Möglichkeit eines wieder höheren Goldpreises, schreibt Polleit in seinem neusten Report.
ETF bauen Gold ab
Dem stehe allerdings eine weiter rückläufige Goldnachfrage von Seiten der institutionellen Anleger gegenüber. Vor allem bei den Exchange Traded Funds (ETF) sei ein fortgesetzter Abbau der Goldbestände zu beobachten, berichtet Polleit. Anfang Oktober 2013 seien diese unter die Marke von 62 Millionen Feinunzen gefallen – Ende 2012 beliefen sie sich noch auf knapp 85 Millionen Feinunzen.
Zwar habe sich der Abbau deutlich verlangsamt gegenüber den letzten Jahren, aber er sei weiterhin rückläufig, unterstreicht der Degussa-Chefökonom. Ganz offensichtlich hätten institutionelle Investoren und ihre Kunden einen geringeren Absicherungsbedarf und suchten verstärkt nach Renditemöglichkeiten auf den Obligationen- und Aktienmärkten.
Trügerische Sicherheit
Polleit sagt ganz klar: «Edelmetallinvestoren sollten weiterhin mit einer ausgeprägten Schwankungsanfälligkeit der (ohnehin bereits sehr volatilen) Edelmetallpreise rechnen.»
Die fortgesetzten «Krisenbekämpfungspolitiken» erweckten den Eindruck, die Notwendigkeit, Edelmetalle als Absicherungsinstrument zu halten, sei weniger dringlich geworden.
Janet Yellen gilt als «Taube»
Dem sei aber entgegenzuhalten, dass die internationale Schuldenkrise keineswegs überwunden sei, und dass Sparer und Investoren gut beraten seien, ihre «herkömmlichen» Finanzvermögensanlagen mit Edelmetall-Beimischungen gegen die Entwertung zu schützen beziehungsweise zu versichern.
Mit Blick über den Atlantik sagt Polleit: «Der Führungswechsel bei der US-Zentralbank – den Vorsitz übernimmt die bisherige Vize-Fedchefin Janet Yellen Ende Januar 2014 – spricht dafür, dass der bisherige Kurs des Geldvermehrens fortgeführt wird. Yellen gilt als «Taube» und favorisiert eine Politik des negativen Realzinses als Reaktion auf die Schuldenkrise. So gesehen sollten die Edelmetalle Rückenwind – beziehungsweise keinen Gegenwind – bekommen von der US-Geldpolitik.