Headhunter: «CEO bei einer Kantonalbank ist einer der coolsten Jobs»

Fredy Hausammann, Managing Partner bei Amrop Executive Search, ist einer der renommiertesten Berater im Reich der Kantonalbanken. Im Gespräch mit finews.ch erklärt er, was den Reiz dortiger Top-Jobs ausmacht, wie viel Politik in der Rekrutierung steckt – und weshalb Lohndeckel aus seiner Sicht nicht nötig sind.

Herr Hausammann, in den Führungsetagen der Kantonalbanken passiert derzeit einiges. Susanne Thellung verlässt die SZKB in Richtung ZKB, gerade gestern hat die Urner Kantonalbank ihren neuen CEO präsentiert…

Über einzelne Institute kann ich mich nicht äussern – wir beraten ja viele davon. Aber ich möchte gleich zu Beginn eines sagen: Die Geschäftsleitungsposition bei einer Kantonalbank ist meines Erachtens einer der coolsten Jobs im Schweizer Banking!

Was macht solche Jobs so attraktiv?

Kantonalbanken haben eine enorm treue Kundschaft, starke Marken mit hoher Glaubwürdigkeit – und ein spannendes Marktgebiet, das meist über den Kanton hinausreicht. Dazu kommt die Rückendeckung des Kantons, oft verbunden mit unternehmerischer Freiheit. Sie führen eine Universalbank mit einem breit gefächerten Angebot – das ist attraktiv für Kunden und Mitarbeitende. Die Ertragskraft ist nachhaltig, die Verantwortung umfassend. Und: Die durchschnittliche Qualität der Mitarbeitenden ist sehr hoch. Das ist ein hervorragendes Fundament für gutes Banking.

Und dennoch hört man, dass es häufig schwierig ist, passende Kandidaten zu finden. Warum?

Ein zentrales Thema ist die regionale Verankerung. Die Kantonalbanken – aber auch ihre Eigentümer und die Politik – erwarten von der Geschäftsleitung eine glaubwürdige Bindung an die Region. Deshalb frage ich Kandidatinnen und Kandidaten immer zuerst: «Wie mobil sind Sie in der Schweiz?» Die Antwort ist oft ernüchternd. Der Deutschschweizer ist da nicht besonders flexibel. Dabei ist lokale Verankerung essenziell – entweder durch bestehende Verbindungen zum Kanton oder durch echtes Interesse, sich auf die Region einzulassen. Wer das mit Überzeugung macht, wird in der Regel auch akzeptiert.

«Die lokale Verankerung essenziell.»

Wie stark ist der Einfluss der Wohnsitzfrage?

Beim CEO ist das meist Pflicht. Aber man darf nicht vergessen: Das sind Menschen mit Familien, mit schulpflichtigen Kindern oder Partnern mit eigener Karriere. Da wird es schnell kompliziert. In gewissen Fällen geht es dann nur mit Kompromisslösungen, z.B. zwei Wohnsitzen. In anderen Fällen braucht es schlicht Geduld, bis ein Umzug möglich ist. Bei Funktionen ohne viel Kundenkontakt – z.B. COO-Rollen – wird die Wohnsitzfrage weniger stark gewichtet.

Wie durchlässig ist der Arbeitsmarkt zwischen Kantonalbanken und Privatbanken?

Deutlich durchlässiger als früher. Seit gut zwanzig Jahren verfolgen die Kantonalbanken das Ziel, ihre Erträge zu diversifizieren – also weg vom reinen Zinsgeschäft, hin zu mehr Kommissionen, sprich: mehr Anlagegeschäft. Dafür braucht es Leute mit Private-Banking-Erfahrung. Besonders gefragt sind Persönlichkeiten, die auf das Schweizer Geschäft fokussiert sind. Für rein international geprägte Banker ist es schwieriger.

Und gibt es auch den Rückweg von der Kantonalbank zurück in den Privatsektor? Oder ist man als Langweiler abgestempelt?

Diesen Weg gäbe es absolut. Früher war da ein gewisser Stallgeruch, heute längst nicht mehr. Die Kantonalbanken sind heute in Sachen Führung, Kultur und Dynamik hervorragend positioniert.

«Besonders gefragt sind Persönlichkeiten, die auf das Schweizer Geschäft fokussiert sind.»

Wer dort etwas aufgebaut hat – etwa das Private Banking –, kann durchaus zu einer renommierten Privatbank wechseln. Das könnte ja auch einmal seinen Reiz haben! Aber: Es kommt selten vor. Die Jobs bei den Kantonalbanken sind in der Summe aller Dinge einfach sehr attraktiv.

Kantonalbanken sind sehr politisch geprägt.

Bezüglich Eigentümer stimmt das. Und genau deshalb müssen Führungspersonen eine hohe Akzeptanz für dieses Setting mitbringen. Wer sich daran stört, ist fehl am Platz. Wer sich aber bewusst auf die Spielregeln einlässt, kann viel bewirken – auch weil die Politik am langfristigen Erfolg interessiert ist. Wichtig ist, die Beziehung mit der Politik aktiv zu pflegen – besonders als Bankratspräsident und CEO. Wenn das vernachlässigt wird, rächt sich das, und das gegenseitige Verständnis nimmt ab.

«Früher war der Banker eine Respektsperson, heute ist er oft Zielscheibe.»

… ein Stichwort, das in diesem Zusammenhang immer wieder fällt: Lohndeckel. Warum haben sie sich politisch so stark verbreitet?

Weil der Ruf des Bankensektors über Jahre gelitten hat – nicht zuletzt seit der globalen Finanzkrise. Früher war der Banker eine Respektsperson, heute ist er oft Zielscheibe. Öffentlichkeit und Politik haben den Eindruck: Alle Banker würden zu viel verdienen. Auch wenn die Kantonalbanken lange ausgenommen waren, haben die zwei bekannten Skandale am Schweizer Finanzplatz dem Ruf aller Banken geschadet. Dazu kommt: Bei Kantonalbanken kann die Politik sehr direkt Einfluss nehmen.

Es ist ja schon nachvollziehbar, dass bei Kleinstbanken wie Uri, Schaffhausen oder Appenzell, die innerhalb einer UBS einer kleinen Filiale entsprächen, Ärger entsteht, wenn der CEO gegen 1 Million Franken verdient.

Dieses Bild ist weit von den Fakten entfernt, und der Vergleich mit einer UBS-Filiale unpassend. Man muss die einzelnen Banken differenziert anschauen. Die Schaffhauser KB ist übrigens einiges grösser als die KBs von Appenzell und Uri. Zudem sind die Löhne meistens gar nicht so hoch wie angenommen, sondern den Marktverhältnissen angemessen. Etwas mehr Lohn-Transparenz könnte da wohl helfen. Die Banken wirtschaften erfolgreich und nachhaltig, sie liefern den Kantonen Dividenden und Staatsgarantie-Abgeltungen. Das sollte gepflegt, nicht abgemahnt werden. 

Diese Lohndeckel sind aber breit politisch abgestützt – auch von Mitte und Rechts.

Ja, das ist ein gesellschaftliches Phänomen, das mit der Skepsis von Politik und Gesellschaft gegenüber dem Bankensektor zusammenhängt. Aber es greift zu kurz. Die Löhne in den Kantonalbanken sind im Schnitt vernünftig – gemessen an Verantwortung, Ertrag und Bedeutung für den Kanton.

«Die Löhne in den Kantonalbanken sind im Schnitt vernünftig.»

Werden solche Vorgaben zum Hindernis bei der Rekrutierung?

Das kommt auf die Ausgestaltung an. Wenn die Gesamtvergütung für die GL einigermassen marktgerecht limitiert wird – solche Beispiele haben wir jüngst gesehen – dann werden CEO- und GL-Rekrutierungen nicht massgeblich behindert. Bei einem Lohndeckel für den CEO muss man sehr sorgfältig vorgehen und die Marktverhältnisse kennen. Es könnte sonst passieren, dass externe Rekrutierungen stark eingeschränkt werden, weil die Funktion im Vergleich mit ähnlich Banken finanziell deutlich schlechter bezahlt ist – das wirft Fragen bezüglich Wertschätzung auf und kann Kandidaten abschrecken.

Letzte Frage: Wie professionell laufen Rekrutierungen bei Kantonalbanken heute ab?

Sehr professionell. Ich kann auf dutzende Mandate in den letzten Jahren zurückblicken. Die Bankräte lassen sich fast immer extern begleiten, die Prozesse entsprechen meistens Best Practices, was u.a. auch von der Finma erwartet wird. Auf Ebene Bankrat und Verwaltungsrat hat sich ebenfalls viel getan – das sind heute anspruchsvolle VR-Mandate, und es wird eine gute Governance gelebt. Auch hier läuft vieles über saubere Evaluations- und Auswahlprozesse. Die Verantwortlichen wissen um die Wichtigkeit ihrer Aufgabe – und handeln entsprechend.