Der smarte angelsächsische Banker und UBS-Präsident Colm Kelleher erkannte blitzschnell, dass ihm ein gefährliches Power-Play drohen könnte. Darum hat er zuletzt rasch und zielstrebig gehandelt – aber ganz in seinem Sinne, sich dereinst ein Denkmal zu setzen.
Alle Blicke richten sich nun auf Sergio Ermotti, sozusagen auf den verlorenen Sohn, der als CEO zur UBS zurückkehrt, um sie in ihrer neuen und eigentlich irren Dimension auf Erfolgskurs zu bringen.
Der Tessiner ist zweifelsohne eine brillante Wahl, verkörpert er doch all das, was vor allem der buntgescheckten Credit-Suisse-Spitzentruppe der vergangenen Jahre in ihrer Summe völlig abging: Er kennt das Bankgeschäft von der Pike auf, er besitzt Auslandserfahrung, er hat bei mehreren Finanzkonzernen in verschiedenen Geschäftsbereichen gearbeitet, und er strahlt die schweizerische Bodenständigkeit und Integrität aus, die nun noch wichtiger ist.
Sich ein Denkmal setzen
Die Personalie Ermotti ist gleichzeitig aber vor allem ein tollkühner Handstreich des derzeitigen UBS-Präsidenten Colm Kelleher. Denn, und darüber herrscht in Schweizer Finanzkreisen schon längst Einigkeit, er ist es, der alle vor sich hertreibt. Er, der Wall-Street-gestählte Vollblutbanker, der sich mit der UBS 2.0 ein ewiges Denkmal setzen kann – und auch will.
Doch genau unter diesen Prämissen wurde dem irischen Bürger seit der Übernahme-Ankündigung auch bewusst, dass ihm die Felle davonschwimmen könnten. Gründe dafür gibt es einige.
Dorn im Auge des Zürcher Establishments
Erstens ist die «Monster-UBS», die aus der Not geboren wurde, für das schweizerische Volksverständnis viel zu gross. Zweitens stellt das Mega-Konstrukt, das die noble Zürcher Alfred-Escher-Bank schluckt, für das hiesige Wirtschafts- und Polit-Establishment bestehend aus Freisinn, «CS», Zünften und «NZZ», einen inakzeptablen Koloss dar. Das spürte Kelleher zuletzt immer mehr, und so realisierte er auch, dass «seine» Giga-UBS schon in ihren Anfängen zu einem Rohrkrepierer mutieren könnte.
Doch Kelleher ist smart genug, auch in einer solchen Situation einen kühlen Kopf zu bewahren. Also warf er sein Geschwätz von gestern über Bord respektive schickte seinen CEO, den Holländer Ralph Hamers, den er zuvor noch als den fähigsten Mann für die neue UBS bezeichnet hatte, in die Wüste und rief am Montag vor einer Woche Sergio Ermotti an, der bereits in Lauerstellung lag, nachdem ihn die freisinnig-gestimmte «NZZ» in ihren Spalten bereits als CEO in spe – zunächst erfolglos – portiert hatte.
Arbeiterbank übernimmt Zürcher Nobelbank
Der Rest ist Geschichte. Mit dem Tessiner Ermotti schlägt Kelleher gleich mehrere Fliegen auf einen Streich: Erstens hat die Schweiz nun wieder einen hiesigen Sympathieträger als Identifikationsfigur an der Spitze der neuen UBS, und gleichzeitig kann sich das Zürcher Establishment damit brüsten, anstelle des agilen Holländers Hamers einen bürgerlich denkenden Schweizer auf die Kommandobrücke jener Bank gehievt zu haben, die historisch gesehen in der Arbeiterstadt Winterthur gegründet wurde, und in den nächsten Jahren die Stadtzürcher Nobelbank CS schlucken wird.
Drittens kennt Ermotti die UBS bereits aus eigener Erfahrung. Und viertens bringt er auch genügend Erfahrung aus dem Investmetbanking mit; was für die Integration der CS entscheidend sein wird.
Es würde nicht überraschen, wenn bei der ganzen Zusammenführung schliesslich doch noch irgendeine Einheit den Namen «Credit Suisse» behalten würde – vielleicht sogar «SKA». Topp, die Wette gilt.