Dass die Banken steigende Leitzinsen nicht über Nacht eins zu eins an die Kundinnen und Kunden weitergeben, ist üblich. Doch läuft es diesmal anders?
Der Zinsschritt der Schweizerischen Nationalbank (SNB) am Donnerstag mit einer Anhebung um 50 Basispunkte auf nun 1,5 Prozent war allgemein erwartet worden. Die Manager im Retailgeschäft und die Marketingchefs der Schweizer Banken hatte also genügend Zeit, sich zu überlegen, wann und um wieviel sie die Zinsen auf Einlageguthaben anheben wollen.
Doch das Ergebnis fällt nüchtern aus. Zwar hat eine Handvoll Banken angekündigt, ihre Zinssätze hochzufahren. Im Schnitt liegen die Steigerungen bei Sparkonten bei den nun gemeldeten Anpassungen aber bloss bei 30 Basispunkten. Zudem vollziehen einige Institute die Änderungen schon Anfang April, andere lassen sich Zeit bis im Mai.
Unterschiedliche Anpassungen
So erhöht etwa die Postfinance die Zinssätze auf Spar- und Vorsorgekonten Anfang Mai: Auf Sparkonten gibt es neu 0,7 Prozent bis 50'000 Franken. Zuvor waren es 0,4 Prozent bis 25'000 Franken gewesen.
Bereits kurz vor der SNB-Entscheidung präsentierte die Bank WIR ein neues Sparprodukt («Sparkonto plus»), das eine Verzinsung von 1,8 Prozent bietet. Auch die Verzinsung aller übrigen Spar- und Vorsorgeangebote steigt schrittweise ab April um insgesamt mindestens 0,3 Prozent.
Bei der Graubündner Kantonalbank (GKB) geht es bei den langfristigen Sparguthaben je nach Stufe der sogenannten «Sparpyramide» neu bis zu 1 Prozent hinauf. Auch die Baloise Bank bietet nun 1 Prozent. Noch höher geht die Valiant. Die Bank verzinst das Neugeld auf dem Sparkonto Plus mit 1,5 Prozent.
Die Stunde der Lockvögel
Apropos Neugeld: Jetzt schlägt auch die Stunde der Lockvogel-Angebote, mit denen der tatsächlich längerfristige Zinsertrag kaschiert oder durch eine Reihe von Bedingungen die Verfügbarkeit beschränkt werden.
Höhere Zinsen nur für neu eröffnete Konten oder Neugeld, Beschränkungen bei den kostenlosen Rückzügen oder Kündigungsfristen mit entsprechenden Straftarifen bei Nichteinhaltung gehören fast überall zum Repertoire.
Kniffe und Klauseln
Nicht zu vergessen sind ausserdem die laufenden Gebühren. Damit man beispielsweise bei der Postfinance die Gebühren von 60 Franken pro Jahr für das Bankpaket über Zinsen wieder hereinholt, braucht es hier mindestens 8'570 Franken auf dem Sparkonto.
Die unterschiedlichen Bedingungen, Kniffe und Klauseln machen einen Vergleich zwischen den Angeboten für die Bankkundinnen und Kunden sehr schwierig. Zwar haben die Preisüberwacher in ihrem letzten Bericht den Banken bei der Transparenz Fortschritte attestiert, die Gebühren aber als zu hoch kritisiert.
Behäbigkeit der Kundinnen und Kunden
Tatsächlich hatten die Banken in der Zeit der niedrigen Zinsen die Gebühren erhöht und ausgeweitet. Wie bei den Zinsen lässt man sich auch hier für eine Trendwende gerne Zeit und setzt auf die Behäbigkeit der Kundinnen und Kunden. Ein scharfer Wettbewerb sieht anders aus.