Die schnell expandierende Zürcher Vermögensberaterin stösst nun auch ins Plattform-Geschäft vor. Sie lanciert ein digitales Werkzeug, das die Verheissungen von Familie Offices auch einer breiteren Kundschaft zugänglich machen soll.
Jedem sein eigenes Wealth Office: Das ist das neueste Versprechen der umtriebigen Zürcher Vermögensberater von Zwei Wealth. Dazu lancieren sie ein neues Digitalangebot, das auf dem PC oder Smartphone die wesentlichen Funktionen einer unabhängigen Betreuung abbildet – inklusive Chat (siehe Grafik unten) mit der persönlichen Beraterin und einem Tool für die Ausschreibung von Verwaltungsaufträge an Asset Manager und Banken.
«Wir demokratisieren die Vermögensverwaltung», sagt Zwei-Wealth-Chef Patrick Müller zu finews.ch. Er hat das Unternehmen im Jahr 2014 gemeinsam mit dem ehemaligen UBS-Chefökonomen Klaus Wellershoff gegründet.
Tatsächlich haben Family- und Wealth-Offices bis anhin herzlich wenig mit Demokratie zu tun, sondern gelten selbst unter Superreichen als exklusiv. Wer sich eigene Verwalter für sein Multimillionen- und Milliarden-Vermögen leistet, kann sich wirklich zu den obersten 1 Prozent der Bevölkerung zählen. Dies, und der Ruf nach Professionalisierung, haben in den vergangenen Jahren einen Boom der privaten Vermögensverwalter befeuert; Schätzungen zufolge stehen rund 70 Prozent der Milliardärsvermögen heute unter der Verwaltung von Family Offices.
(Bild: Zwei Wealth)
Millionäre wollen, was Milliardäre haben
Geht es nach Zwei Wealth, soll die Exklusivität von Family Offices nun bald fallen, obschon auch der Dienst der Schweizer entgegen dem Slogan nicht ganz für jeden ist: Der typische Kunde der Zürcher Berater verfügt über 3 bis 300 Millionen Franken an verwalteten Vermögen und kommt entweder aus dem Lager der reichen Privatleute oder repräsentiert Organisationen und Stiftungen.
Geschäftsleiter Müller ist sich sicher, einen Wachstumsmarkt zu erschliessen. In den nächsten fünf bis zehn Jahren, erwartet er, werden sich die Millionäre wie zuvor die Milliardäre ebenfalls ein eigenes, wenn auch weniger kostspieliges Wealth Office leisten wollen. Nimmt man dazu die Projektion der Grossbank Credit Suisse, dass sich die Millionärsvermögen bis in vier Jahren fast verdoppeln, scheint einiges Potenzial greifbar.
«Win-Win-Win-Situation für alle Beteiligten»
Tatsächlich verlangt Zwei Wealth keine Gebühren für den digitalen Kanal, weder von den Kunden noch von den Vermögensverwaltern und Banken, welche die Plattform ab dem Donnerstag nutzen sollen. «Wir streben eine Win-Win-Win-Situation für alle Beteiligten an», sagt der Chef der Vermögensberatung.
Vermögensverwalter können auf der Plattform um ausgeschriebene Vermögen wetteifern und in direkten Kontakt mit den Kunden treten; als Gegenleistung für den Gratis-Vertriebskanal müssen sie die «Spielregeln» des Wealth Office befolgen und regelmässig Daten zur Vermögensentwicklung in das Wealth Office speisen.
Das kann durchaus händisch geschehen: Die Plattform hat nicht den Anspruch, Portfolio-Bestandteile in Echtzeit abzubilden oder rund um die Uhr für die Kundschaft erreichbar zu sein. «Wir bieten eine Metaebene, die oberhalb von Online-Banking, Portfolio-Management-Systemen und Banking-Software funktioniert und eine Übersicht sowie die Kontrolle über das Vermögen gewähren soll. Hinzu kommt die Kommunikation mit den verschiedenen Dienstleistern, die der Plattform angeschlossen sind.
Hürden umgangen
Das sind nach Angaben von Müller mittlerweile über 400 Banken und Vermögensverwalter; sie stehen potenziell den weit über 1’000 Portfolios mit rund 6 Milliarden Franken «Assets on plattform» von Zwei Wealth gegenüber. Das sind beachtliche Werte, bedenkt man, wie kompliziert der Bau von Schnittstellen zwischen Vermögensverwaltern und Banken für gewöhnlich ist und wie ungern gerade Banken Daten Drittanbietern zur Verfügung stellen. Projekte wie die Digitalbank Flynt, welche die Vermögen von Superreichen konsolidiert darstellen wollte, sind in der Vergangenheit just an diesen Hürden gescheitert.
Zwei Wealth umgeht diese Hindernisse. Die Plattform ist technisch kein Rolls Royce, wie Müller zugibt, sondern «Work in progress». Die Schnittstellen können automatisch oder manuell gespiesen werden und sind so auch kleinen Akteuren zugänglich. Und weil alle von einer Teilnahme profitieren und dafür keine direkten Gebühren zahlen, fallen auch monetäre und Konkurrenz-Bedenken weg.
Einen wesentlichen Unterschied gibt es allerdings zur herkömmlichen Vermögensverwaltung: Die Investoren müssen nicht wie bisher zu den Banken und Vermögensverwaltern kommen – sondern diese zu Ihnen.
Die Zukunft des Swiss Banking?
Nicht gespart hat Zwei Wealth nach eigenen Angaben bei der Sicherheit. Die Plattform entspreche alle Anforderungen der Eidgenössischen Finanzmarktaufsicht (Finma), und der Kunde entscheide allein über die Freigabe von Daten an Dritte, sagt Müller.
«Die Interessenvertretung ist besser, die Transparenz ist immer gegeben, die Handhabung ist einfacher und die Resultate deutlich besser», wirbt er. Da die Plattform als Sammler oberhalb von regulierten Reporting- und IT-Systemen funktioniert, ist sie seiner Meinung nach auch international anwendbar. Darin, glaubt der CEO, liege gar die Zukunft der Schweizer Bankenplatzes. «Wir verwalten nicht mehr die Gelder von Kunden aus aller Welt, sondern agieren als deren Wealth Office.»