Während die Konzernleitung der Credit Suisse über die Zukunft der gesammten Investmentbank sinniert, versucht sich die Schweizer Sparte keine Blösse zu geben und unterstreicht ihre landesweit führende Position.
In der ersten Jahreshälfte von 2022 konnte die Credit Suisse (CS) ihre Führungsposition im Schweizer Investmentbanking mit einem Marktanteil von 14,2 Prozent an generierten Dienstleistungs- und Kommissionsgebühren verteidigen. Damit konnte sie ihre wichtigste Konkurrentin, die UBS, mit einem Marktanteil von 9,7 Prozent auf Distanz halten, wie am Freitag an einem Mediengespräch der CS in Zürich zu erfahren war.
Wie andere Bereiche in der Finanzbranche bekam allerdings auch das CS-Investmentbanking die geopolitischen Turbulenzen seit dem Einmarsch Russlands in der Ukraine zu spüren. Das makroökonomische Umfeld sei entsprechend schwierig, sagte Jens Haas, Schweiz-Chef im CS-Investmentbanking.
Grosser Vorsprung zur US-Konkurrenz
Im ersten Semester 2022 nahmen die Schweizer Investmentbanken insgesamt 365 Millionen Franken an Gebühren ein; im vergangenen Jahr waren es insgesamt noch 996 Millionen Franken gewesen.
Wie von Haas weiter zu erfahren war, setzten einige grosse US-Investmentbanken wie Goldman Sachs, J.P Morgan oder Citi durchaus Mittel und personelle Ressourcen in der Schweiz ein, würden sich aber auf das oberste Kundensegment der grössten Firmen konzentrieren. So bestehe immer noch ein «grosser Abstand» zur Konkurrenz.
Grosse Hoffnung auf eine Reform
Dominique Kunz wiederum, Leiter des Bereichs Debt Capital Markets bei der CS, nahm sich der Reform der Verrechnungssteuer an, die am 25. September 2022 zur Abstimmung kommt. Mit einem Ja zur Vorlage werden die Emission von Obligationen vergünstigt und so der Schweizer Finanzplatz gegenüber anderen Zentren, namentlich Luxemburg, wieder attraktiver gemacht, wie auch finews.ch schon verschiedentlich berichtete.
Kunz legte dar, dass inländische Emittenten von Anleihen einen Aufschlag von 5 bis 15 Basispunkten bezahlten – eine «beträchtliche Differenz» gegenüber ihren Konkurrenten auf anderen Märkten.
Die Abschaffung dieser Steuer würde es grossen inländischen Emittenten, Kantonen und öffentlichen Einrichtungen ermöglichen, ihre Investorenbasis auf alle institutionellen Anleger weltweit auszuweiten. Für grössere Schweizer Unternehmen bedeutet die Reform, dass die von ihnen ausgegebenen Anleihen an der lokalen Börse SIX und nicht länger etwa in Luxemburg kotiert werden könnten.
Noch im Nachteil zu Luxemburg
In einem kürzlichen Gastbeitrag auf finews.ch äusserte sich auch Marcel Rohner, in seiner Funktion als Präsident der Schweizerischen Bankiervereinigung zur Vorlage. Er unterstrich dabei auch, dass die aktuelle Situation insbesondere ein grosser Nachteil für die Ausgabe «grüner Anleihen» (Green Bonds) sei.
Mit einer Reform, so Rohner, könnten grüne Obligationen zur Finanzierung nachhaltiger Projekte günstiger und vermehrt in der Schweiz ausgegeben werden. Auch hier liefert ein Vergleich mit Luxemburg aufschlussreiche Hinweise: Während im Grossherzogtum Luxemburg bis jetzt 1'300 solcher (grünen) Anleihen im Wert von fast 700 Milliarden Euro emittiert wurden, waren es in der Schweiz dagegen nur deren 75 mit einem Gesamtwert von 24 Milliarden Franken.
Die Reform der Verrechnungssteuer würde dazu beitragen, dass dieses Missverhältnis relativ schnell zugunsten der Schweiz verschwindet.
Bekanntgabe einer neuen Strategie Ende Oktober 2022
Die Investmentbank der CS steht derzeit unter Beobachtung. Mit der künftigen Strategie des Konzerns, die am 27. Oktober 2022 präsentiert werden soll, ist mit tiefen Einschnitten, konkret mit Abspaltungen einzelner Geschäftsbereiche, zu rechnen. Damit verbunden wäre auch ein Stellenabbau.
Haas lehnte es in diesem Zusammenhang ab, die laufende Überprüfung zu kommentieren. Er bekräftigte lediglich die starke Position der Investmentbank hierzulande. Zudem verneinte er, dass eine Reduktion der Bilanz der Credit Suisse sein Geschäft beeinträchtigen würde, da es sich dabei vor allem um Vermittlungs- und Beratungsgeschäfte handle.