Gemessen an den jüngsten Ertragszahlen arbeiten Europas Banken so effizient wie seit Jahren nicht mehr. Doch die Branche könnte bald in unwegsames Gelände steuern, nicht zuletzt die Credit Suisse, wie Experten der UBS feststellen.
Die Zahlen für das zweite Quartal 2022 liessen keine Anzeichen erkennen, dass sich Europas Banken für Schwierigkeiten im Zusammenhang mit einer Rezession oder Energierisiken wappnen, schreiben die Finanzanalysten der Schweizer Grossbank UBS unter der Ägide von Jason Napier in einer neuen Branchenstudie.
So hätten die Kreditausfälle der europäischen Geldhäuser im Schnitt noch 1,8 Prozent ausgemacht, was unter dem Niveau von vor der Corona-Krise lag.
Kaum manövrierfähige Credit Suisse
Hingegen setzt Napier bei der Credit Suisse (CS) einige Fragezeichen. Bis jetzt sei unklar, nach welchen Leitprinzipien bei der lädierten Grossbank das Steuer herumgerissen werden soll, schreiben sie. In der Vergangenheit sei die Verbindung des Investmentbankings mit der Vermögensverwaltung jeweils von zentraler Bedeutung gewesen.
Mit dem angekündigten Rückbau des Investmentbanking müssten nun nach Ansicht der UBS-Experten aber neue Schwerpunkte sichtbar werden, etwa im Bereich Digitalisierung, im Back- und Mid-Office oder in der Vermögensverwaltung sowie im Asset Management.
Allerding würden hohe und unflexible Boni die Manövrierfähigkeit des Instituts einschränken, stellen die Experten der UBS unmissverständlich klar. Vor diesem Hintergrund belässt die UBS die Einstufung für die CS auf «Neutral» mit einem Kursziel von 5.40 Franken.
Transformation kommt voran
Über die ganze Branche hinweg gesehen zeigen die Transformationsprogramme der Banken in Europa einige Wirkung und Effizienz. Gemäss einer anderen Studie des Beratungsunternehmens Bearingpoint erreichten die europäischen Finanzinstitute im Durchschnitt mit einer Cost-Income-Ratio (CIR) von 62 Prozent den besten Wert seit 2013.
Wichtigste Treiber für die verbesserte Effizienz waren gemäss den Autoren nicht nur die Transformations- und Digitalisierungsprogramme, sondern auch eine stabile Ertragslage gerade während der Pandemie.
Sprudelnde Gewinne
Da die befürchtete Pleitewelle ausblieb, konnten viele Institute grosse Teile der dafür gebildeten Rückstellungen wieder auflösen. Aufgrund dieser Fortschritte konnten die europäischen Banken die höchsten Gewinne seit Beginn der Analyse im Jahr 2018 ausweisen.
In der Studie analysierte Bearingpoint die Jahresabschlüsse von 122 europäischen Banken von 2013 bis 2021, die unter Aufsicht der EZB oder der nationalen Aufsichtsbehörden stehen.
Das Datenset umfasste rund 70 Prozent der aggregierten Bilanzsumme aller Finanzinstitute in der EU.