Das erfolgreiche Fintech Crypto Finance wird verkauft – an die Deutsche Börse. Für diese ist es bereits der zweite Vorstoss in den Schweizer Krypto-Hub.
Die Deutsche Börse erwirbt eine Mehrheitsbeteiligung an der Crypto Finance Gruppe mit Niederlassungen in Zug und Zürich, wie aus einer gemeinsamen Mitteilung der Unternehmen vom Dienstag hervorging.
Mit einer Investition im «moderaten dreistelligen Millionen-Bereich» wird der Finanzkonzern künftig zwei Drittel am Schweizer Fintech halten; die restlichen Anteile verbleiben bei den bestehenden Investoren einschliesslich CEO und Gründer Jan Brzezek, der das Unternehmen weiterhin leiten wird. Weitere Details wurden nicht bekannt gegeben.
RMF macht Kasse
Der ehemalige UBS-Banker Brzezek und sein Team beweisen mit dem Verkauf Sinn fürs Timing. Das 2017 gegründete Startup hat zuletzt massiv vom Boom von digitalen Token & Coins profitiert. Im Brokerage bewegte das Startup nach eigenen Angaben im ersten Quartal 2021 rund 1 Milliarde Dollar an Volumen – so viel wie im gesamten letzten Jahr. Derweil kletterten die in den Storage-Lösungen deponierten Kryptovermögen auf 1,1 Milliarden Franken.
Kasse beim Deal mit den Deutschen machen wohl auch Wagniskapital-Geber Tobias Reichmuth, seines Zeichens Präsident der Gruppe, und der Schweizer Hedgefonds-Pionier Rainer-Marc Frey «RMF», der letztes Jahr noch eine neuerliche Finanzierungsrunde für die Jungfirma anführte.
Das Angebot der Crypto Finance Gruppe umfasst Handel, Brokerage und die sichere Verwahrung von mehr als 200 digitalen Assets. Das Startup verfügt im Brokerage eine Bewilligung der Eidgenössischen Finanzmarktaufsicht (Finma) als Wertpapierhaus sowie eine Lizenz für den Vertrieb von Fonds.
Expansion in Europa
Die Schweizer hatten zuletzt selber die Fühler ins Ausland ausgestreckt. So schloss sich Crypto Finance letzten April der Krypto-Handelsplattform BSDEX der Börse Stuttgart an. Nun hat die grössere Deutsche Börse neue Fakten geschaffen, sofern die Transaktion bei den Regulatoren durchkommt. Durch die Übernahme erhalte die Deutsche Börse einen direkten Einstiegspunkt für Investitionen im Bereich digitaler Assets, einschliesslich Nachhandels-Dienstleistungen wie der Verwahrung, so die Meldung.
In einem weiteren Schritt soll die Expansion in Europa erfolgen. Die Deutsche Börse plant, das Angebot von Crypto Finance über ihre etablierten Plattformen zugänglich zu machen. Ziel sei der Aufbau eines neutralen, transparenten und hoch skalierbaren Digital-Asset-Ökosystems unter europäischer Regulierung, hiess es am Dienstag.
Rückzieher bei Daura
Für die Deutsche Börse ist es bereits der zweite Krypto-Vorstoss in der Schweiz. Wie auch finews.ch berichtete, war der Finanzkonzern 2019 beim Konsortium rund um die Schweizer Krypto-Aktie Daura eingestiegen. Noch im selben Jahr erfolgte jedoch der Rückzug der Deutschen, nachdem die Schweizer Konkurrentin SIX sich einen Platz im Konsortium ergattert hatte.
Beim Kauf von Crypto Finance hoffen nun beide Parteien, dass die Transaktion im vierten Quartal abgeschlossen ist.