Das Greensill-Debakel bringt bei der Credit Suisse das Fass offenbar zum Überlaufen: Das Asset Management könnte in der laufenden Strategieprüfung deutlich härter angefasst werden als bisher erwartet.
Die Credit Suisse (CS) meldet den besten Start ins Jahr seit der einer Dekade. – wäre da nicht das Greensill-Debakel: Die Schliessung von vier mit der australischen Finanzboutique Greensill Capital betriebenen Fonds mit ursprünglich 10 Milliarden Dollar Vermögen hängt wie eine dunkle Wolke über der Schweizer Grossbank.
An einer Investorenkonferenz vom (gestrigen) Dienstag musste Bankchef Thomas Gottstein (Bild unten) denn auch des Langen und Breiten Auskunft zu den Vorfällen rund um diese Supply Chain Finance (SCF) Fonds geben, welche die Bank noch Ende 2020 als Erfolgsgeschichte bewarb. Dabei hat sich die Tonalität des Chefs gegenüber dem Fondsgeschäft, dem CS Asset Management (CSAM), hörbar verändert.
«Ich hatte immer meine Zweifel»
Wie Gottstein an der Konferenz erklärte, schaut sich die Bank nun insbesondere die Organisation der Fondssparte als Teil der Internationalen Vermögensverwaltung (IWM) genauer an. Seit der Strategieanpassung unter Gottsteins Vorgänger Tidjane Thiam im Jahr 2015 wird das CSAM als IWM-Subdivision geführt. Schon ab 2012 hatte das Fondsgeschäft seine Eigenständigkeit als eigenständige Division verloren und war unter dem Dach des Private Banking geführt worden.
Gottstein, der 2015 vom Investmentbanker zum Chef der neuen Schweizer Universalbank (SUB) befördert wurde und seit Februar 2020 als CEO des gesamten Konzerns amtet, will nun darauf zurückkommen. «Ich hatte immer schon meine Zweifel bezüglich dieser Struktur», erklärte der Bankchef am Dienstag. «Wir werden informieren, wenn es hier zu Veränderungen kommt.»
Sollbruchstelle vorhanden
Das sind definitiv neue Töne. Noch im vergangenen Februar stellte sich der CEO anlässlich des Jahresresultats voll hinter das CSAM. Auch nach Pech und Pannen und einem Gewinneinbruch von 60 Prozent im Jahr 2020 gab sich Gottstein zuversichtlich, dass die Einheit im Laufe des Jahres eine «Normalisierung der Profitablität» erreichen werde.
Diese Gelassenheit scheint nun gründlich verflogen zu sein. Weiterhin ist die strategische Prüfung nicht abgeschlossen, die Gottstein dem CS-Fondsgeschäft Ende letzten Jahres verordnet hat und die bis im Sommer Klärung bezüglich der Zukunft der Subdivision bringen soll.
Dabei stand offenbar von Anfang an die Stellung der Einheit im Konzern zur Debatte – jetzt zeichnet sich eine Trennung vom IWM immer deutlicher ab. Eine mögliche Sollbruchstelle existiert schon seit Jahren: 2017 wurde das Schweizer Asset Management in eine eigene Rechtseinheit überführt.
Wie der Konzernchef nun erklärte, wird eine mögliche neue Struktur auch mit dem CS-Verwaltungsrat diskutiert.
Neuer Präsident gefordert
Dort übernimmt Ende April António Horta-Osório (Bild unten) das Präsidium. Der Portugiese ist ein Vollblut-Banker und dürfte das Unternehmen, so wie es noch-Präsident Urs Rohner in den vergangenen bald zehn Jahren gestaltet hat, massiv hinterfragen. Gleich von Anfang an wird sich Horta-Osório mit der Aufarbeitung des Greensill-Debakels befassen müssen. Diesbezüglich dürfte auch Eric Varvel, der oberste Leiter des CS Asset Management, einige knifflige Fragen beantworten müssen.
Michel Degen, Varvels rechte Hand in der Schweiz und Europa und Mitinitiator der CS-Greensill-Fonds, ist seiner Funktionen vorläufig enthoben worden.
Das Unbehagen des Private Bankers
Anhören dürfte sich der neue Präsident auch, was Philipp Wehle (Bild unten), der Chef der IWM-Division, zum Fondsgeschäft zu sagen hat. Wie Kenner der Bank berichten, ist Wehle mittlerweile nicht mehr so gut aufs CSAM zu sprechen. Abschreiber und der Gewinneinbruch dort haben seine ganze Sparte belastet: Der Vorsteuergewinn sank im IWM letztes Jahr um 30 Prozent auf 1,2 Milliarden Franken. Allerdings ist zu erwähnen, dass im Private Banking für sich genommen der Gewinn um 17 Prozent zurückging.
Das CSAM, das in Rekordjahren wie 2019 mehr Neugeld einspielte als das Business mit ausländischen Reichen, ist vom heimlichen Star der Grossbank ganz offensichtlich zum Prügelknaben mutiert. Wird die gebeutelte Sparte mit ihren rund 440 Milliarden Franken an Vermögen in die Eigenständigkeit entlassen, regt das zu ganz neuen Spekulationen an: Im Asset Management stehen die Zeichen günstig für Grossfusionen.
Und obwohl ein Verkauf des Fondsgeschäfts bei der CS bis anhin kein Thema war, könnte sich auch diesbezüglich der Ton rasch ändern.