Während sich das allgemeine Interesse an der Credit Suisse vor allem auf weitere Kosteneinsparungen und Rochaden im Investmentbanking dreht, entscheidet sich der Erfolg der Schweizer Grossbank ganz anderswo. Dort will Thomas Gottstein beweisen, dass die CS in der Champions League spielt.
Auf lange Sicht wird die Credit Suisse (CS) an ihrer Leistung im Vermögensverwaltungs-Geschäft (Private Banking, Wealth Management) gemessen. Denn das ist die Paradedisziplin des Hauses, hier hat das Unternehmen seinen globalen Anspruch zu den Marktführern zu gehören und wird aus Investorensicht entsprechend primär daran gemessen.
Das Investmentbanking, das nun wieder einmal reorganisiert wird, spielt dagegen eine zwar nicht unwichtige, aber dennoch untergeordnete Rolle.
Die Vermögensverwaltung generell macht nun im Sog der Coronakrise eine höchst schwierige Zeit durch. Viele Kunden haben aufgrund der Marktverwerfungen im März Geld verloren, und gleichzeitig sind sie für neue Engagements nicht unbedingt zu begeistern. Insofern ist jeder Franken, den die CS und auch andere Banken im Wealth Management in diesem Jahr einnehmen, sozusagen Gold wert.
Tiefere Kundengelder
In Asien sowie in der Schweiz hat sich die CS in den ersten sechs Monaten des laufenden Jahres gemessen am Wachstum der Kundengelder vergleichsweise gut geschlagen, wie den am Donnerstag veröffentlichten Informationen zu entnehmen ist. Die Zahlen waren stabil (in Asien) oder nur geringfügig unter der vergleichbaren Vorjahresperiode (Private Clients in der Schweiz). Harziger verlief es in der Sparte International Wealth Management (IWM). Dort gingen die verwalteten Vermögen (Assets under Management, AuM) markant zurück.
Negativ in allen drei Sparten war das Vermögenswachstum im ersten Semester 2020, nachdem es in der Vorjahresperiode durchgehend positiv gewesen war. Natürlich ist dies massgeblich der Corona-Pandemie und den damit verbundenen Problemen geschuldet. Und immerhin konnte die CS zumindest in Asien sowie in der Schweiz ihre Profitabilität (Vorsteuergewinn) steigern. Doch das Gesamtbild bleibt ambivalent, zumal andere Banken, die ebenfalls auf das Wealth Management spezialisiert sind, im ersten Semester 2020 deutlich zulegen konnten.
Nachhaltiger Erfolg
Insofern fand die sogenannte Flucht in «sichere (Bank-)Häfen» nicht unbedingt bei der CS statt. Dessen ist sich auch die neue Führung der Bank unter CEO Thomas Gottstein (Bild unten) bewusst. Hat sie doch eine ganze Reihe an Massnahmen beschlossen, die eindeutig darauf abzielen, das Kerngeschäft «Vermögensverwaltung» zu optimieren. Im Zuge der gross ankündigten jüngsten Reorganisation der Bank werden ebendiese Initiativen matchentscheidend sein, ob die CS nachhaltigen Erfolg erzielen und damit auch den Aktienkurs steigern kann.
Die organisatorischen Veränderungen im Investmentbanking erweisen sich vor diesem Hintergrund als eine weniger wichtige Angelegenheit; und die geplanten Kosteneinsparungen von insgesamt 400 Millionen Franken mögen zwar aus Effiziensgründen unausweichlich sein. Doch mit derlei defensiven Massnahmen lässt sich auf Dauer kein erfolgreiches Geschäftsmodell betreiben. Insofern wird es zentral sein, was in der Vermögensverwaltung geschieht respektive wie gut und rasch die angekündigten Initiativen umgesetzt werden.
Zuteilung von Kapital
Genau in diese Richtung geht auch die Ankündigung Gottsteins, «mittelfristig rund zwei Drittel des eingesetzten Kapitals dem Vermögensverwaltungs-Geschäft zuzuteilen und Ertragschancen zur Wachstumsbeschleunigung zu nutzen». Was das konkret bedeutet, präsentiert sich in den drei erwähnten Divisionen etwas vereinfacht formuliert so:
- die Anstellung weiterer Kundenberatern, namentlich in Asien, aber auch in der Schweiz
- ein Ausbau der Finanzierungskapazitäten für sehr reiche Kunden, in allen Sparten
- vermehrte Aktivitäten im Onshore-Geschäft, also «vor Ort», namentlich in Asien
- eine intensivere Betreung sehr reicher Kunden, um namentlich im IWM-Geschäft den Beitrag am Ertragswachstum zu verdoppeln
- ein anhaltender Fokus auf die weitere Digitalisierung des Bankgeschäfts
- die bessere Nutzung der Partnerschaften mit anderen Unternehmen, namentlich in der Schweiz, um so auch das Kosten-Vertrags-Verhältnis (CIR) vom oberen in den mittleren 50-Prozent-Bereich zu verringern
- ein Ausbau des Angebots im Bereich Nachhaltigkeit, um einem globalen Megatrend gerecht zu werden.
Schafft es CS-Chef Gottstein, mit diesen Massnahmen das Geschäft in der Vermögensverwaltung zu dynamisieren, stehen die Chancen gut, dass die CS ihrem Anspruch wieder besser gerecht würde. Für das weitere Gedeihen des Swiss Banking oder zumindest dessen, was davon geblieben ist, wäre dies von Vorteil.