Im digitalen Banking scheinen jedoch besondere Regeln zu gelten, besonders in Zeiten von Corona. Ebenfalls am Montag veröffentlichte Twint, die Bezahl-App der Schweizer Banken, Nutzerzahlen. Die zeigen nur in eine Richtung: stark nach oben. So haben sich seit Jahresbeginn wöchentlich über 45'000 neue Nutzer registriert, während die Anzahl Transaktionen seit Januar um 50 Prozent gestiegen ist. Inzwischen verwenden 2,5 Millionen Kunden in der Schweiz Twint.
Das liegt einerseits am stark gewachsenen E-Commerce-Anteil im Haushaltsbudget, der sich aus dem mehrwöchigen nationalen Shutdown erklärt, als die Menschen alle ihre Einkäufe ins Netz verlagert haben. Doch auch abgesehen von diesem «Daheimbleib-Effekt» scheinen digitale Lösungen in diesem Jahr einen starken Auftrieb zu spüren.
Man braucht eine Nische
So hat zum Beispiel der im Kanton Schwyz domizilierte digitale Anlageberater Selma Finance nach eigenen Angaben in diesem Jahr bereits 1’000 neue Konten eröffnet. Dasselbe bestätigte unlängst auch Georg Hauer, bei der Digitalbank N26 für die Märkte in Deutschland, Österreich und der Schweiz verantwortlich, im Gespräch mit finews.ch: «Wir sind sehr zufrieden mit der Marktentwicklung.»
Hauer glaubt zu wissen, weswegen es noch viele Digitalbanken in der Schweiz vertragen könnte: Kunden wollen ein digitales Nischenprodukt. N26 hat das Eurokonto für Expats und Vielreisende, Alpian zielt auf vermögende Privatkunden und Longevity – unter anderem – auf Rentner.
Alleinstellungsmerkmal suchen
Das deckt sich mit dem neuen Forrester-Bericht zum Thema Bankenreputation, den finews.ch vergangene Woche bereits vorstellt hat. Darin heisst es, dass die meisten – vor allem traditionellen – Banken ein Problem mit der Differenzierung hätten, da am sie im Prinzip nicht voneinander unterscheiden könne.
Dieses Problem hat eine Digitalbank nicht, die sich von vornherein auf eine bestimmte Nische fokussiert. Sie hat auch nicht das Problem, dass sie mit den traditionellen Banken in einem immer enger werdenden Markt um immer dieselbe Menge an Kunden buhlen muss.
Vor- und Nachteile des Corona-Effekts
Wer dieses Problem früher oder später haben dürfte, weil in keiner so spezifischen Nische, sich dafür aber derzeit gut schlägt, sind die beiden Veteranen im Schweizer Digitalbanken-Markt, Neon und Zak.
Erstere, die mit der Hypothekarbank Lenzburg zusammenarbeitet, hat in diesem Jahr das Kundenbuch verdoppeln können, wie Julius Kirscheneder, Co-Gründer von Neon, gegenüber finews.ch erklärt: «Wir haben zum Jahresbeginn unsere Gebühren für Kartenzahlungen im Ausland deutlich gesenkt. Bereits da hat das Neukundenwachstum massiv angezogen. Die Coronakrise hat dieses Wachstum noch verstärkt.»
Natürlich habe sich die Aktivität verschoben, weil die Kundschaft nicht mehr Ferien über Neon buchten, oder die Restaurantrechnung so bezahlt, weil Reisen und Restaurants vorläufig gestrichen seien. Dafür habe sich ein grosser Teil der Aktivität auf Haushaltsausgaben und Onlineeinkäufe verschoben, so Kirscheneder weiter.
Kuriose Art und Weise
Bei Zak, der Banking-App der landesweit tätigen Bank Cler, hat sich die Coronakrise auf eine – zumindest für eine Digitalbank – kuriose Art und Weise bemerkbar gemacht: «Das Wachstum hat sich während der Corona-Pandemie leicht abgeschwächt. Der Grund liegt vermutlich in den reduzierten persönlichen Kontaktmöglichkeiten und den damit fehlenden Möglichkeit des Austauschs über Zak.», heisst es in einer Auskunft der Medienstelle. Dadurch, dass Zak eine sehr hohe Weiterempfehlungsrate habe, spiele der persönliche Austausch eine grosse Rolle. In den vergangenen zwei Wochen hätten sich aber die Neukundenzahlen wieder auf «vor Corona-Niveau» erhöht.
Wann der Schweizer Digitalbankenmarkt erste Sättigungserscheinungen zeigen wird, lässt sich noch nicht abschätzen. Genauso wenig, ob und wann es zu einer Konsolidierung kommen wird. Mit all den Playern, die es jetzt schon gibt, und jenen, die in diesem und im nächsten Jahr noch dazu kommen werden, stehen dem Schweizer Bankkunden auf jeden Fall interessante Zeiten ins Haus.
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