Die Zusammenarbeit zwischen Banken und Fintechs verläuft generell immer noch harzig. Eine neue Studie zeigt auf, warum solche Kollaborationen in Zukunft unerlässlich sind.
Die Banken werden immer digitaler, zumindest vom Anspruch her. Schön veranschaulicht das eine Replik, die Jan Langlo, Direktor der Vereinigung Schweizerischer Privatbanken am (gestrigen) Montag auf finews.ch veröffentlicht hat.
«Privatbanken haben nicht auf Schlagworte wie Blockchain oder Crypto-Assets gewartet, um digitale Lösungen für ihre Kunden zu entwickeln.» Denn: «Sie alle haben Zugang zu irgendeiner Form von E-Banking.»
Mit dieser Haltung sind die Privatbankiers in guter Gesellschaft. So stellt nämlich der kürzlich vom globalen Beratungsunternehmen Capgemini zusammen mit der NGO Efma veröffentlichte «World Fintech Report 2020» fest: «Die meisten Banken verstehen, dass eine positive Erfahrung auf der letzten Meile und ein ansprechendes Front-End entscheidend sind, um Kunden glücklich und loyal zu halten.»
Tech-Firmen steigern die Ansprüche
Doch das reicht laut den Experten nicht aus. «Weniger sichtbare Middle- und Back-Office-Tätigkeiten – ebenfalls wesentlich für die Kundenzufriedenheit – werden jedoch oft vernachlässigt. Aus diesem Grund sind viele Banken trotz erheblicher Investitionen in das Front-End nach wie vor nicht in der Lage, ein nahtloses und personalisiertes Kundenerlebnis zu bieten.»
Die Wurzel des Übels verorten die Firmenberater nicht nur bei den traditionellen Banken. Es seien eben auch die digitalen Neobanken und Bigtech-Unternehmen wie Facebook, Google oder Amazon, welche die Ansprüche und Erwartungen der Kundschaft in die Höhe trieben. Denn nun erwarteten die Kunden, insbesondere die jüngeren Generationen, dass ihnen ihre Hausbank dasselbe nahtlose, hyperpersonalisierte Bankerlebnis liefert.
Innovation kostet
Wer nicht liefert, ist dran. «Und sie werden nicht zögern, zu einer Bank zu wechseln, die unkomplizierte, relevante Produkte und Dienstleistungen anbietet», warnt der Report. Zuspitzen wird sich das ganze, wenn Anbieter wie Google oder Amazon selber Bankdienstleistungen anbieten, falls sich Neobanken wie die britische Revolut die Mühe machen, eine Schweizer Banklizenz zu beantragen, oder falls Giganten wie die chinesische Ant Financial hierzulande die Zelte aufschlagen.
Das Backoffice der Banken auf digitalen Vordermann zu bringen, kostet enorme Summen – weshalb sich die Banken schon seit mehreren Jahren mit auf einzelne Prozesse oder Produkte spezialisierten Fintechs zusammentun. Das Fintech liefert dabei die Innovation, die Bank die finanziellen und personellen Ressourcen. In der Schweiz gab es bereits 2018 eine Vereinbarung zwischen der Bankiervereinigung und einem Fintech-Verband, um die Zusammenarbeit zu verstärken und zu verbessern.
Kollaboration harzt
Dass das vielleicht in der Schweiz, global aber keineswegs geklappt hat, auch das ist dem «World FinTech Report 2020» zu entnehmen: «Trotz der Synergien und des win-win-Potenzials der Zusammenarbeit zwischen Bank und Fintech ist die frustrierende Realität, dass sich die meisten Partnerschaften nicht ausgezahlt haben.» Der Report verortet die Stolpersteine in den Beziehungen und unterschiedliche Unternehmenskulturen, was eine Zusammenarbeit in grossem Massstab verhindert.
Open X als Zauberwort
Dennoch muss es in Zukunft den traditionellen Häusern gelingen, erfolgreiche Partnerschaften mit Fintechs zu aufzugleisen. Denn nur so schaffen sie es, die fortwährend steigenden Bedürfnisse ihrer Kunden zu befriedigen.
Laut Capgemini heisst das Zauberwort für diesen Weg «Open X». Dies sei die nächste Phase der Innovation, nach Open Banking, die eine noch tiefere Zusammenarbeit und Spezialisierung erfordert, die durch die Standardisierung der Anwendungs-Programmschnittstelle (API) und gemeinsame Erkenntnisse aus Kundendaten erleichtert werde.
Oder wie es Klaus-Georg Meyer, Leiter Business & Technology Consulting Financial Services bei Capgemini in Deutschland im letztjährigen «World Fintech Report 2019» definiert hat: «Die Branche steht am Beginn einer grundlegenden Weiterentwicklung zu integrierten Marktplätzen, die sowohl Finanzdienstleistungen, als auch Services jeglicher Art anbieten – das nennen wir Open X».