Die Credit Suisse hat in einem weiteren Fall von Beschattung den Auftraggeber ausgemacht. Trotzdem bleiben zahlreiche Fragen offen.
Dieser Fall war erstaunlich schnell aufgeklärt: Nur eine Woche nach den Enthüllungen der «Neuen Zürcher Zeitung» zur Beschattung des früheren Personalchefs Peter Goerke hat die Credit Suisse (CS) am (heutigen) Montag die Schuldigen gefunden und Sanktionen verhängt, wie auch finews.ch berichtete.
Trotzdem dürfte der Applaus für die Grossbank verhalten ausfallen. Dass die CS-Hauskanzlei Homburger wie schon im «Fall Khan» zuvor dem einstigen operationellen Chef Pierre-Olivier Bouée die Hauptverantwortung zuschanzte und die Spitze um CEO Tidjane Thiam reinwusch, wirkt als (zu) einfache Auflösung eines Skandals, der den Finanzplatz seit letztem Herbst in Atem hält.
Als Zuschauer fühlt man sich unweigerlich an die klassische Detektivgeschichte erinnert, bei der am Ende immer der Butler als Mörder entlarvt wird. Zudem: Zu viele Fragen sind auch am Montag offengeblieben, wie die folgenden Punkte zeigen.
1. Die Widersprüchlichkeiten beim Ausspionieren
Der Skandal unterstreicht das lang andauernde Armdrücken zwischen Bankpräsident Urs Rohner und Konzernchef Thiam. Besorgniserregend sind die Kommentare des CEO gegenüber dem Schweizer Sender «RTS», als dieser die Kenntnis des Khan-Skandals bestritt: «...eine legitime Waffe, die die Bank leider manchmal zum Schutz ihrer Geschäfte einsetzen muss.»
Wie verträgt sich das mit der jüngsten offiziellen Aussage der CS, dass sie «eine Überwachungskultur» als «inakzeptabel und völlig unangemessen» ablehnt? Die angespannte Führung des Duos verheisst nichts Gutes für die Bank.
2. Nach dem CS-Spygate droht der «Weinstein-Effekt»
Die CS tut sich schwer mit dem Umstand, dass die Khan-Bespitzelungsaffäre offensichtlich doch nicht ein Einzelfall war, wie dies Präsident Rohner ursprünglich erklärte hatte. Denn neben Ex-Personalchef Goerke soll offenbar auch Colleen Graham observiert worden sein, wie die ehemalige Compliance-Chefin der CS in den USA Mitte Dezember publik machte – was die Bank notabene bis heute bestreitet.
Wie bei der #MeToo-Debatte könnten sich nun noch weitere «Opfer» zu Wort melden, zumal die für die Untersuchung beauftragte Anwaltskanzlei Homburger feststellte, es seien auf tieferen Hierarchiestufen schon früher Mitarbeitende beobachtet worden. Insofern droht der CS so etwas wie ein «Weinstein-Effekt». Nachdem erste Anschuldigungen wegen sexueller Übergriffe gegen den US-Filmproduzenten Harvey Weinstein publik geworden waren, meldeten sich zahlreiche weitere mutmassliche Opfer.
Wie lange die CS-Aktionäre und der Regulator dabei zusehen werden, wenn im Hause CS alle paar Wochen ein neuer Überwachungsskandal an die Öffentlichkeit gelangt, wird sich noch weisen.
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