Die Credit Suisse schafft in der Vermögensverwaltung ein neues Kundensegment. Aus Sicht der Bank locken höhere Margen. Doch das Empfinden des Kunden ist oftmals ganz anders.
«Wir können uns noch verbessern», hatte Philipp Wehle, der Chef International Wealth Management (IWM) bei der Credit Suisse (CS) , im Gespräch mit finews.ch zu Beginn dieses Monats gesagt.
Tatsächlich hat sich der 45-jährige Deutsche nun daran gemacht, der in den drei Jahren zuvor von Iqbal Khan erfolgreich geleiteten Division seine eigene Handschrift zu verpassen. Wie die Nachrichtenagentur «Bloomberg» (Artikel bezahlpflichtig) berichtet, hat Wehle dazu ein neues Kundensegment geschaffen.
Kein Anspruch auf den Superreiche-Service
Und zwar sollen in der neu geschaffenen Subdivision Private Banking International (PBI) neu die nicht ganz so reichen Kunden betreut werden; das sind solche mit rund 20 Millionen Franken Vermögen oder weniger. Diese Einheit wird, wie von finews.ch berichtet, seit dem 1. November von Raffael Gasser geleitet. Die ursprüngliche Idee war, in dieser Einheit Kunden mit bis zu 5 Millionen Franken investierten Vermögen zu sammeln.
Nun sollen Kunden selektioniert werden, die den Superreichen-Status eines UHNWI noch nicht erfüllen und entsprechend auch nicht den entsprechenden Service der CS in Anspruch nehmen.
Margen steigern durch automatisierte Services
Es geht also um die am wenigsten Reichen unter den sehr reichen CS-Kunden – ein weiteres Kundensegment in der ohnehin schon stark segmentierten Kundenlandschaft der Grossbanken. Der Grund dafür: Wehle möchte in dieser Einheit mehr technologie-basierte Prozesse einsetzen, um die Kunden besser zu bedienen und möglichst hohe Margen zu erzielen. Eine CS-Sprecherin sagte dazu, die Bank fokussiere in erster Linie auf Kundenbedürfnisse, nicht auf deren Vermögensgrösse. Weiter fügte sie hinzu, dass PBI kein neues Kundensegment ist, sondern eine Erweiterung des bestehenden Angebots.
Wehles Schachzug dient der Steigerung der Profitabilität im Wealth Management. Es ist kein Geheimnis, dass das Geschäft mit den umschwärmten Superreichen bei weitem nicht das margenträchtigste ist. Diese Kunden sind erstens sehr preissensitiv, und zweitens ist der Beratungsaufwand teilweise hochkomplex. Dass gerade Grossbanken wie die CS und die UBS in den vergangenen Jahren sich so stark auf superreiche Kunden fokussiert haben, liegt auch in der Absicht, diesen gleichzeitig Dienste der Investmentbank anzubieten.
Kunden mögen das anders sehen
Hingegen sind die Margen in den tieferen Kundensegmenten höher, da dort im Beratungsgeschäft der Standardisierungsgrad höher ist. In das neue Segment sollen darum 20-Millionen-Franken-Kunden kommen, die ihre Vermögen geerbt oder Pensionäre sind, die in ihrem Berufsleben sehr gut verdient haben. Solche Kunden verlangen in der Regel nur nach Anlageberatung – ein Service, der bereits stark automatisiert ist.
Ob die weitere Segmentierung auch aus Kundensicht so positiv ist, ist allerdings zweifelhaft. Erstens zahlen sie weiterhin erkleckliche Gebühren, um vermehrt mit automatisierten Prozessen in Berührung zu kommen. Zweitens ist diese Segmentierung kein Mittel zur Förderung einer Kundenbeziehung.
Wichtig und weniger wichtig
Namentlich kleinere Privatbanken nennen zwar eine Mindesthöhe für Kundenvermögen, verzichten dann aber gänzlich auf eine Segmentierung. Sie ist sogar verpönt, da sie einer Klassifizierung in «wichtige» und «weniger wichtige» Kunden nahe kommt.
Beratung und ihre Qualität, so die Einstellung von Privatbankiers, sei aber nicht eine Frage der Höhe der verwalteten Vermögen, sondern eine Frage der Kundenbedürfnisse und der Standards der Bank. Und Kunden mit weniger wichtigen Bedürfnissen als andere Kunden sollte es in einer Privatbank nicht geben.
Ständiges Umorganisieren
Die Segmentierung birgt einen weiteren grossen Nachteil aus Kundensicht. Sie hat innerhalb der Institute tendenziell dazu geführt, dass die Beziehung vom Berater zum Kunden der Organisation in Divisionen und Einheiten untergeordnet wird. Sprich: In manchen Grossbanken dauert aufgrund der anhaltenden Restrukturierungen und Neuorganisationen eine Beziehung zwischen Berater und Kunde noch 18 Monate.
Dabei unterscheiden die Banken inzwischen zwischen strategisch wichtigen Kunden und weniger wichtigen. Letztere werden ab «Stange» bedient, während die Bank sich bei den strategischen Kunden eher um eine lang anhaltende und persönliche Beziehung bemüht.
Die CS-Sprecherin sagte, Ziel der jüngsten Entwicklungen sei, einen noch stärkeren Fokus auf die individuellen Bedürfnisse unserer Kunden zu setzen und ihnen eine auf ihre Anforderungen zugeschnittene Beratung zu bieten.
Wehles Neuordnung ist nun die zweite in der Division IWM innerhalb von etwas mehr als einem Jahr. Im August 2018 hatte Khan die Sparten von vier in sieben regionale Einheiten segmentiert und die Kunden den einzelnen Chefs neu zugeteilt. Diese Chefs sollen nun erneut Kunden in die neue Einheit Private Banking International abgeben.