Das einst prominente Zürcher Innovationslabor der UBS-Vermögensverwaltung ist nur noch ein Schatten seiner selbst, wie Recherchen von finews.ch zeigen. Hat die Grossbank ihren Erfindergeist aufgegeben?
Unter dem Titel «die Freaks von der UBS» platzten sie im Sommer 2016 in die Sonntagsruhe der Nation: In einer knallig aufgemachten Story berichtete damals die «Sonntagszeitung» über das Innovationslabor der UBS-Vermögensverwaltung, wo die Angestellten in Flipflops und kurzen Hosen zur Arbeit erschienen und an einer Tinder-App für Bankkunden tüftelten.
Aus der Laborküche in Altstetten ZH kamen in der Folge so unterschiedliche Projekte wie der Avatar des UBS-Chefökonomen Daniel Kalt oder ein Finanzratgeber, der auf dem Chatbot Alexa von Amazon basiert.
Das Schnellboot, mit dem sich die Kerndivision der Grossbank an der Spitze der Digitalisierung im Banking halten wollte und mit David Bruno einen ebenso extrovertierten wie unkonventionellen Vordenker hatte, büsste über die letzten drei Jahre jedoch an Tempo ein. Und wie Recherchen von finews.ch ergeben haben, ist von der einstigen Séléction des «Superdave» Bruno nurmehr ein Rumpfteam übrig.
Follower statt Anführer?
Mehrere voneinander unabhängige Quellen bestätigen, dass spätestens seit der Lancierung der Vermögensverwaltungs-Superdivision UBS Global Wealth Management von Anfang 2018 ein anderer Wind weht. Das damals rund ein Dutzend Innovatoren im Lab erhielt demnach Weisung, das Entwicklungstempo zu drosseln, da die Vermögensverwaltung etwelche Neuerungen nicht sofort werde nutzen können.
Einige der so Addressierten wollen daraus gar herausgehört haben, dass die UBS-Vermögensverwaltung das Digitalisierungsfeld künftig nicht mehr anführen, sondern vermehrt als «Follower» von Innovationen auftreten wolle. Ein Sprecher der Bank sagte dazu, dass die Divisionen in Sachen Innovation verstärkt zusammenarbeiten und der grösste Teil der Investitionen in Vorhaben fliessen, die innert fünf Jahren Resultate versprechen.
Teammitglieder verabschieden sich
Ein weiterer Schlag fürs Innovationslabor kam dann vergangenen August, als die UBS den digitalen Vermögensverwalter Smartwealth in Grossbritannien einstellte. Einige Teammitglieder haben seither offensichtlich die Konsequenzen gezogen. Marc Michel wurde Ende letzten Jahres Innovationschef beim Schweizer Regionalinstitut Bank Linth. Jan Laessig verabschiedete sich in den Kulturbereich, und Matthias Koller fing bei der japanischen Pharmafirma Takeda an. Vordenker Bruno hatte dem Lab schon im April 2017 den Rücken gekehrt; als sein Nachfolger wirkt seither Martin Meyer.
Keiner der Obengenannten wollte auf Anfrage mit finews.ch sprechen. Ein Kenner berichtet jedoch, dass mit der internen Grossfusion das Interesse des Managements am Zürcher Schnellboot deutlich abgenommen habe. Das Team umfasst dem Vernehmen nach aktuell noch fünf Personen. Gegenüber Abgängern habe sich die Grossbank-Sparte grosszügig gezeigt, hiess es.
Technologiechef baut um
Die Impulse zur Innovation kommen inzwischen vermehrt vom Konzern aus. Dort hat Mike Dargan als Head of Group Technology seinen Bereich neu aufgestellt und Elly Hardwick (Bild unten) und Rick Carey als Co-Technologiechefs installiert.
Dabei hat Zürich scheinbar als Innovationsstandort bei der Grossbank an Gewicht verloren. Hardwick widmet sich von London aus insbesondere den Anwendungen von Künstlicher Intelligenz. Dies, während Cary von New York aus den Transfer der UBS-Daten auf die Cloud vorantreiben soll.
Fabrik statt Labor
Auch der Umgang mit Innovation habe sich seit Brunos Tagen verändert, berichten Kenner der Bank. Projekte würden von Anfang durchstrukturiert und müssten einen greifbaren Mehrwert fürs operative Geschäft bringen, heisst es.
Wie das in der Praxis aussieht, demonstrierte die Grossbank letzten Mai bei der Eröffnung ihrer neuen Digital Factory in Zürich. Dort wird etwa an einer digitalen Hypotheken-Vergabe und an Backoffice-Robotern geforscht. Beim Anlass war damals Technologie-Gruppenchef Dargan anwesend.
Schon beinahe ironisch mutet da an, was Insider berichten: Das Innovationslabor müsse sich nun bei der Digital Factory um Mandate bemühen.