Seit Jahren versucht UBS-Chef Sergio Ermotti die Schweizer Öffentlichkeit auf das Leid der UBS aufmerksam zu machen. Dabei bleibt er auf halbem Weg stecken, wie finews.ch-Redaktor Jeffrey Vögeli feststellt.

Die stoische Philosophie erlebte in den vergangenen Jahren einen Aufschwung, gerade auch unter Wirtschaftsführern. Diese richten ihr tägliches Handeln im 21. Jahrhundert angeblich gern nach den Maximen von Management-Gurus der Antike wie Epictet.

Eine von dessen Maximen hätte auch UBS-CEO Sergio Ermotti am gestrigen Dienstag beherzigen sollen: Verkürzt gesagt, man sollte sich nur um das kümmern, was man selbst beeinflussen kann. Alles andere sorgt höchstens für innere Unruhe.

Die gleichen Themen seit 2015

In einem Vortrag beim Swiss Finance Institute (SFI) beschwerte er sich über eine ganze Reihe von Umständen, für die er zwar selbst nichts kann, die allerdings weder ein einzelner Manager noch die UBS als Bank ändern können.

Dabei griff er Themen auf, die er schon seit 2015 immer wieder in Reden und Kommentaren beharkt. Damals wagte sich – eine Premiere nach der Finanzkrise – mit dem Tessiner erstmals wieder ein Grossbanken-Vertreter aufs politische Parkett. Auch heute noch ist er einer von ganz wenigen, die sich auf diese Weise öffentlich exponieren. 

Stärkere Worte

Schon in seinem ersten Kommentar, der damals in verschiedenen Schweizer Tageszeitungen erschien, kritisierte Ermotti die Regulierung in der Schweiz – damals noch in leisen Tönen.

Inzwischen findet er stärkere Worte: «Aus einem Musterschüler wird so ein gescheiterter Streber», verurteilte er die fortwährenden Bemühungen der hiesigen Regulatoren und Politiker, den Grossbanken ein noch engeres Korsett anzulegen.

Doch trotz dieser eigentlich klaren Ansage blieb Ermotti in seinem Versuch, die Öffentlichkeit wachzurütteln, auf halbem Weg stecken. Denn am Ende insistierte er nur, dass sich der «status quo» nicht weiter verschlechtert, hielt jedoch selber keine konkrete Lösung bereit.

So wagte er es zwar – auch dies möglicherweise eine Premiere unter UBS-Kadern – Zentralbanken, Politikern, Ratingagenturen und gierigen Investoren eine Mitverantwortung an der Finanzkrise anzulasten. Betonte aber, während er diese Akteure aufzählte, mindestens viermal die Verantwortung der Banken.

Unangreifbar trotz Provokation

Dem gleichen Schema folgte er in seiner Kritik an den Kantonalbanken. Die Notwendigkeit dieses anachronistischen Systems ist längst nicht mehr gegeben. Die Schweiz ist flächendeckend mit Finanzdienstleistungen versorgt und mit Hypotheken überversorgt.

Doch anstatt hier mit einer deutlichen Forderung aufzuwarten und – vielleicht – die längst lancierte Debatte weiterzubringen, betonte Ermotti handumkehrt wieder die wichtige Rolle der Staatsinstitute in der Wirtschaft. 

So bleibt der UBS-Chef trotz seiner Einwürfe unangreifbar und vage – und lässt damit die Möglichkeit aus, tatsächlich etwas zu bewirken. Würde er öffentlich deutliche Forderungen stellen, sei es zur Regulation, zum korrekten Niveau der Kapitalanforderungen, zur Abschaffung von verknöcherten Staatsinstituten, wäre das möglicherweise anders.

Das Beste für die Schweiz

Denn als besorgter Bürger ist Ermotti glaubwürdig. Er will eindeutig das Beste für die Schweiz – und nicht nur, weil die UBS hier beheimatet ist.

Deshalb sollte er sich mit Schwung in die Debatte stürzen, statt in einer Rede voller technischer Details bloss die Missstände anzudeuten. Denn damit hilft er weder der Schweiz noch der UBS, bei der ihn ebenfalls viele Probleme plagen.