Den grossen europäischen Häusern entgleitet das Investmentbanking. Ausgerechnet Schweizer Institute haben aufgeziegt, was der rettende Schritt sein könnte.
Wenn Europas Banker und ihre Aktionäre etwas aus dem vergangenen Jahresviertel lernen können, dann dies: Das Investmentbank-Business zerrinnt ihnen zwischen den Fingern.
Fast durchs Band haben die Grossbanken dort Verluste eingefahren, gerade auch im prestigeträchtigen Beratungsgeschäft für Firmen, kurz M&A genannt. Die Schweizer UBS und Credit Suisse (CS) machen da keine Ausnahme, wie auch finews.ch berichtete.
Wundersame Erholung nicht in Sicht
Und es zeigt sich: Nicht nur die Gewinnkraft, sondern auch die Franchise der grossen europäischen Häuser schmilzt. Laut der Analysefirma Dealogic räumte die übermächtige amerikanische Konkurrenz 2018 rund 52 Prozent der weltweiten Investmentbank-Erträge ab.
Die europäischen Banken mussten sich um eine Tranche von 26 Prozent balgen. Eine wundersame Erholung ist nicht in Sicht – es sieht zumindest in diesem Jahr nicht danach aus, dass der Pool für sie grösser würde.
Donald Trump sei Dank
Auch an einen Gegenangriff ist kaum mehr zu denken: Zwar bilden ausgerechnet die Staaten den grössten Investmentbank-Markt der Welt. Ein Volumen, nach dem theoretisch auch die Institute des Alten Kontinents greifen könnten, so, wie sie es vor der Finanzkrise von 2008 getan hatten.
Doch die US-Häuser haben mittlerweile einen immensen Heimvorteil, nicht zuletzt dank lockerer Regulierung und Steuererleichterungen in der Ära von Donald Trump.
Meistens im Sparmodus
Zusätzlich befinden sich die europäischen Grossbanken im Sparmodus. Auch wenn sie angreifen wollten – es fehlen ihnen schlicht die Mittel dazu. Und die Schere öffnet sich weiter.
Amerikanische Grossbanken erzielen aktuell im Schnitt eine Eigenkapital-Rendite von 12 Prozent. Die europäischen Mitbewerber verdienen mit durchschnittlich 6,5 Prozent nur wenig mehr als die Hälfte auf ihrem Kapital.
Die Asiaten kommen
Doch eine weitere Kennzahl lässt Hoffnung für die Europäer aufkeimen: Die asiatischen Banken schneiden mit 13 Prozent punkto Eigenkapital-Rendite noch besser ab als die US-Häuser, angeführt von Instituten aus China und Indonesien.
Sollten sich also die europäischen Häuser besser ganz vom dahinschmelzenden Investmentbanking trennen – und stattdessen das Asiengeschäft forcieren?
Konkurrenzlos hohe Zinsmargen
Interessanterweise haben es namhafte Schweizer Institute bereits vorgemacht: Seit 2015 tut die CS unter Chef Tidjane Thiam (Bild oben, Keystone) genau das: Der gebürtige Ivorer definierte Asien als Wachstumsmarkt und begann, das Wall-Street-zentrierte Handelsgeschäft zurückzustutzen.
Parallel dazu ist die UBS zur führenden Privatbank in Asien aufgestiegen und führt ihre Investmentbank als Zulieferer fürs Private Banking. Die selbsternannte «pure play»-Privatbank Julius Bär ging gar so weit, die Region als ihren zweiten Heimmarkt zu definieren.
Bisher gab der Erfolg den Schweizern recht – und dies nicht nur, weil die Vermögen in Asien bis dato schneller gewachsen sind als sonstwo auf der Welt und die auf Vermögensverwaltung getrimmten Institute davon überdurchschnittlich profitieren konnten.
Für Asien sprechen auch die (oft durch die Regierung festgelegten) hohen Zinsen. Dies führt wiederum zu fast konkurrenzlos hohen Zinsmargen, was auch das Geschäft der Retail- und Handelsbanken beflügelt.
Der Rückbau hat begonnen
Der Wechsel vom Investment- zum Asien-Banking wird aber – wenn überhaupt – in Schritten vonstatten gehen. Was in Europa bereits stattfindet, ist der Teilrückzug aus der ersteren Disziplin: Die britische Barclays hat auf Druck von Grossinvestoren hin gelobt, ihre Investmentbank umzukrempeln.
Die französische Société Générale hat den Abbau von 1'200 Investmentbank-Jobs angekündigt. Die Landsleute bei der BNP Paribas wollen den Grossteil des Sparschnitts von 350 Millionen Euro im Investmentbanking vornehmen. Vom Angriff auf die USA redet heute niemand mehr.
Grosser Unterschied
Dennoch fällt es schwer, sich vorzustellen, dass eine UBS oder eine CS sich dereinst ganz von ihrer Investmentbank trennen. Ob diese Sparte um ihrer selbst Willen betrieben wird oder dazu, Lösungen für schwerreiche asiatischen Privatkunden aufzusetzen: Das macht jetzt schon einen grossen Unterschied.