Als Bank ist Goldman Sachs seit mehr als 45 Jahren in Zürich vertreten. Doch erst kürzlich hat die mächtige US-Investmentbank entschieden, noch schweizerischer zu werden.
Die US-Investmentbank Goldman Sachs hat seit Jahresbeginn in der Schweiz einen anderen Status. Sie hat für ihre Securities Division in Zürich nun eine Zweigniederlassung und von der Finma eine Lizenz zum Effektenhändler erhalten.
Was Schweiz-Chef Stefan Bollinger (Bild unten) am Donnerstag vor einer Schar von Journalisten präsentierte, war erstaunlich. Goldman Sachs, eine Macht auf den globalen Handelsplätzen, war mit ihrer Securities Division in Zürich zwar schon lange präsent. Doch hatte dieses Geschäft bisher nur den Status einer Repräsentanz.
Upgrade in Zürich
Das heisst, die hiesigen Goldman-Sachs-Händler durften nur Kundenaufträge entgegennehmen. Die Ausführung übernahm dann jeweils London, wie Bollinger erklärte, der neben seinem Amt als Schweiz-Chef auch die Position als Co-Chef Global Sale Strats & Structuring inne hat und seit 2010 Partner von Goldman Sachs ist. Gemäss Bollinger war das «Upgrade» des Zürcher Standortes ein strategischer Entscheid.
Goldman Sachs hat mit dem Wechsel im Top-Management – im vergangenen Juli übernahm David Solomon den CEO-Posten von Lloyd Blankfein – den Kundenfokus zur obersten Priorität gemacht. Nun rücke Goldman Sachs in der Schweiz mit den Handelsdienstleistungen näher an die Kunden, war am Donnerstag zu vernehmen.
Handelspositionen auf die Bilanz
Bollingers Mann für die Wertpapierdienstleistungen in Zürich heisst Patrik Zumstein. Er geniesst nun mehr Freiheiten. So kann er nun auch bei Handelsaufträgen Preise stellen, während dies zuvor nur aus London möglich war.
Nicht ganz unwichtig ist die Aufwertung zur Zürcher Zweigniederlassung im Zusammenhang mit der Strategie von Goldman Sachs, grössere Handelspositionen auf die eigene Bilanz zu nehmen. Auch hier können die Trader nun «eigenmächtiger» handeln. Die Investmentbank will sich mit diesem Angebot für Grosskunden von der Konkurrenz unterscheiden, die beim Einsatz von Eigenkapital für Handelsgeschäfte zurückhaltender geworden ist.
Schweizer Nomaden
Dass Goldman Sachs nun in Zürich mehr Personal konzentriert, dürfte nicht der Fall sein. Zwar beschäftigt das Institut insgesamt 120 Angestellte in Zürich und in Genf. Doch vollziehen die Goldman-Sachs-Mitarbeiter ihre Geschäft jeweils dort, wo es der Kunde wünscht.
Darum arbeitet beispielsweise ein Dutzend Mitarbeiter der Schweizer Securities Gesellschaft in Zürich, ein weiteres Dutzend in London. Der Schweizer Derivate-Markt geniesst bei Goldman Sachs zwar hohe Relevanz, doch ausgeführt wird das Geschäft in London – weil es die Kunden so wollen, wie Bollinger sagt.
Fünf Schweizer Partner
Geerdet ist Goldman Sachs mit der Schweizer Bank: Eine Niederlassung eröffnete das US-Institut bereits 1974 in Zürich, 1992 folgte die Banklizenz. Der Fokus liegt hier klar auf dem Wealth Management, seit 2011 unter der Leitung von Marco Pagliara. Das Asset Management leitet Pascal Mischler, das Investmentbanking Fedor Schulten.
Partnerstatus haben bei Goldman Sachs ingesamt fünf Schweizer: Neben Bollinger sind dies François-Xavier «FX» de Mallmann sowie seit vergangenem Jahr auch Radovan Radman und das Ehepaar Beat und Niharika Cabiallavetta – Beat Cabiallavetta ist der Sohn des früheren UBS-Präsidenten Mathis Cabiallavetta.
Hypothekenmarkt zu riskant
Bis auf den stärkeren Fokus im Handelsgeschäft und dem Cash-Management von Grosskunden sind von Goldman Sachs im Schweizer Markt vorerst keine strategischen Vorstösse zu erwarten.
Zum kolportierten Einstieg in den Schweizer Hypothekarmarkt wird es so bald nicht kommen. Bollinger liess durchblicken, dass sich in diesem Geschäft derzeit zu viele Anbieter auf die Füsse treten würden. Das verzerre die Marktstandards. Auch mit «Marcus», einer in Grossbritannien erfolgreich gestarteten Retail-Banking-App, verfolgt Goldman Sachs keine Schweizer Pläne.
Günstigere Refinanzierung
In Grossbritannien hat «Marcus» seit seinem Start im vergangenen September bereits 10 Milliarden Pfund an Kundengeldern eingenommen, was für die Gesamtstrategie von Goldman Sachs sehr attraktiv sei, so Bollinger. Denn die Investmentbank könne sich mit diesen Kundengeldern nun deutlich billiger refinanzieren, als wenn sie dies wie zuvor an den Obligationenmärkten machen müsste.