Die Öffnung der Schnittstellen zum Kunden löst bei den Schweizer Banken Ängste aus. Dabei täten sie gut daran, innovative Lösungen zu entwickeln. Andere Unternehmen sind deutlich weiter.
Open Banking: Fluch oder Segen für Schweizer Banken? So lautete die Überschrift des von Finance Circle organisierten Anlasses am Montagabend. Die Veranstaltungen werden von der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften (ZHAW) in Zusammenarbeit mit dem Zürcher Bankenverband (ZBV) durchgeführt.
Bei Open Banking geht es um die Öffnung der Banken und das Teilen der Kundendaten mit Drittanbietern, allen voran Fintechs. Der Austausch von Daten findet über sogenannte Application Programming Interfaces – kurz API – statt.
Die Europäische Union (EU) hat die Öffnung erzwungen, und zwar durch die sogenannte PSD2-Richtlinie, welche seit Anfang Jahr gilt. Diese Regelung ermöglicht das Abrufen von Kontoinformationen sowie die Auslösung von Zahlungen durch Drittanbieter.
Werden Schweizer Banken abgehängt?
Hierzulande gilt die Regelung nicht. Gleichwohl treibt das Thema Open Banking auch hiesige Banken um – die einen mehr, die anderen weniger. Uneins ist sich die Finanzindustrie indes, ob die Öffnung der Banken wie in der EU über Gesetze erzwungen oder dem freien Markt überlassen werden soll.
Diese Diskrepanz war auch bei den Referenten spürbar. «In der EU muss sich nun jede Bank mit Open Banking befassen und eine Strategie entwickeln. Meine Angst ist, dass die hiesigen Banken das Thema zu wenig ernst nehmen», erklärte Gian Reto à Porta, CEO des Fintechs Contovista und Präsident von Swiss Finance Startups.
Innovation steht und fällt mit der Organisation
Gegen ein verordnetes Open Banking wehrt sich indes André Renfer (Bild unten), Bereichsleiter Services bei der Hypothekarbank Lenzburg. Ihm zufolge tendiert zu viel Regulierung dazu, Innovationen zu ersticken. «Man muss die Banken dazu bringen, sich freiwillig zu öffnen», betont Renfer.
Dies bedarf allerdings einer entsprechenden Kultur und Organisation innerhalb der Bank. Ob sie in Sachen Innovation reüssiere, hänge zu 80 Prozent von Organisation ab und nur 20 Prozent von der IT, so seine Erfahrung. Die Hypi Lenzburg ist denn auch eine der wenigen Schweizer Banken, die ihre Schnittstellen geöffnet hat und eine Kooperationsstrategie mit Fintechs fährt.
Vorsicht vor GAFA
Einig waren sich die Referenten indes darin, dass sich die Banken dringend mit Open Banking und den damit zusammenhängenden Technologien auseinandersetzen müssen. Konkret ist hier die intelligente Auswertung von Daten gemeint, um den Kunden besser zu verstehen und passgenaue Dienstleistungen zu entwickeln.
Im Kern geht es darum, das Banken Erfahrungen mit datenbasierten Produkten sammeln. Sandro Graf (Bild unten), Leiter des Swiss Payment Research Center der ZHAW, bringt es mit einem Zitat von Amazon-Gründer Jeff Bezos auf den Punkt. «Innovationen sind nicht disruptiv. Die Adoption durch die Kunden ist disruptiv.»
(v.l.n.r.: Sandro Graf, Gian Reto à Porta, André Renfer)
Amazon gehört denn auch zu jenen vier Unternehmen, welche die Banken wirklich fürchten müssen. Dazu zählen auch Google, Apple, Facebook und eben Amazon – kurz GAFA. Diese Unternehmen investieren seit Jahren Milliarden in Künstliche Intelligenz, Machine Learning oder Predictive Analytics. Diesbezüglich seien die Banken im Rückstand, warnt à Porta.