Die Rothschild Bank ist seit 50 Jahren in Zürich. Künftig will das Institut sein Angebot für Unternehmer und Startups ausbauen – und Hypothekarkredite vergeben, sagt CEO Laurent Gagnebin gegenüber finews.ch.
Herr Gagnebin, das Geschäftsjahr 2017 lässt sich nur begrenzt mit 2016 vergleichen, da Sie Ihre Berichterstattung auf das Kalenderjahr umgestellt haben. Dennoch fällt auf, dass das Neugeld bei Ihnen rückläufig ist. Warum?
Ja, unser Geschäftsjahr dauerte diesmal nur neun Monate, weil die gesamte Rothschild-Gruppe neu das Kalenderjahr für die Berichtserstattung verwendet. Wir hatten insgesamt ein sehr gutes Jahr mit zahlreichen Neukunden. Allerdings haben zwei wichtige Kunden ihre Vermögensverwaltung neu ausgerichtet. Ohne diese Spezialsituation hatten wir einen positiven Neugeldzufluss.
Wie hat sich 2017 für Sie insgesamt entwickelt?
Wir sind sehr zufrieden mit dem Ergebnis, denn unser Bruttogewinn erhöhte sich auf einer vergleichbaren Basis um mehr als 26 Prozent, der Reingewinn gar um beinahe 60 Prozent. Dies nicht zuletzt dank unserer Kostendisziplin.
«Im Schnitt betreuen unsere Berater nur je etwa 30 Kunden»
Wir verzeichneten aber auch eine ausgezeichnete Anlageperformance und erweiterten unser Angebot mit einem neuen Advisory-Service und Investmentmodell. Die Kunden schätzen die konfliktfreie und unabhängige Beratung und die Tatsache, dass die Kundenberater viel Zeit für die Beratung haben. Im Schnitt betreuen sie nur je etwa 30 Kunden.
Welche Wachstumsmärkte haben nun Priorität, um den Neugeldabfluss zu stoppen?
In den ersten Monaten des neuen Geschäftsjahres verzeichneten wir erfreuliche Neugeldzuflüsse in allen Märkten. Dazu zählen unsere Onshore-Kernmärkte Schweiz, Deutschland und Asien sowie die internationalen Märkte Mexiko, Israel und Spanien/Portugal.
«Unsere Besitzerfamilie hat bewiesen, dass sie Vermögen langfristig sichern kann»
In der Schweiz haben wir unser Angebot für Unternehmer und Startups ausgebaut, ein sehr interessantes Kundensegment für eine Bank wie Rothschild. Denn unsere Besitzerfamilie ist seit der achten Generation selber als Unternehmer erfolgreich und hat bewiesen, dass sie Vermögen langfristig sichern und weiterentwickeln kann.
Haben Sie ein Ziel für das Wachstum Ihrer Kundenvermögen?
Wir verwalten auf unserer Plattform mittlerweile mehr als 30 Milliarden Franken. Ziel ist es, die Kundenvermögen kontinuierlich zu steigern. Wir sind ambitiös und wollen von unserer guten Position im Markt profitieren.
Sie bieten Ihren Kunden in der Schweiz neuerdings Hypothekarkredite an. Laufen Sie damit nicht Gefahr, auf dem Höhepunkt des Immobilien-Zyklus’ einzusteigen und das Absturz-Risiko entsprechend gross ist?
Nein. Wir wollen der Klientel den bestmöglichen Service bieten. Zahlreiche unserer internationalen Kunden besitzen Immobilien in der Schweiz und lassen sich auch diesbezüglich von uns beraten. Um diesem Bedürfnis entgegenzukommen, bieten wir Ihnen neu auch Hypothekenlösungen an.
«Die neuen technologischen Mittel sind nur unterstützende Instrumente»
Wir werden deshalb aber nicht zur Hypothekenbank, da wir solche ausschliesslich an Kunden vergeben, die bei uns ihr Vermögen verwalten lassen.
Sie haben im vergangenen Jahr eine neue Tochtergesellschaft eröffnet – die Global Advisory Switzerland. Welche Überlegungen standen dahinter, und welche Fortschritte konnten Sie bereits erzielen?
Vincent Thiébaud stiess im August 2017 zu Rothschild & Co und wurde zum Leiter des Rothschild Global Advisory Geschäfts in der Schweiz ernannt. Wir arbeiten bereits eng mit seinem Team zusammen, um Synergien im Schweizer Markt zu nutzen.
Sie haben Ihre IT modernisiert. Inwiefern profitiert der Kunden davon?
Primär erlauben es uns die neuen Systeme, unsere Kunden besser zu beraten und ihnen zahlreiche Informationen transparenter und viel schneller zur Verfügung zu stellen.
Gehen Sie davon aus, dass die fortschreitende Digitalisierung Ihr Geschäftsmodell in Frage stellt?
Für unsere Kunden, sehr vermögende Privatpersonen oder Familien, steht die persönliche Beratung im Vordergrund. Die neuen technologischen Mittel sind dabei nur unterstützende Instrumente, welche die Beratung verbessern.
«Wir werden die Anzahl Kundenberater im laufenden Jahr weiter ausbauen»
Die Vermögenssituationen sind sehr individuell und komplex, oftmals auch länderübergreifend. Wir bieten eine Gesamtsicht und dank unseren erfahrenen Beratern einen klaren Mehrwert. Diese Art der Beratung bauen wir laufend aus.
Der Mitarbeiterbestand ist 2017 unverändert geblieben. Planen Sie einen weiteren Ausbau des Personals?
Trotz stabiler Gesamtmitarbeiterzahl haben wir unsere Kundenbetreuungs-Kapazitäten gestärkt und im Backoffice-Bereich den Mitarbeiterbestand reduziert. Angesichts unseres Wachstums gehe ich davon aus, dass wir die Anzahl Kundenberater im laufenden Jahr weiter ausbauen werden.
Dank der geringen Anzahl an Kunden pro Berater, sind letztere für ihre Kunden Partner auf Augenhöhe, verstehen deren familiäres und geschäftliches Umfeld besser und können sie umfassend betreuen. Im Durchschnitt verfügen unsere Kundenberaterteams über 17 Jahre Erfahrung und die Stabilität innerhalb der Teams ist hoch, was die Kunden ebenfalls schätzen.
Welche Qualitäten erwarten Sie von Kandidaten?
Ein breites Investment-Wissen gehört natürlich zur Grundausstattung. Unsere Kundenberater müssen aber auch unternehmerisch denken und das regulatorische Umfeld und die unterschiedlichen Gepflogenheiten in verschiedenen Märkten kennen. Insgesamt ist dieses Jobprofil viel anspruchsvoller geworden – aber auch viel spannender.
Die Rothschild Bank Zürich feiert in diesem Jahr ihr 50-jähriges Bestehen in der Limmatstadt. Können Sie in ein paar Worten beschreiben, wie einst die Ausrichtung war, und welchen Weg das Unternehmen in den fünf Jahrzehnten zurückgelegt hat?
Wir waren früher eine klassische Niederlassung einer ausländischen Privatbank mit Fokus auf internationale Kunden. Dies hat sich insbesondere in den vergangenen zehn Jahren massiv verändert. Heute stammen mehr als 40 Prozent der verwalteten Vermögen von Schweizer Kunden.
Wir verfügen über eine klare Strategie mit einem Fokus auf wenige Märkte, die wir dafür ausgezeichnet kennen. Unser Angebot ist genau auf unsere Zielsegmente – Familien, Stiftungen und Unternehmer – ausgerichtet.
Der 41-jährige Laurent Gagnebin stiess im Herbst 2011 zur Rothschild Wealth Management Equitas, dem Genfer Standbein der Zürcher Rothschild Bank. Zuvor leitete er die Investec Bank in der Rhonestadt. Ins Banking gelangte er über die Goldman Sachs Bank in Genf, nachdem er zuvor die École hôtelière de Lausanne absolviert und mehrere Jahre in der Hotelbranche gearbeitet hatte. Seit Mitte 2016 führt er als Nachfolger von Veit de Maddalena die Rothschild Bank in der Schweiz.
Laurent Gagnebin ist der Sohn von George Gagnebin, einem in der Branche bekannten Bankier, der in den späten 1990er-Jahren zum Top-Management der damals fusionierten UBS gehörte und heute als Verwaltungsratspräsident der Genfer Banque Pâris Bertrand Sturdza amtet.