Ennet der Kantonsgrenze geschäften: Das galt unter Staatsbanken lange Zeit als verpönt. Jetzt aber nicht mehr, wie Recherchen von finews.ch zeigen. Immer mehr Staatsinstitute wollen in der ganzen Schweiz wachsen.
Blaise Goetschin (Bild unten) formulierte es jüngst höchst zugespitzt: Diverse Kantonalbanken würden ihre Tochterfirmen wie ein Trojanisches Pferd benützen. Dies mit dem Ziel, in der ganzen Schweiz zu geschäften. Sich darüber aufzuregen, mag der Chef der Genfer Kantonalbank (BCGE) allerdings nicht. Im Gegenteil. «Zu diesem Club möchten wir auch gehören», betonte Goetschin gegenüber finews.ch.
So offen über landesweite Ambitionen zu sprechen – das ist für einen hochrangigen Kantonalbanker höchst unüblich. Unter den 24 Schweizer Staatsinstituten, die in der Gesamtheit die mächtigste Bankengruppe im Inland stellen, galt bisher das ungeschriebene Gesetz: Über die Kantonsgrenze vorstossen, das gehört sich nicht. Ansonsten würde man ja den Kollegen ins Gärtchen trampeln.
Bislang eine absolute Tabuzone
Natürlich – es gab immer Ausnahmen von der Regel: In den 1990er- und Nullerjahren galt es unter den Staatsinstituten als schick, in den Vermögensverwaltungs-Hochburgen Genf und Zürich eine Private-Banking-Niederlassung zu eröffnen. Das führte zu einem wahren Run, auf den spätestens nach der Finanzkrise die Katerstimmung folgte. Nach 2008 verkauften und integrierten etwa die St. Galler und die Luzerner Kantonalbanken ihre Privatbanken-Töchter.
Damit verebbte die erste Expansionswelle. Jetzt rollt die Zweite heran: Grosse Kantonalbanken referieren in aller Offenheit über ihre gesamtschweizerischen Ambitionen. Mittlerweile schrecken die Institute nicht einmal mehr vom Retailsegment zurück – das bis anhin als absolute Tabuzone galt.
Bank Cler mit schweizweiten Ambitionen
Dies zeigt das Beispiel der ehemaligen Coop Bank. Das Mutterhaus, die Basler Kantonalbank (BKB), hat die Tochter dieses Jahr als Bank Cler (Bild unten) frisch lanciert und mit einem neuen Auftrag versehen. In der für die Jahre 2018 bis 2021 formulierten Firmenstrategie heisst es dazu klipp und klar: «Die Bank Cler positioniert sich als digitale Bank mit schweizweiter physischer Präsenz in den städtischen Gebieten.»
Anders gesagt – die Bank Cler wird in den nächsten Jahren sowohl in der Schweiz wie im Cyberspace kräftig expandieren. Allianzen mit Partnern inner- und ausserhalb der Branche sollen den Vorstoss zusätzlich beschleunigen, wie es im Umfeld der Bank heisst.
Ertragsanteil verdoppelt
Schweizweit auf Kundenjagd zu gehen, darin ist «Züri» den Baslern allerdings voraus. Seit «vielen Jahren» sei die Zusammenarbeit mit Drittbanken etabliert, heisst es bei der Zürcher Kantonalbank (ZKB) auf Anfrage. Das Angebot umfasst eine breite Palette von Diensten: Anlage, Vorsorge und Vermögensverwaltung, Handel und Kapitalmarkt, Finanzierungen sowie Geldverkehr. Dabei kann die ZKB die Expertise der Fondstocher Swisscanto zum Tragen bringen, die sie Ende 2014 den anderen Staatsbanken abkaufte.
Da läppert sich schön was zusammen für die ZKB: Der Ertragsanteil mit Drittbanken hat sich seit 2010 verdoppelt. Letztes Jahr belief sich der Anteil jenes Geschäfts am Gesamtertrag auf 9 Prozent, wie es beim Institut heisst. Zu den Kunden zählen die Kantonalbanken von Uri, Ob- und Nidwalden, die Thurgauer Kantonalbank sowie die Banque Cantonale Neuchâteloise.
ZKB und BKB – respektive Swisscanto und Bank Cler – dies sind die «Trojanischen Pferde», die Bankchef Goetschin explizit nannte. Doch es sind nicht die einzigen.
Auf der Suche nach Skaleneffekten
Sinkende Margen und steigende Kosten sorgen dafür, dass sich auch die soliden Kantonalbanken nach mehr Volumen umschauen müssen, um den Druck auf den Ertrag wettzumachen. Ausserhalb des Stammgebiets um jede Hypothek zu kämpfen, das drängt sich nicht auf. Wohl aber der Einstieg in Bereiche, in denen Skaleneffekte spielen: Der Vertrieb von Finanz- und digitalen Produkten etwa.
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