Peter Schmid, Chef der Union Bancaire Privée in Zürich, erklärt, warum alle Schwarzmaler-Prognosen für das Offshore-Banking falsch waren, und weshalb er hin und wieder selber ein Kundenkonto eröffnet.


Herr Schmid, der Finanzplatz Zürich verliert in den einschlägigen Rankings an Bedeutung. Spiegelt dies Ihre Erfahrungen als Chef einer Private-Banking-Einheit, die im Offshore-Geschäft tätig ist?

Als 2008 der Steuerstreit mit den USA ausbrach, sagte man, dass der Finanzplatz Schweiz und das Private Banking massiv an Bedeutung verlieren würden. Nun, es ist das Gegenteil geschehen: Die verwalteten Vermögen in der Schweiz sind gestiegen.

Zwar auch dank guter Marktperformance. Doch es gelang den Banken auch, mehr Neugeld anzuziehen als sie während des steuerlichen Regularisierungsprozesses verloren hatten. Diese Kundendepots sind versteuert und regularisiert.

Andere Finanzplätze, beispielsweise Hongkong und Singapur, sind deutlich schneller gewachsen.

Das ist richtig. Doch diese Entwicklung spiegelt auch das Bevölkerungswachstum in diesen Regionen wider, sprich die damit verbundene Entstehung von Wohlstand.

Wie war die Entwicklung bei der Union Bancaire Privée (UBP) in Zürich?

Im Jahr 2004 verwaltete die UBP in Zürich rund 4 Milliarden Franken. Nun sind wir bei 25 Milliarden Franken.

Dank Akquisitionen von ABN Amro und Coutts International...

Auch dank diesen Akquisitionen, deren Integration sehr erfolgreich verlaufen ist. Aber auch das organische Wachstum war stark.

Wie ist die Entwicklung im laufenden Jahr?

Wir sind bislang sehr zufrieden. Ertragsmässig ist der Start überaus gut gelungen. Bei den Neugeldzuflüssen sehen wir relativ grosse regionale Unterschiede. Gerade in Europa verläuft die Wachstumskurve deutlich flacher als in früheren Jahren.

Wie gehen Sie damit um?

Es ist nicht so, dass wir bei der UBP auf Teufel komm' raus Neugeldwachstum suchen. Qualitatives Wachstum ist wichtig, also solches, das steigende Erträge auf den verwalteten Vermögen liefert. Darum sagen wir hin und wieder auch Nein zu potentiellen Kunden, die nicht zu unseren Zielmärkten gehören.

Welche Kriterien verfolgen sie bei der Anstellung von Kundenberatern?

Dieses Thema ist bei uns ganz oben in der Agenda angesiedelt. Wir diskutieren wöchentlich über mögliche Neuzugänge.

«Die Schweiz hat sich für eine Strategie der Steuertransparenz entschieden»

Wichtig ist sicherlich die Qualität des Kundenbuches und der -beziehungen, die der Berater pflegt. Der Kundenberater muss auch zu unserer Firmenkultur passen. Wir sind in einem langfristigen Geschäft tätig, weshalb es für Kundenberater und die Bank positiv ist, wenn die Zusammenarbeit entsprechend orientiert ist.

Wenn europäische Kunden bei der UBP nun vermehrt ausbleiben: Welche Regionen laufen besonders gut?

Die Neugeldzuflüsse sind heterogen. Sie hängen vom Netzwerk des Kundenberaters, von unserem Rekrutierungsprozess und von Empfehlungen bestehender Kunden ab. Gegenwärtig bieten Asien, der Nahe Osten und Osteuropa gutes Potential für unser Geschäftswachstum.

Spüren Sie die Konkurrenz des Offshore-Bankenplatzes USA, wo in gewissen Bundesstaaten dank bestehender Trust-Gesetze anonyme Bank-Konti erlaubt sind?

Wir konzentrieren uns auf unser Geschäft. Die Schweiz hat sich für eine Strategie der Steuertransparenz entschieden und das funktioniert für die UBP sehr gut.

«Natürlich wird es immer Bankenplätze geben, die mit längeren Spiessen arbeiten»

Wenn wir unsere Entwicklung in den letzten Jahren betrachten, sehen wir, dass das Schweizer Private Banking mit seinen kulturellen Stärken und seiner internationalen Expertise nach wie vor sehr gefragt ist. Natürlich wird es immer irgendwo einen Bankenplatz geben, der mit längeren Spiessen arbeitet. Davon sollten wir uns aber nicht beirren lassen.

Durch die Einführung des Automatischen Informationsaustausches (AIA) wird der internationale Wettbewerb für den Schweizer Bankenplatz noch stärker.

Das ist richtig. Doch wenn wir als Banker uns weiterhin auf den Kunden und das Erreichen seiner Anlageziele fokussieren und proaktiv im Markt agieren, sehe ich keinesfalls schwarz für den Schweizer Bankenplatz.

Das Schweizer Offshore-Banking musste in den vergangenen Jahren von der Breite in die Tiefe gehen. Die Banken mussten sich auf weniger Märkte fokussieren. Wie ging diese Entwicklung bei der UBP vor sich?

Auch wir mussten uns aus regulatorischen Gründen auf weniger Märkte konzentrieren. Es ist schlicht nicht mehr möglich, Kunden aus 150 verschiedenen Ländern zu bedienen.

«Kundenberater werden für die neue Welt des Private Banking geschult»

Bei der UBP in Zürich fokussieren wir uns neben der Schweiz und den EU-Ländern auf Osteuropa, Lateinamerika und die Mittelmeermärkte. Zudem entwickeln wir das Geschäft mit externen Vermögensverwaltern.

Die Kompetenz der Kundenberater muss sich entsprechend auch gewandelt haben.

Bei der UBP verfolgen wir zwei Stossrichtungen: die eine ist die Ausbildung und Lizenzierung der Kundenberater für ihre spezifischen Märkte. Die zweite Stossrichtung besteht in sogenannten Transformationsprojekten. In diesen wird der Kundenberater für die neue Welt des Private Banking geschult. Namentlich geht es dabei um die aktive Marktbearbeitung und die proaktive Kundenbeziehungspflege.

Wie regeln Sie die Reisetätigkeit ihrer Kundenberater?

Die Reisetätigkeit untersteht bei uns einem Bewilligungsverfahren: Kundenberater dürfen nur in andere Länder reisen, wenn sie die marktspezifischen Kenntnisse im Rahmen der Ausbildung erlangt haben. Die jeweiligen Marktverantwortlichen überprüfen auch die entsprechenden Crossborder-Bestimmungen und halten Rücksprache mit unserer Compliance.

Was sich im Zuge der Einführung von MiFid II auch verändert, sind die Ertragsmodelle der Privatbanken – und zwar von transaktionsgetriebenen Einnahmen hin zu Beratungsgebühren. Ohne Beratungsvereinbarung darf eine Bank kein Produkt mehr verkaufen. Wie verläuft dieser Wandel bei der UBP?

Wir haben diese Veränderung früh antizipiert und bereits vergangenes Jahr damit begonnen, die sogenannten «Execution-Only»-Kunden in Beratungsmandate zu überführen oder zu Portfolio-Kunden zu wandeln. In Zürich eröffnen wir nur noch solche Kundenkonti.

«Ein Gebührenmodell ist teurer»

Aus unserer Sicht macht dies durchaus Sinn. Denn Kunden, die keine Beratung wünschen und nur Transaktionen ausführen wollen, sind bei einer Online-Bank besser aufgehoben.  Ich schätze, dass wir bei UBP Zürich bis Ende Jahr bis zu rund 80 Prozent Beratungs- und Portfoliomanagement-Verträge mit unseren Kunden haben werden. 

Wir wirkt sich dies preislich für die Kunden aus?

Wir bieten verschiedene Preismodelle an – entlang der Bedürfnisse unserer Kunden. Einerseits gibt es Modelle mit einer «flat fee», andere Preismodelle richten sich dennoch nach der Anzahl Transaktionen oder nach der Performance auf dem entsprechenden Kundenportfolio. Aber es ist sicherlich so, dass ein Gebührenmodell tendenziell teurer ist. Dafür erhält der Kunde auch eine entsprechende Dienstleistung mit der entsprechenden Beratung.

Als Chef der UBP in Zürich sind Sie vermutlich besonders stark mit der Regulierung und Einhaltung von Regeln  und Vorschriften beschäftigt?

Dafür verwende ich sicher einen Teil meiner Zeit. Doch ich betreue selber noch rund ein Dutzend Kunden. Das finde ich sehr wichtig. Ich kann meinen Kundenberatern nicht ständig Fatca predigen oder MiFid II oder sie in die Ausbildung schicken, ohne selber zu wissen, wie ich ein Konto eröffne.


Peter Schmid ist einer der erfahrensten Private Banker auf dem Platz Zürich. Seine Karriere startete er beim Schweizerischen Bankverein (heute UBS) in St. Gallen. Nach Abstechern ins Beratungs- und ins IT-Geschäft kehrte er zur UBS zurück, wo er verschiedene leitende Positionen im Wealth Management bekleidete. Im Jahr 2011 wechselte er zu Merrill Lynch als CEO Schweiz. Nach der Übernahme durch Julius Bär übernahm Schmid die Leitung der Union Bancaire Privée (UBP) in Zürich.