Der ehemalige UBS-Banker und derzeitige Chef der Deutschen Börse wird des Insiderhandels verdächtigt. Doch nun könnte Carsten Kengeter ein überraschender Befreiungsschlag gelingen.

Schon letzte Woche gab sich Carsten Kengeter zuversichtlich. Er sei «sicher», dass sich die Vorwürfe wegen Insiderhandels gegen ihn nach eingehender Prüfung als unbegründet erweisen würden, sagte der CEO an der Generalversammlung der Deutschen Börse.

Offenbar ist der Optimismus begründet, wie das deutsche «Handelsblatt» (Artikel bezahlpflichtig) aus anonymen Quellen erfahren hat. Demnach verhandeln die Verteidiger des ehemaligen Chefs der UBS-Investmentbank mit der Staatsanwaltschaft in Frankfurt über die Einstellung des Verfahrens gegen ihn.

Zugleich könnte der Konzern eine Geldbusse zahlen, weil er die geplante Fusion womöglich zu spät kommunizierte. Das Gesetz sieht dafür eine Strafe von bis zu 10 Millionen Euro vor, so das Wirtschaftsblatt.

Topjurist engagiert

Der Verdacht auf Insiderhandel in Zusammenhang mit der inzwischen definitiv geplatzten Fusion zwischen der Deutschen und der Londoner Börse war Anfang 2017 bekannt geworden. Wie auch finews.ch wiederholt berichtete, brachten die Ermittlungen die Karriere Kengeters beim Finanzinfrastruktur-Unternehmen in akute Gefahr.

Kengeter selber hat die Verdächtigungen immer weit von sich gewiesen. «Insiderhandel widerspricht allem, wofür ich stehe», gab er zu Protokoll.

Wie weiter berichtet wurde, liess er sich trotzdem von hochkarätigen Juristen beraten. Der CEO wird offenbar von Felix Dörr verteidigt, in Deutschland einer der gefragtesten Anwälte im Wirtschaftsstrafrecht, zu dessen Mandanten auch der ehemalige VW-Chef Martin Winterkorn zählte.

Dass sich die Frankfurter Staatsanwaltschaft mehr aufs Unternehmen als auf dessen Chef zu konzentrieren scheint, hatte auch finews.ch bereits aus dem Umfeld der Ermittlungen erfahren. Wird das Verfahren gegen ihn eingestellt, dann könnte dem Schwaben sozusagen ein «Hattrick», ein Dreifachsieg also, gelingen.

Bremse für Jobverlängerung gelöst

Der Börsenchef wäre dann nicht nur reingewaschen, sondern könnte auch auf eine Vertragsverlängerung bei der Deutschen Börse hoffen. Kengeters Anstellungsvertrag beim Finanzunternehmen läuft im April 2018 aus.

Die Verhandlungen über seine weitere Anstellung gelten wegen der Ermittlungen als blockiert; kommen die Behörden aber noch diesen Sommer zu einem Verdikt, wäre dort die Bremse gelöst.

Kein Bonusverzicht

Schliesslich kann Kengeter darauf hoffen, seinen Bonus heil nach Hause zu tragen. Wie er letzten April durchblicken liess, kommt ein Verzicht auch angesichts der gescheiterten Fusion für ihn nicht infrage. Im vergangenen Jahr hat er rund 7 Millionen Euro verdient.

Gemäss dem aktuellen Vergütungsplan könnte Kengeter innerhalb dreier Jahre fast 34 Millionen Euro zugewiesen bekommen, wenn das Unternehmen gewisse Ziele erreicht – zusätzlich zu seinem Fixsalär und Bonus, notabene.

In Stürmen über Wasser

Gelingt Kengeter all dies, hätte er erneut seine Fähigkeit unter Beweis gestellt, sich bei Stürmen über Wasser zu halten. So blieb Kengeter nach dem 2011 aufgeflogenen 2-Milliarden-Dollar-Betrug des Ex-UBS-Händlers Kweku Adoboli im Amt – laut Quellen, weil er die Aufräumarbeiten leiten musste. Oswald Grübel hingegen trat von seinem Chefposten bei der grössten Schweizer Bank zurück.

Unter Kengeters Ägide als Chef der UBS-Investmentbank geschahen auch die Manipulation des Libor-Zinses und von Edelmetall-Preisen. Jene Affären vermochten ihm ebenfalls nichts anzuhaben.