Die Privatbank Coutts, deren grösster Teil an Kundengeldern inzwischen die Union Bancaire Privée übernommen hat, steckte tief im Korruptionssumpf des malaysischen Staatsfonds 1MDB.
Die Eidgenössische Finanzmarktaufsicht (Finma) eröffnete im Januar 2016 ein Enforcementverfahren gegen die Privatbank Coutts & Co in Zürich. Dies in Zusammenhang mit der Korruptionsaffäre um den malaysischen Staatsfonds 1MDB. Jetzt hat sie dieses abgeschlossen, wie die Behörde am Donnerstag mitteilte. Die Singapurer Aufsichtsbehörde MAS hatte ihr Verfahren gegen Coutts bereits letzten Dezember beendet.
Das Ergebnis der Finma-Untersuchung ist für den Schweizer Finanzplatz niederschmetternd: Nach der BSI und der Falcon Private Bank hat auch Coutts schwere Verstösse gegen die Geldwäschereibestimmungen begangen.
6,5 Millionen Franken Gewinn eingezogen
Weil Coutts nach der Übernahme der Assets durch die Union Bancaire Privée (UBP) inzwischen nicht mehr operativ ist, verzichtet die Finma auf Massnahmen gegen die Privatbank. Sie zieht jedoch einen unrechtmässig erzielten Gewinn von 6,5 Millionen Franken ein und eröffnet Enforcementverfahren gegen Verantwortliche der Bank. Diese sind nicht namentlich genannt.
Auf Anfrage von finews.ch hiess es bei der Finma, die weiterhin bestehende Coutts AG in Zürich müsse die 6,5 Millionen Franken zahlen – und damit wohl deren Mutterhaus Royal Bank of Scotland (RBS). Die UBP hielt in einer Mitteilung fest, sie habe keine der betroffenen Konten übernommen.
Den Ausführungen der Finma ist weiter zu entnehmen, dass Coutts bereits im Jahr 2003 in Singapur Geschäftsbeziehungen mit Personen rund um den späteren Staatsfonds 1MDB eingegangen war. Damit muss sie als die erste Schweizer Bank gelten, welche Vermögen aus diesem Umfeld angenommen hatte.
Konten gingen nach Zürich
Im Jahr 2009 wechselten mit dem damaligen Singapur- und Coutts-Co-Chef Hanspeter Brunner über 70 Coutts-Mitarbeiter zur BSI. Von da an war Coutts Zürich für die 1MDB-Konten zuständig. Insgesamt flossen 2,4 Milliarden Dollar auf Schweizer Konten bei Coutts, die im Zusammenhang mit 1MDB standen.
Die Finma schreibt dazu, Coutts habe im Sommer 2009 in Zürich eine Geschäftsbeziehung mit einem jungen malaysischen Geschäftsmann eröffnet. Dabei dürfte es sich um Jho Low handeln, dem mutmasslichen Drahtzieher der 1MDB-Korruptionsaffäre. Jho Low war offiziell Berater des Staatsfonds und mit dem Stiefsohn des malayischen Premiers eng befreundet.
Compliance warnte, Management machte weiter
Was sich bei Coutts abspielte, ist annähernd eine Kopie zu den Vorgängen bei der BSI und bei Falcon: Obwohl sämtliche Alarmglocken hätten läuten müssen und auch entsprechende Warnungen aus der Coutts-Compliance vorlagen, hielt das Management über Jahre an den Geschäftsbeziehungen fest.
Dabei wies alles auf Geldwäscherei hin: So gingen auf das erste Coutts-Konto entgegen ersten Angaben anstatt 10 Millionen Dollar aus dem Familienvermögen des Kunden rund 700 Millionen Dollar von 1MDB ein.
«Totalfälschung» bei Angaben der Geldherkunft
Nachträgliche Erklärungen dafür waren nicht plausibel, wie aus einer Email eines Coutts-Mitarbeiter hervorgeht. «It would be the first time in my career that I would see a case where [in] an agreement over the amount of USD 600 Mio. or so the role of the parties has been confused.»
Die Rechtsabteilung sprach sogar von der Gefahr einer «Totalfälschung». Das Coutts-Management entschied aber fürs Weitermachen. Bis im Frühling 2013 liefen Transaktionen von 1,7 Milliarden Dollar über das Konto.
Trotz Hinweisen eröffnete Coutts zweites Konto
So wurde beispielsweise eine halbe Milliarde Dollar auf eine Sitzgesellschaft des Kunden verschoben. 35 Millionen Dollar für Kasino-Besuche und den Charter von Jachten und Flugzeugen gingen ebenfalls über das Konto.
Im Jahr 2012 vertiefte Coutts gar noch die Beziehung mit 1MDB-Mann. Es flossen 380 Millionen Dollar von einer Offshore-Gesellschaft auf das neue Konto, die Coutts umgehend weiter verschob. Im Jahr 2011 hatte Alexander Classen den CEO-Posten von Coutts von Gerhard Müller übernommen.
Es war sogar dem Kundenberater ungemütlich
Innerhalb von Coutts war es bei weitem nicht allen wohl mit dem potenten 1MDB-Kunden. So hielt der betreffende Kundenberater fest: «I feel very uncomfortable with this guy and the transactions that are going through the account. I think the management has to make a decision whether to keep this relationship.»
Klaren Hinweisen und offensichtlichen Verdachtsmomenten ging das Management aber nicht weiter nach. Stattdessen hielt im Jahr 2012 ein bankinternes Gremium fest: «[X] is a key client who we are comfortable with the Source of Funds, Source of Income and activity performed on these accounts».
Dies setzte sich bis ins Jahr 2014 fort. Im Sommer 2015 kaufte die UBP dann Coutts, die zur Royal Bank of Scotland gehörte. Die Finma hat die britische Aufsichtsbehörde FCA über das Enforcementverfahren in Kenntnis gesetzt.