Anfang Jahr sass er in London wegen mutmasslicher Manipulation des Libor-Zinssatzes auf der Anklagebank. Jetzt lässt der Ex-Broker als DJ die Bässe krachen. Von Reue ist nicht viel zu hören.

Während der ehemalige UBS-Händler Tom Hayes für seine Manipulation des Libor-Zinssatzes hinter Gitter wanderte, kam Danny Wilkinson mit einem blauen Auge davon. Im letzten Januar sprach ein Londoner Gericht den 50-jährige Briten vom Vorfwurf der Verschwörung mit Hayes frei, wie auch finews.ch berichtete.

Als «Danny the Animal» hatte sich Wilkinson unter anderem mit Hayes in Händler-Chats ausgetauscht. Beim international tätigen Zinsen-Broker ICAP hatte Wilkinson das Yen-Desk geführt – und dabei dick verdient. Eine Million Pfund soll der bullige Londoner in seinen besten Zeiten bei ICAP nach Hause getragen haben.

Labormantel statt Anzug und Krawatte

Das ist für Wilkinson jetzt vorbei. Seine Finanzkarriere hat trotz Freispruch im Libor-Prozess ein abruptes und definitives Ende gefunden. Aus der Bahn geworfen hat dies den ehemaligen Broker aber keineswegs. Im Gegenteil: Er hat als DJ eine neue Laufbahn in Angriff genommen, wie die Agentur «Bloomberg» kürzlich berichtete.

Anzug und Krawatte tauschte er dazu gegen einen weissen Labor-Mantel und eine 3-D-Brille ein. Als «irrer Wissenschaftler» des House-Kollektivs «Hellsinki V» jagt er jetzt die Bässe ins Publikum statt die Order über die Handelsplattform. Mit Erfolg. Wilkinson, der seit den 1980er-Jahren als Wochenend-Raver unterwegs ist, ist in Clubs und an Festivals gefragt.

Nicht viel zu hören ist vom einstigen Millionen-Verdiener jedoch bezüglich der Schuldfrage. Letzten Januar tat er dies vor Gericht scheinbar mit einem Achselzucken ab. «Es war so, wie es war. Banker logen Broker an, und Broker logen Banker an», stellte Wilkinson damals fest.

Surreale Kebabs

Heute trifft er die Kollegen aus dem Banking nur noch im Pendler-Zug. «Früher war ich der Typ, der nach einem langen Tag und Kundenanlässen um 23.50 Uhr den Zug von der Innenstadt nach Hause nahm.» Jetzt komme er aus der Gegenrichtung mit Kopfhörern und Plattenkoffer, um an einer Party aufzulegen, sagte Wilkinson gegenüber der Agentur «Bloomberg».

«All die Trader drängeln sich an mir vorbei mit ihren Kebabs, und ich denke mir: Das ist vollkommen surreal», so Wilkinson. Angesichts des gewaltigen Zins-Skandals, dessen Aufarbeitung auch in der Schweiz immer noch andauert, mutet das tatsächlich surreal an.