Eine Erfolgsgeschichte für den Finanzplatz und die Nationalbank: Petra Tschudin und Thomas Moser betonen die Liquidität, die Sicherheit und die Effizienz des Franken-Repomarkts. Und sie geben einen Ausblick auf eine Zukunft, in der die Distributed-Ledger-Technologie bestehende Systeme ablösen könnte.

Es ist ein Markt, der im Normalfall wenig Aufmerksamkeit auf sich zieht und nur die Spezialisten interessiert. Und doch ist sein Funktionieren eine wesentliche Voraussetzung dafür, dass das ganze Finanz- und Bankensystem hierzulande seine Aufgaben erfüllen kann und stabil ist.

Die Rede ist vom Schweizer Repomarkt. Dort schliessen Banken untereinander (Interbankenmarkt) oder mit der Schweizerischen Nationalbank (SNB) Repogeschäfte ab. Bank A kauft also von Bank B Wertpapiere und überweist ihr dafür Frankenliquidität, wobei vereinbart wird, dass Bank A diese Wertpapiere zu einem späteren Zeitpunkt an Bank B zurückverkauft. Die Wertpapiere sind somit die Sicherheit (Collateral) für das Darlehen, das die Bank A der Bank B zu Beginn gewährt. Zudem bezahlt die Bank B über die Laufzeit ihres Darlehens der Bank A einen Zins (Reposatz).

Hauptinstrument für die Umsetzung der Geldpolitik

Repos sind das Hauptinstrument, mit dem die SNB ihre Geldpolitik umsetzt, d.h., dafür sorgt, dass sich der Impuls aus einem Zinsentscheid auf den Geld- und Kapitalmarkt und damit auch auf die ganze Volkswirtschaft überträgt.

Den Schweizer Repomarkt gibt es seit 25 Jahren, die SNB schloss die erste Transaktion auf der sogenannten Swiss Money Market Value Chain im Juni 1999 ab. Hintergrund war das neue geldpolitische Konzept, das im Jahr 2000 in Kraft trat und das auch grosse Veränderungen im Instrumentarium der Umsetzung der Geldpolitik mit sich brachte.

Zentrale Bedeutung des Repomarktes

Dass Petra Tschudin, erst seit Oktober Mitglied des Direktoriums und Vorsteherin des III. Departements (das u.a. für die Umsetzung der Geldpolitik zuständig ist), und Routinier Thomas Moser, schon seit 2010 stellvertretendes Mitglied im geldpolitischen Entscheidungsorgan, dieses 25-Jahr-Jubiläum zum Gegenstand ihrer gemeinsamen Rede am Donnerstag anlässlich des traditionellen Geldmarktapéros in Genf gemacht haben, war also naheliegend. Für Tschudin dürfte es der erste öffentliche Auftritt als Direktoriumsmitglied gewesen sein.

Die zwei Referenten unterstrichen darin nochmals die grosse Bedeutung des Repomarktes, sowohl für die Geldpolitik der SNB wie auch für die Finanzmarktteilnehmer. Zudem warfen sie einen Blick zurück auf die wichtigsten Meilensteine seit 1999 und voraus auf künftige Entwicklungen.

Vom unbesicherten zum besicherten Geldmarkt

Heute setzt die SNB Repogeschäfte zur Abschöpfung von Liquidität ein, um den Tagesgeldsatz Saron nahe beim SNB-Leitzins zu halten. Der Saron, der auf Basis von Transaktionen und Preisstellungen im Interbankenmarkt (also ohne Geschäfte der SNB) berechnet wird, ist der wichtigste kurzfristige Referenzzinssatz in Franken. Die auf dem Saron basierende Swapkurve wird bei der Preisgestaltung und Bewertung vieler Finanzprodukte wie Hypotheken, Darlehen und Frankenanleihen als Referenz eingesetzt.

Die Sicherheit, die Repos gegenüber unbesicherten Geldmarktgeschäften bieten, war für die SNB seinerzeit ein wichtiger Beweggrund, den Markt zu forcieren (was damals lange nicht alle Akteure als gleichermassen dringlich erachteten). Sie ist heute noch ein zentrales Argument, wie Tschudin und Moser deutlich machten. Dank seiner Liquidität, Sicherheit und Effizienz spiele der Markt auch für Banken und andere Finanzmarkteilnehmer eine wichtige Rolle, entweder um sich kurzfristige Liquidität zu beschaffen oder überschüssige Liquidität anzulegen.

Ein 120-Milliarden-Franken-Geschäft

Die Volumen am Repomarkt sind hoch. Zurzeit sind am Interbankenmarkt rund 50 Milliarden Franken ausstehend, dazu kommen noch rund 70 Milliarden an Repos, welche die SNB mit Banken abgeschlossen hat.

Zur Sicherheit tragen insbesondere die hohen Qualitätsanforderungen bei, welche die SNB an das Collateral stellt. Der SNB-Wertpapierkorb (SNB GC Basket) wird zur Besicherung in rund 90 Prozent aller Franken-Repogeschäfte eingesetzt. Aber auch die (2020 eingeführte) Funktion des Triparty Agent (TPA, für das Risiko- und Wertschriftenmanagement), die von der SIX SIS wahrgenommen wird, reduziere die Risiken weiter, betonten die beiden Referenten. Die Sicherheiten würden laufend zu Marktpreisen bewertet und bei Unter- oder Überdeckung werde zweimal täglich ein automatischer Ausgleich vorgenommen.

Vollautomatisierte und integrierte Infrastruktur

Effizient ist der Repomarkt, weil er auf der Handelsplattform CO:RE der SIX Repo, dem Wertschriftenabwicklungssystem Secom sowie dem Zahlungssystem SIC und damit auf einer vollautomatisierten und integrierten Finanzmarktinfrastruktur (der oben erwähnten Swiss Money Market Value Chain) basiert.

Bei den Meilensteinen erinnerten die Referenten daran, dass der Schweizer Repomarkt im internationalen Vergleich spät entstanden ist. Die SNB musste damals insbesondere bei der Eidgenössischen Steuerverwaltung einige Überzeugungsarbeit leisten, damit Repos von der Stempelsteuer (die Transaktionen unwirtschaftlich machte) befreit wurden.

Zäsur der Finanzkrise

Die globale Finanzkrise 2008 führte dazu, dass die Umsätze am Repomarkt aufgrund der expansiven Geldpolitik, mit der viel Liquidität ins Finanzsystem gepumpt wurde, stark schrumpften. Banken waren auch nicht mehr bereit, untereinander unbesichert Geld zu leihen, und dies war (zusammen mit Manipulationen von Banken bei der Fixierung) auch der Grund, weshalb der damalige Referenzzinssatz Libor (ein unbesicherter Dreimonatssatz) durch den Saron abgelöst werden musste.

Beim Blick in die Zukunft, den Tschudin und Moser wagten, wurde wieder in Erinnerung gerufen, dass der Repomarkt bis heute doch ein Markt für Spezialisten geblieben ist, die auch ein gewisses Flair für Technologie mitbringen sollten. Eine starke Innovationstätigkeit sei in den Bereichen Abwicklung, Management der Innertagesliquidität und der Mobilität von Sicherheiten zu beobachten.

Ausblick: Abwicklung, Innertagsliquidität und mobile Sicherheiten 

Die Geschwindigkeit und Effizienz der Abwicklung könnte durch eine Optimierung der bestehenden Systeme oder den Aufbau neuer Systeme, die auf Distributed-Ledger-Technologie (DLT) basierten, gesteigert werden. Die SNB hat im Rahmen des DLT-Projekts Helvetia III mit digitalem Zentralbankgeld (Central Bank Digital Currency, CBDC) bereits entsprechende Erfahrungen gesammelt.

Die SNB registriert ein wachsendes Interesse der Finanzinstitute an Innertagsrepos (Laufzeit von wenigen Stunden) und an der Abwicklung von Repos auf einen bestimmten Zeitpunkt während des Tages. Auch hier, also beim effizienten Management der Innertagsliquidität, könnten DLT-Lösungen zum Einsatz gelangen.

Und unter «Mobilität von Sicherheiten» versteht die SNB die Option, Sicherheiten effizient zwischen verschiedenen Zentralverwahrern zu verschieben. «Beispielsweise bietet die Programmierbarkeit von token-basierten Sicherheiten die Möglichkeit, Prozesse wie die Übertragung und Freigabe von Sicherheiten zu automatisieren.»