Christoph Weber, Private-Banking-Chef der Zürcher Kantonalbank, kündigt ein neues Beratungskonzept an. Zudem verrät er, wo er die Milliarden von morgen sieht, und wie er im afrikanischen Busch Gelassenheit übt.


Herr Weber, angenommen Sie müssten ein Finanzinstitut wählen, das Ihr Privatvermögen verwaltet. Welches würden Sie wählen ausser der ZKB?

Ich möchte keine Namen nennen. Aber ich kann Ihnen meine Wunschbank beschreiben. Ich würde mir eine modern ausgerichtete Bank wünschen, die dem Thema Technologie offen gegenüber steht und zugleich die ganze Palette an Dienstleistungen ausliefert – mit Kundenberatern, die auf die individuellen Bedürfnisse eines Kunden eingehen. Dazu braucht es eine gewisse Grösse. Es wäre aber keine Grossbank. Zudem müsste das Geld sicher angelegt sein.

Damit haben Sie die ZKB ziemlich genau beschrieben. Verwalten Sie Ihr Vermögen selber oder übernimmt das die ZKB für Sie?

Ich habe ein Mandat bei der ZKB. Das ist wichtig, um zu sehen, wie das Anlagekomitee der Bank arbeitet. Man löst sich zudem von eigenen Anlagepräferenzen. Parallel führe ich ein kleineres Portfolio, bei dem ich die Anlageentscheidungen selber treffe. Daraus ergibt sich ein guter Vergleich beider Welten.

«Sind Sie privat ein Zocker?»

Und welche Welt ist besser? Die Ihrige oder jene der ZKB?

Das selbstverwaltete Portfolio ist etwas älter als das Mandat bei der ZKB. Wenn ich das Risiko in die Kalkulation miteinbeziehe, dann bin ich bislang mit dem Mandat besser gefahren.

Das heisst, Sie sind privat ein Zocker?

Nein, absolut nicht. Das ist nicht mein Naturell. Ich verfolge einen Buy-and-Hold-Ansatz.

Der Private-Banking-Markt ist ein hartes Pflaster geworden. Wie und wo wollen Sie noch wachsen?

Primär organisch. Selbstverständlich schauen wir regelmässig Kaufgelegenheiten an. Diese müssten aber zur ZKB passen. Im Key-Client-Bereich, also bei Grosskunden ab einem Vermögen von fünf Millionen Franken, wachsen wir zweistellig und mit attraktiven Margen. Die Kunden sind bereit, für eine professionelle und kompetente Beratung einen entsprechenden Preis zu bezahlen. Das schaffen bei komplexen Geschäften neben der Zürcher Kantonalbank nur die beiden Grossbanken.

«Wir erwarten Zuflüsse von ungefähr einer Milliarde Franken»

Im Kundensegment ab 100'000 Franken stehen in den nächsten 15 Jahren enorme Auszahlungen aus der Pensionskasse an. Es werden jene Jahrgänge pensioniert, die voll ausfinanziert sind. Daher erwarten in diesem Kundensegment – bei uns ‹Vermögende Privatkunden› genannt – Zuflüsse von gegen einer Milliarde Franken pro Jahr. Diese Kunden sind mehrheitlich bereits bei uns. Davon profitieren wir.

Was sind Ihre Erwartungen im Geschäft mit ausländischen Kunden?

Da wachsen wir überproportional. Insbesondere aus Deutschland sehen wir einen dynamischen Zufluss, nach der nun abgeschlossenen Bereinigung. Derzeit verwalten wir rund sechs Milliarden Franken im internationalen Private Banking. Ziel ist, in den nächsten zwei bis drei Jahren wieder zehn Milliarden Franken zu erreichen. Insgesamt verwalten wir im Geschäftsbereich Private Banking über alle Segmente hinweg rund 70 Milliarden Franken.

Derzeit steckt die Credit Suisse in Schwierigkeiten. Profitiert die ZKB davon?

Kunden mögen keine Unsicherheiten bei ihrer Hausbank. Insofern sind wir als eine der sichersten Banken für Kunden weltweit attraktiv. Aber es ist klar: Ein starker Schweizer Finanzplatz lebt von starken Banken.

«Man weiss nie, wie solche Krisen enden»

Ihre Worte in Ehren, aber während der Finanzkrise hat die ZKB überdurchschnittlich profitiert.

Das stimmt. Es sind etwa 50 Milliarden Franken in die Bank geflossen. Ich bin damals neu zur ZKB gestossen und formulierte das Ziel für das Private Banking, keinen einzigen Franken dieses Zuflusses zu verlieren. Entgegen der Prognosen der Konkurrenz, haben wir es geschafft, diese Gelder in der Zürcher Kantonalbank zu halten.

Insofern würde eine weitere Finanzkrise die ZKB beflügeln.

Wir wünschen uns keine weitere Finanzkrise. Man weiss nie, wie solche Krisen enden. Wir haben damals 2008 unsere Chance genutzt.

Aus der Staatsgarantie erwachsen Wettbewerbsvorteile, sagen Kritiker und Konkurrenten. Was entgegnen Sie?

Wir sind auch ohne Staatsgarantie eine der sichersten Banken weltweit. Das wird mit unserem Stand-alone-Rating von S&P  «aa-» belegt. Zudem gelten wir die Staatsgarantie ab, für das letzte Jahr mit rund 21 Millionen Franken.

«Selbst technologie-affine Kunden verlangen einen Berater aus Fleisch und Blut»

Was sind die nächsten Wegmarken hinsichtlich Kundengelder?

Auf die verwalteten Vermögen und das Neugeld fokussieren die Medien immer. Für mich sind diese beiden Kennzahlen von untergeordnetem Interesse. Was bringt mir Geld, das nur auf dem Konto liegt? Diese Kennzahlen haben nichts mit Wettbewerbsfähigkeit oder der Wertschöpfung für den Kunden zu tun. Viel wichtiger ist mir das Ertragswachstum.

Eine Variante, Kunden zum Anlegen zu motivieren, ist eine vollautomatisierte Beratung über einen Robo-Advisor.

Unter diesen Begriff wird heute alles Mögliche subsumiert, angefangen von einem standardisierten Prozess im Online-Banking bis hin zur künstlichen Intelligenz. Was oft vergessen geht, auch ein technologie-affiner Kunde verlangt je nach Lebensabschnitt einen Berater aus Fleisch und Blut. Und solange unsere Kunden dies wünschen, halten wir an unserer Multi-Kanal-Strategie fest. Dazu gehören auch Filialen und eine persönliche Beratung, in die wir substanziell investieren.

Welche Innovationen im Private Banking haben Sie in petto?

Wir arbeiten an einem Beratungsmodell für Mandatskunden, das nicht wie bis anhin am automatischen Re-Balancing festhält, sondern flexibel ist. Denn es gibt aussergewöhnliche Ereignisse an den Finanzmärkten – wie die Aufhebung des Euro-Franken-Mindestkurses am 15. Januar 2015 – bei denen man die Portfolio-Strukturen neu überdenken und allenfalls anpassen muss.

«Unsere Tablets sind in der Testphase»

Die ZKB greift in solchen Situationen automatisch ein. Dieser risikobasierte Ansatz ist bei Vermögensverwaltungs-Mandaten für Privatkunden neu. Die Neuerungen werden wir voraussichtlich im Laufe des kommenden Jahres implementieren.

Stichwort Digitalisierung: Diverse Banken schicken ihre Berater mit Tablets zu den Kunden. Sie auch?

Unsere Tablets sind in der Testphase und werden im Laufe des kommenden Jahres ausgeliefert. Eine erlebnisorientierte Beratung kann nur mit einwandfrei funktionierenden Tools und gut geschulten Kundenberatern gelingen. Ansonsten wird das Potential der Tablets in der Beratung nicht ausgeschöpft.

Gleichzeitig sind wir daran, die Benutzeroberfläche des Online- und Mobile-Banking des Kunden mit jener des Beraters zu harmonisieren. Dies erleichtert die Kommunikation.

Sie sind seit 2008 bei der ZKB und stellvertretender CEO. Reizt Sie das CEO-Amt?

Ich fühle mich absolut wohl in meiner Funktion als Leiter Private Banking. Ein solches Business zu führen, ist für mich ein Traumjob. Insofern stellt sich Ihre Frage für mich nicht.

«Jacques Cousteau war mein Vorbild»

Sie haben eine Banklehre gemacht und waren seither immer in Finanzinstituten tätig. Hatten Sie nie einen anderen Plan?

Doch. In jungen Jahren wollte ich Zoologie studieren. Der Meeresforscher Jacques Costeau oder der Tierfilmer Bernhard Grzimek waren meine Vorbilder. Ich sah mich damals in Afrika als Tierbeobachter. Ich entschied mich dennoch für eine Banklehre, weil die Zoologie als brotlose Kunst galt.

Bereits früh merkte ich, dass Banking eine äusserst vielseitige und dynamische Tätigkeit ist und noch viel Spannendes für die Zukunft bereithält. Mittlerweile erfüllte sich mein «Bubentraum» dennoch.

Inwiefern?

Ich betreibe zusammen mit meiner Frau einen Verein namens «Friends of African Wildlife» zum Schutz der Tierwelt im südlichen Afrika. Wir tragen über Spenden zur Finanzierung einer Ausbildungsstätte für Ranger in der Nähe des Krüger National Park in Südafrika bei.

Einmal sass ich mit den Rangern ums Lagerfeuer und hörte ein Brüllen in der Nähe. «Leopard, Entfernung 400 Meter», sagte ein Ranger. Mir wurde in diesem Moment die Unmittelbarkeit der Natur bewusst. Der Ranger kommentierte kurz: «No problem». Etwas von dieser Gelassenheit lerne ich im Busch.


Der 57-jährige Christoph Weber stiess im August 2008 zur Zürcher Kantonalbank (ZKB) als Leiter des Private Banking und Mitglied der Generaldirektion. Er ist überdies stellvertretender CEO von Martin Scholl und Aufsichtsratsvorsitzender der ZKB Österreich.

Zuvor verantwortete er das Private Banking Nord bei der damaligen Banca del Gottardo. Von 2000 bis 2006 war er Geschäftsleitungsmitglied der AAM Privatbank, wo er den Vertrieb für institutionelle und private Kunden verantwortete sowie Konzernleitungs-Mitglied der Basellandschaftlichen Kantonalbank (BLKB) war. Weber absolvierte – wie Martin Scholl – eine Banklehre bei der ZKB.