Die strauchelnde Grossbank will einen neuen Weg gehen, um weiteren überraschenden Rückschlägen zu entkommen – sie will sich dagegen versichern. Doch damit sendet die Credit Suisse ein gefährliches Signal aus.
Der überraschende Abschreiber im Investmentbanking und die daraus resultierende Gewinnwarnung für das erste Quartal 2016 zeigen es: CEO Tidjane Thiam unternimmt derzeit alles, um potenzielle Kostentreiber und Risiken bei der schlingernden Credit Suisse (CS) zu eliminieren.
Wie die Agentur «Bloomberg» mit Verweis auf anonyme Quellen nun berichtete, geht die Schweizer Grossbank dazu auch ungewohnte Wege. So plant sie offenbar, die Folgen von operationellen Risiken wie etwa betrügerischen Machenschaften von Händlern oder Attacken von Cyber-Kriminellen an die Märkte auszulagern.
Absicherungen in Milliardenhöhe
Konkret geht es darum, sich gegen operationelle Verluste in der Höhe von 3,5 bis 4,2 Milliarden Franken abzusichern. Die Risiken sollen via eine Anleihe an die Investoren verkauft werden – ähnlich wie bei Katastrophen-Bonds (Cat Bonds), wie es weiter hiess.
Mit Cat Bonds sichert sich die Assekuranz gegen Grossrisiken wie Wirbelstürme oder Erdbeben ab. Kommt es zu einem «Jahrhundertschaden» müssen die Obligationäre diesen übernehmen. Für das Risiko werden sie mit einen attraktiven Zins entschädigt. CEO Thiam kennt den Mechanismus: er leitete zuletzt den britischen Versicherer Prudential.
Zurich liefert
Wie «Bloomberg» weiter schreibt, sind die Vorbereitungen dazu offenbar schon weit gediehen. Demzufolge hat die Grossbank schon Gespräche mit potenziellen Investoren wie Hedgefonds geführt und einen Versicherungspartner gefunden.
Dabei handelt es um die Zurich, wie die Agentur weiter weiss. Der grösste Schweizer Versicherer will dazu eine Police von über 700 Millionen Franken schreiben. 10 Prozent der Risiken behält die Zurich auf den Büchern. Der Rest würde in Bonds verpackt und über ein in den Bermudas angesiedeltes Vehikel an die Märkte verkauft.
Die Anleihen könnten nach dem Quartalsbericht am 10. Mai ausgegeben werden, wie weiter berichtet wurde. Die Laufzeit soll fünf Jahre betragen, der Coupon mindestens 4 Prozent.
Nachahmer in Sicht
Man kann dieses neue Instrument zur Risiko-Absicherung als durchaus innovativ auslegen – tatsächlich hat sich gerade die CS in dieser Hinsicht in den letzten Jahren immer wieder hervorgetan.
Als einer der ersten Grossbanken überhaupt lancierte sie in der Finanzkrise Pflichtwandelanleihen (so genannte Coco-Bonds), um ihre Eigenkapital-Basis zu stärken. Ein Geniestreich war es, toxische Papiere in einen Fonds zu packen, aus dem Manager-Vegütungen gespiesen wurden. Und nicht zuletzt mischt die CS selber in grossem Stil im Geschäft mit so genannten Insurance Linked Securities (ILS) mit, zu denen auch Katastrophen-Bonds zählen.
In der Tat könnten bald andere Banken die jüngste Idee der CS nachahmen, wie berichtet wurde.
Steuerloser Tanker?
Nichstdestotrotz sendet das CS-Instrument zur Auslagerung von Verlusten an den Kapitalmarkt – sofern es dazu kommt – ein gefährliches Signal, findet finews.ch.
So erweckt die Bankführung um CEO Thiam damit den Anschein, dass sie den Überlick über den «Tanker» CS zu verlieren droht. Die Indizien sind vorhanden: Da sind die Rechtshändel mit schwerreichen osteuropäischen Kunden, da sind die Händler der Division Global Markets, die offenbar riskante Handelsbücher ohne das Wissen der obersten Chefs führten.
Mit der Einführung der Überwachungs-Software der IT-Firma Palantir hat Thiam zwar Gegenmassnahmen angekündigt. Doch offenbar will er sich darauf nicht ganz verlassen – und sichert sich nun bei den Investoren ab. Dies könnte auch als eine Flucht aus der Verantwortung ausgelegt werden. Als bei der Schweizer Konkurrentin UBS der Trader Kweku Adoboli 2011 unerwartet einen Schaden von über 2 Milliarden Franken anrichtete, trat der damalige Chef Oswald Grübel umgehend zurück.
Anders als Hurrikane und Erdbeben sind Betrügereien von Mitarbeitenden durchaus etwas, das Firmenchefs verhindern können.
Unangenehme Fragen
Noch unangenehmer für die CS wäre indes die Deutung, dass bei der Grossbank nach den Milliarden-Verlusten im Jahr 2015 und der Gewinnwarnung im ersten Quartal die Profitabilität noch weiter unter Druck gerät.
So gesehen müssten sich selbst die Investoren in den künftigen «Verlust-Bond» ehrlicherweise die Frage stellen, ob sie auf ein solches Unternehmen setzen wollen.