Zur Jahresmitte zeigt sich: Die US-Institute dominieren das globale Investmentbanking. Die UBS und Credit Suisse, wie die übrige europäische Konkurrenz, haben ihre Ambitionen zurückgeschraubt. Was nun?

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Vergangene Woche stimmte das «Wall Street Journal» (Artikel bezahlpflichtig) die Siegeshymne an. Im transatlantischen Wettstreit um die Vorherrschaft im Investmentbanking – also an den globalen Finanzmärkten – haben die Amerikaner gewonnen.

Es ist nicht verwunderlich, dass die Zeitung, die ihren Namen dem Zentrum der grössten und renommiertesten US-Finanzhäuser der Welt verdankt, die europäische Konkurrenz tot schreibt.

Aus den Büchern verschwunden

Aber blosse Meinungsmache ist es nicht: Vergangene Woche haben sowohl die Deutsche Bank als auch Barclays anlässlich der Präsentation ihrer Halbjahreszahlen einen weiteren Rückzug aus dem Investmentbanking verkündet. Eine Woche zuvor hat auch der neue Chef der Credit Suisse, Tidjane Thiam, deutlich gemacht, dass die neue Strategie der Bank sicher nicht der Stärkung der Investmentbank liege.

Bei der UBS ist die Investmentbank schon seit bald zwei Jahren in einer Funktion des Zuträgers zum Wealth Management. Höhere Einsätze, höhere Risiken, mehr Kapital – alles, was notwendig wäre, um an der Wall Street den US-Konkurrenten Paroli zu bieten, ist nicht mehr in den Büchern.

Unerfreuliche Randerscheinungen

Das hinterlässt Spuren. In den Handelsräumen von Stamford in Connecticut, einst von der UBS als Wall-Street-Satellit ausgerufen und auch Sitz von Tausenden von Händlern der Royal Bank of Scotland, herrscht inzwischen gähnende Leere.

Viele Bars und Restaurants, wo sich die Banker am Feierabend auf ein Bier trafen, mussten schliessen. Das sind Randerscheinungen des Rückzugsgefechts der europäischen und schweizerischen Grossbanken.

Die US-Banken wie Citigroup, Goldman Sachs, Bank of America, Morgan Stanley und J.P. Morgan hingegen sehen ihre Chance nun gekommen, die europäische Konkurrenz aus den riskanteren, kapitalintensiveren, aber auch lukrativen Geschäftsaktivitäten ganz zu verdrängen.

Schrumpfende Marktanteile

Jede der genannten US-Banken halte zu Ende des ersten Halbjahres 2015 einen grösseren Marktanteil im globalen Investmentbanking als drei Jahre zuvor, rechnete das «Journal» anhand von Daten der Researchfirma Dealogic vor. Genau umgekehrt sei die Entwicklung bei der Deutschen Bank, Barclays sowie bei der UBS und der Credit Suisse.

Kritiker des notorisch als riskant bezeichneten Investmentbankings mögen die Entwicklung gut heissen. Die schrumpfenden Marktanteile, der Rückzug aus ganzen Handelsaktivitäten, die kleineren Bilanzen haben die Schweizer Grossbanken tatsächlich sicherer gemacht.

Aber die US-Investmentbanken haben ihre neue Dominanz nicht erlangt, indem sie die Risiken wesentlich erhöhten. Auch sie haben in den vergangenen Jahren ihr Geschäftsportfolio hart geprüft, unprofitable Aktivitäten eingestellt oder verkauft.

US-Regulatoren sind auch hart

Gleichzeitig haben sie aber schneller Kapital aufgebaut als die europäischen Konkurrenten und belohnen ihre Aktionäre längst wieder mit steigenden Dividenden.

Von den Regulatoren wurden sie dabei keineswegs mit Samthandschuhen angefasst. Der von Präsident Barack Obama vor fünf Jahren unterzeichnete Dodd-Frank-Act hat die Banken gezwungen, dickere Kapitalpolster aufzubauen, stabilere Refinanzierungsmethoden und bessere Risikokontrollen einzuführen.

Jedes Jahr werden die Banken einem Stresstest unterzogen. Wer nicht besteht, muss seine Dividendenzahlungen möglicherweise einschränken. Vergangene Woche hat die amerikanische Notenbank (Federal Reserve, Fed) ihre Kapitalanforderungen für die grossen Banken nochmals erhöht. Nur J.P. Morgan erfüllt die ab 2019 geltenden Regeln noch nicht.

TARP war der Neubeginn

Es gibt zwei Hauptgründe für die neue US-Dominanz im globalen Banking: Erstens haben die USA auf dem Höhepunkt der Finanzkrise mit dem TARP - dem «troubled asset relief programm» – ihren Banken geholfen, sich von ihren im Immobilien-Boom angehäuften Schrottpapieren zu befreien und sie gleichzeitig gezwungen, Staatshilfen zu akzeptieren.

Das entschlossene Eingreifen der Behörden hat die US-Banken deutlich schneller stabilisiert als dies in Europa der Fall war, wo die Schuldenkrise dem Bankensystem noch immer zusetzt.

Ein volkswirtschaftlicher Schub

Zweitens ist auch die US-Wirtschaft viel schneller aus der Rezession zu neuer Stärke aufgelaufen, was die beste Direkthilfe für Banken ist. Europa hingegen kämpft sich nur mühselig aus der Krise und auch die Grossbanken hinken bezüglich Restrukturierungen und strategischer Adjustierung der US-Konkurrenz hinterher.

Royal Bank of Scotland, HSBC, Barclay, Deutsche Bank und auch die Credit Suisse haben sich erst jüngst dazu durchgerungen, ihre Geschäftsmodelle zu überdenken. Die UBS hat dies schon früher getan.

Die Manager der grossen Wall-Street-Häuser scheuen sich nicht, die Schwächen ihrer europäischen Konkurrenten zu benennen und sie dort anzugreifen – vor allem im Handelsgeschäft mit Obligationen, Rohstoffen und Derivaten.

Der UBS dicht auf den Fersen

Die mächtige Konkurrenz der grossen US-Banken macht sich aber nicht nur im Investmentbanking bemerkbar. Auch in der Paradedisziplin der UBS und der Credit Suisse, dem Wealth Management, mischen die Wall-Street-Häuser mittlerweile ganz vorne mit. Die Bank of America und Morgan Stanley sind durch Übernahmen zu globalen Leadern i nder Vermögensverwaltung geworden.

Dank ihres riesigen Heimmarktes schlagen sie die Credit Suisse bezüglich verwalteter Vermögen um Längen und sind der UBS dicht auf den Fersen.

Auch in Asien stark

Im Wachstumsmarkt Asien ist die Citi Private Bank hinter der UBS der zweitgrösste Wealth Manager. J.P. Morgan, Morgan Stanley, aber auch Goldman Sachs haben in den vergangenen Jahren massiv aufgeholt und sich unter den grössten Anbietern der Region etablieren können.

Die neue Dominanz der US-Banken hat kürzlich Barclays-Präsident John MacFarlane treffend beschrieben: «Sie (die US-Finanzhäuser) sind die einzigen, die wirklich in Anspruch nehmen können, global und erfolgreich tätig zu sein.»