Wegen der SNB-Strafzinsen werden die Barbestände von Kunden zur schweren Belastung für die Schweizer Privatbanken. Deshalb schlägt jetzt die Stunde der Anbieter, die hier Abhilfe schaffen können.
Sven Württemberger(Bild links) trifft sich derzeit fast täglich mit Private Bankern. Sie alle wollen dasselbe vom Chef von iShares Deutschschweiz, der auf den Vertrieb von Indexfonds spezialisierten Tochter des amerikanischen Vermögensverwaltungs-Giganten Blackrock. Nämlich ein Gegenmittel, um den Folgen der Negativzinsen beizukommen.
Das Problem ist seit letztem Januar akut. Damals hob die Schweizerische Nationalbank (SNB) nicht nur die Kursuntergrenze zum Euro auf. Sie führte gleichzeitig auch Strafzinsen auf den Barbeständen ein, welche die Banken in Massen bei ihr lagern.
Die Krux mit dem Cash
Die Massnahme traf die kleineren Schweizer Privatbanken und Vermögensverwalter mit voller Wucht. Wie deren Branchenverbände Anfang Jahr warnten, sind sie samt und sonders vom SNB-Strafzins betroffen. Dies deshalb, weil bei ihnen die so genannte Freigrenze zur Anwendung von Strafzinsen vergleichsweise tief liegt. Und umso leichter überschritten wird, weil die Private-Banking-Kunden derzeit so viel Bargeld halten.
Genau diese Krux treibt die Vermögensverwalter nun zu Württemberger.
Flucht ins Schliessfach
Denn geben sie den SNB-Strafzins an die Kunden weiter, wie es etwa die grossen Player Julius Bär und Pictet tun (letztere nur bei institutionellen Kunden ab 1 Million Franken Vermögen), gehen die Emotionen hoch. Erboste Kunden kehren der Bank den Rücken oder verstauen ihr Bargeld in Schliessfächern. In beiden Fällen sind die Gelder dann für die Rechnung der Bank verloren.
Nehmen die Vermögensverwalter hingegen den Strafzins aufs eigene Buch, schmelzen die sowieso schon dünneren Margen in Windeseile dahin.
Nicht ganz Bares
Umso dringender gesucht sind deshalb Anlagevehikel, die über Cash-ähnliche Liquidität und Sicherheit verfügen, aber eben nicht Cash sind – und deshalb auch nicht den Negativzinsen unterliegen. «Cash-Conversion» heisst die wundersame Verwandlung im Jargon der Branche.
Damit schlägt die Stunde jener Anbieter, die genau solche Produkte zu bauen verstehen. «Infolge der Negativzinsen auf Barbeständen von privaten und institutionellen Kunden bei Banken ist die Cash-Conversion in den Brennpunkt des Tagesgeschäfts von Schweizer Asset Managern gerückt», sagt iShares-Schweiz-Chef-Württemberger gegenüber finews.ch.
Spezialisten im Stress
Seine Spezialisten würden derzeit einen Grossteil ihrer Zeit damit verbringen, institutionellen Kunden und Banken diesbezüglich zu beraten und entsprechende Cash-like-Produkte aufzusetzen, erklärt Württemberger.
Er weiss, was gefragt ist. «Meist werden die gewünschten Eigenschaften über eine Kombination von Geldmarkt-Fonds mit Zinsprodukten erreicht.»
Auch der Platzhirsch ist dabei
Die Rezeptur kennt man auch bei der UBS, dem Platzhirsch im Schweizer Asset Management. «Durch das negative Zinsumfeld und die regulatorischen Rahmenbedingungen beobachten wir derzeit ein wachsendes Interesse an Geldmarktfonds mit sehr kurzen Laufzeiten», heisst es bei der Grossbank.
Um der Kundennachfrage gerecht zu werden, arbeitet das Global Asset Management der Bank aktuell an Geldmarktfonds mit kürzeren Laufzeiten, wie es weiter heisst.
Ein Fall für Aladdin
iShares ist also nicht die alleinige Profiteurin des «grossen Verpackens». Doch ist sie zweifellos jene Anbieterin, welcher hier am meisten zu gewinnen hat.
So kann iShares hier das geballte Gewicht der Mutter Blackrock in die Waagschale werfen, der grössten Vermögensverwalterin der Welt. Blackrock verfügt über die riesige Marktdaten-Plattform Aladdin (siehe dazu den lesenswerten Beitrag im deutschen «Handelsblatt»), die Möglichkeiten zuhauf bietet, um die Risiken und Chancen von Wertschriften einzuschätzen und entsprechende Angebote abzuleiten.
Disruptive Wirkung?
Doch das ist noch nicht alles. «Für iShares bietet das gegenwärtige Umfeld eine Gelegenheit, sich vom Baustein-Lieferant zum Lösungs-Anbieter zu wandeln», erklärt Württemberger. Die Negativzinsen könnten es Blackrock demnach erlauben, nicht nur näher an den Kunden heranzurücken, sondern ein weiteres Stück Wertschöpfung an sich zu ziehen.
Was das bedeutet, sagte jüngst Philipp Rickert, Partner beim Beratungsunternehmen KPMG, an einer Konferenz zum Private Banking in Zürich. «Blackrock versucht, sich ins Privatkundengeschäft einzuschalten», so der Banken-Kenner. «Wenn dies gelingt, könnte die Wirkung für die Schweizer Branche disruptiv sein.»