Die Übernahme der Tessiner Bank BSI durch die brasilianische BTG-Pactual-Gruppe zeigt, was künftig im Swiss Banking von Belang ist. Dazu sieben Feststellungen.
Im Englischen ist ein Lackmustest (litmus test) eine Entscheidung mit urteilendem Charakter, in der sich zeigt, wie eine Situation wirklich einzuordnen ist.
In diesem Sinne lässt sich auch die BSI-Transaktion von Anfang dieser Woche deuten. Sie ist insofern interessant, als dass sich daraus einige Hinweise auf die weitere Konsolidierung im Schweizer Private Banking ableiten lassen.
1. Kritische Grösse gibt Zeit
Eine grössere Bank kann sich länger Zeit lassen, einen Käufer zu finden, wie sich im Fall der BSI zeigte. Die Firma stand seit rund zwei Jahren zum Verkauf. Obschon allmählich der Eindruck entstand, sie sei unverkäuflich, fand sich schliesslich doch eine attraktive Lösung. Das war möglich, weil das Institut mit seinen rund 90 Milliarden Franken über eine Substanz verfügt, dank der sie nicht so schnell in Zugzwang geraten konnte.
2. Ein wertvoller Name
In ihrer gut 140-jährigen Geschichte hat die BSI einige Male ihren Besitzer gewechselt und eine wechselvolle Entwicklung durchgemacht. An der Reputation hat das offenbar nicht geschadet. BTG Pactual will das Kürzel BSI (Banca della Svizzera Italiana) als Marke beibehalten, wie es am Montag hiess. Die Assoziation zum Schweizer Private Banking zieht offensichtlich immer noch.
3. Der Nebel lichtet sich – die Preise steigen
Obschon im Steuerstreit der Schweiz mit dem Ausland nach wie vor vieles in der Schwebe ist, wächst der Eindruck, dass die Banken die Probleme bewältigen könnten. Selbst die Abwicklung des Programms mit den USA scheint inzwischen einen unspektakulären Gang zu nehmen. Vor diesem Hintergrund steigt die Bewertung von Schweizer Privatbanken wieder.
Mit einem Kaufpreis von 1,5 Milliarden Franken oder 1,66 Prozent der verwalteten Vermögen hat die BSI-Mutter Generali einen durchaus attraktiven Preis erzielt. Offenbar steigen die Preise wieder. Noch vor zwei Jahren waren Käufer bestenfalls bereit, knapp 1 Prozent zu bezahlen. Und in den besten Zeiten, zur Jahrtausendwende, gingen solche Deals mit Prämien von bis zu 5 Prozent über den Tisch.
4. Ausländer glauben an die Schweiz
In den Augen vieler Schweizer ist der hiesige Finanzplatz dem Untergang geweiht – nicht so die Wahrnehmung der Ausländer, wie sich auch im aktuellen Fall zeigt. BTG-Pactual-Gründer André Esteves, der auf Grund seiner Zusammenarbeit mit und für die UBS den Finanzplatz Schweiz sehr gut kennt, glaubt an das Potenzial hierzulande. Darum soll die BSI künftig die weltweite Vermögensverwaltungs-Plattform der gesamten BTG-Gruppe werden.
Zur Erinnerung: Esteves veräusserte 2006 seine Firma Pactual für 3,1 Milliarden Dollar der UBS und arbeitete eine Zeit lang für die Schweizer Grossbank. Als diese in Turbulenzen geriet und zusätzliches Kapital benötigte, kaufte der Brasilianer im Jahre 2009 die Bank zurück – allerdings für «nur» 2,5 Miliarden Dollar.
5. Neue Akteure gehen in Stellung
Die Konsolidierung im Schweizer Private Banking gibt neuen Akteuren eine einzigartige Chance, sich in Szene zu setzen. Bereits vor Jahresfrist eröffnete die BTG-Pactual-Gruppe einen Ableger in Genf für die Finanzierung von Rohstoffhandel und Schiffen. Mit der Übernahme der BSI avanciert BTG Pactual mit insgesamt 200 Milliarden Dollar an verwalteten Depots zu einem gewichtigen Player im hiesigen Markt.
6. Potenzial in den Zukunftsmärkten
Die BSI beschäftigt in zehn Ländern rund 2'000 Personen und verwaltet ungefähr 90 Milliarden Franken. Vor allem in Asien ist die Bank unter dem früheren Coutts-Banker Hanspeter Brunner stark unterwegs. Demgegenüber ist die BTG Pactual vor allem in Nord- und Südamerika stark. Der Schulterschluss ist somit komplementär.
Im Verbund mit den rund 90 Milliarden Franken von BTG Pactual erhält die BSI eine Dimension, die beste Voraussetzungen bietet, um in den einschlägigen Wachstumsregionen weitere Marktanteile zu gewinnen.
7. Traditionsbanken heiss begehrt
Mit Sarasin und der BSI haben zwei traditionsreiche Banken in den vergangenen Jahren ihren Besitzer gewechselt. Die Firmennamen blieben erhalten. Offenbar sind die neuen Besitzer von der Attraktivität dieser Marken überzeugt.
Wie in der Branche zu hören ist, wären noch andere ausländische Finanzinstitute, insbesondere aus China und Russland, an Schweizer Geldhäusern interessiert. Doch bislang haben sich vor allem die hiesigen Behörden gegen derlei Transaktionen gewehrt. Es fragt sich, wie lange eine solche Abschottungspolitik durchgesetzt werden kann.