Ein Ausschuss des US-Senats wirft der CS dreiste Buchhaltungs-Tricks vor. Im Zentrum der Vorwürfe steht der frühere Top-Manager Rolf Bögli. Offiziell nahm er Ende 2013 aus gesundheitlichen Gründen eine Auszeit.
Rolf Bögli ist seit vergangenem November nicht mehr aktiv bei der Credit Suisse. Der Top-Manager im Private Banking der Credit Suisse (CS) gab gesundheitliche Gründe für seinen – offiziell temporären – Rücktritt an.
Der Bericht des US-Senatsausschusses über die Rolle der Credit Suisse bei Steuerdelikten von US-Kunden wirft nun aber ein neues Licht auf den erfahrenen Banker und die möglichen Gründe für seinen Rücktritt: Der US-Senat unterstellt der CS nämlich auch Buchhaltungs-Tricks im Private Banking. Namentlich geht es um die Klassifizierung von Kundengeldern.
Wie aus dem Bericht hervorgeht, hielt Bögli als damaliger COO in der Division Private Banking seine Kundenberater dazu an, Custody-Assets als Nettoneugeld im Private Banking umzubuchen. Der Grund dafür ist klar: Nettoneugeld ist eine der wichtigsten Messgrössen im Private Banking – und wird zum Beispiel bei den Quartalspräsentationen – insbesondere von den Finanzanalysten und Börsianern – stark beachtet. Das ist im Prinzip ein üblicher Vorgang.
Kundenberater geradezu gedrängt
Nachdem aber die Credit Suisse ihr Offshore-Banking bereinigte, nahmen die Nettoneugeld-Zuflüsse vor allem in der Schweizer Bank ab. Diese Rückgänge kaschierte die Credit Suisse unter anderem dadurch, dass sie Kundengelder auf regionaler Basis verschob. Das zumindest behauptet der Bericht des Senats-Ausschusses in Washington.
In den bisherigen Hearings, die der Senatsausschuss mit CS-CEO Brady Dougan und den beiden Co-Chefs im Wealth Management Robert Shafir und Hans-Ulrich Meister im vergangenen Jahr abhielt, räumten diese ein, dass Bögli seine Kundenberater geradezu gedrängt habe, Custody-Assets als Nettoneugeld umzubuchen.
Ein Kunde mit 4,7 Milliarden Franken Neugeld
Im Jahr 2012, als sich erneut ein schwaches Jahr im Private Banking abzeichnete, sah Bögli eine Chance. Einer der wichtigsten Kunden der Credit Suisse überhaupt, ein seit Jahren in den USA wohnhafter Schweizer, kündigte der Bank zu Jahresbeginn den Verkauf von Aktiven in der Höhe von 8 Milliarden Franken an, die er in Cash und Finanzanlagen investieren würde.
Im Bericht wird der Name des Kunden nicht genannt. Doch handelt es sich dabei mit grösster Wahrscheinlichkeit um Hansjörg Wyss, der zu diesem Zeitpunkt seine Anteile am Medizinaltechnikunternehmen Synthes an Johnson & Johnson verkauft hatte.
Die 8 Milliarden Franken waren bislang als Custody-Assets verbucht gewesen. Für das Private Banking bestand nun die Aussicht, davon rund 4,7 Milliarden Franken als Nettoneugeld zu verbuchen.
Unterschrift des Kunden fehlte
Dies wurde in einer Sitzung am 4. April 2012 entschieden. Allerdings fehlte eine Unterschrift des Kunden. Bögli begründete die dennoch erfolgte Umklassifizierung in einer Email an Antonio Quintella (CEO Credit Suisse Americas) und an Hans-Ulrich Meister damit, dass der betreffende Kunde schon lange CS-Kunde sei.
Am 23. April schrieb Bögli an CS-Finanzchef David Mathers, Hans-Ulrich Meister und an Carlos Onis (Head of Group Finance), mit dem Family Office des Kunden sei eine entsprechende Vereinbarung nun getroffen worden.
Diese Mail von Bögli veranlasste Onis und Mathers, grünes Licht für die Buchung der 4,7 Milliarden Franken als Nettoneugeld zu geben. Fakt ist aber: Eine Unterschrift fehlte weiterhin und kam auch nie. Gemäss den Standards der Credit Suisse wäre eine entsprechende Unterschrift aber eine notwendige Absicherung gewesen.
Noch ein Alleingang Böglis Ende 2012
Im vierten Quartal 2012 drohte dem Private Banking Schweiz ein neuerlicher Geldabfluss. Bögli drängte den Private-Banking-Chef Americas, Anthony DeChellis, weitere 900 Millionen Franken des betreffenden Kunden als Nettoneugeld buchen zu dürfen. Bislang waren davon aber erst 250 Millionen Franken angelegt gewesen.
Bögli entschied: Die ganze Summe werde eingebucht. Dabei – so die Darstellung aus Washington – wartete er diesmal nicht auf das Okay aus der Finanzabteilung, obwohl dies den Vorschriften entsprochen hätte.
Bögli verweigerte die Aussage
CS-CEO Dougan kritisierte Böglis Verhalten vor dem US-Senatsausschuss im vergangenen Dezember, also wenige Tage nach der Verkündigung von Böglis Rücktritt.
Bögli selber, der inzwischen Leiter Premium Clients Switzerland & Global External Asset Managers geworden war, hätte zu jener Zeit auch vor dem Senatsausschuss erscheinen sollen. Er verweigerte dies aber.
Credit Suisse sieht keine Fehler
Stattdessen verliess er die Bank. Ob dies tatsächlich aus gesundheitlichen Gründen geschah, ist nun zumindest fraglich. Die Credit Suisse schreibt, dass die Buchhaltungsstandards bezüglich Nettoneugeld eingehalten worden seien.
Auch im Falle des betreffenden Kunden sei die Klassifizierung seiner Vermögenswerte gemäss den bisher verfügbaren Informationen korrekt erfolgt.